Teambuildingmaßnahmen sind eines von vielen derzeit sehr beliebten Tools für Arbeitgeber/innen und Führungskräfte, um alle Mitarbeitenden an demselben Strang ziehen zu lassen. Die Führungsetagen vertrauen schon lange nicht mehr darauf, dass sich gut zusammenarbeitende Teams „irgendwie von ganz allein organisieren.“ Nirgendwo ist gute Teamarbeit aber so wichtig wie im Krankenhaus. Schließlich müssen vor allem dort viele Individuen unter stressintensiven Bedingungen zusammenarbeiten und Extremsituationen meistern.
Wir stellen hier vor, wie Arbeitgeber/innen und Führungskräfte Teambuilding mit geeigneten Maßnahmen in der Klinik vorantreiben können und fokussieren uns dabei speziell auf die Rolle der Arbeitgeber/innen.
Was ist Teambuilding?
Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen sind sich einig, dass gute Teamarbeit entscheidend ist. Als Führungskräfte müssen Ärzte/Ärztinnen eine Kultur schaffen, in der Teams gut funktionieren können, die Teammitglieder gedeihen und die Patienten/-innen die bestmögliche Versorgung erhalten, die Teams bieten können. Gutes Teambuilding ist also nicht nur im Gesundheitswesen die Voraussetzung dafür, dass alle Teammitglieder den gemeinsamen Zweck der Arbeit verstehen, daran glauben und daran arbeiten. Im Krankenhausumfeld besteht diese gemeinsame Arbeit in der Pflege und Versorgung der Patienten/-innen.
Dieses Gemeinsamkeitsgefühl sollte aber niemals einfach als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Teamleiter/innen sollten vielmehr öfter darüber sprechen und sicherstellen, dass alle Teammitglieder in ihrer täglichen Arbeit zusammenarbeiten. Das kann eine kurze Nachfrage zum Teamgefühl in der Kaffeeküche der Station sein („Und? Läuft alles rund im Nachtdienst? Hat sich die Neue gut eingewöhnt? Gibt‘s irgendwo Probleme?“) oder ein offizielles Teammeeting einmal die Woche oder im Monat.
Alle Teams durchlaufen verschiedene Entwicklungsstufen: Man lernt sich kennen, erfährt und löst erste Probleme, vertieft die Zusammenarbeit, nimmt neue Mitglieder auf oder verliert alte usw. Teams sind aber unabhängig von ihrem aktuellen Entwicklungsstand immer dann am produktivsten, wenn Offenheit und Vertrauen herrschen und die Mitglieder gemäß ihren eigenen Stärken zusammenarbeiten. D.h., dass z.B. die geduldigste Pflegerin die „Problemfälle“ versorgt und sich dafür der Neue erst mal an den Routinearbeiten üben darf. Weil jedes Team individuell ist, sollten Teamleiter/innen immer eine ganz eigene „Teaming-Strategie“ entwickeln, und dabei auf Stärken und Schwächen eingehen.
Wieso sind Teambuildingmaßnahmen grade im Krankenhaus wichtig?
Ein eingespieltes Team ist neben der fachlichen Qualifikation eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Patientenbehandlung. Im schlimmsten Fall kann sogar das Leben von Patienten/-innen davon abhängen, ob das Behandlungsteam mit- oder gegeneinander arbeitet. Wenn Informationen nur spärlich fließen, Absprachen nicht eingehalten werden und jeder irgendwie vor sich hin werkelt, kann das in einem Büro vielleicht nur ärgerlich sein, im Krankenhaus jedoch tödlich. Gute Kommunikation zwischen Pflegekräften und Ärzten/-innen ermöglicht es hingegen, eventuelle Zustandsverschlechterungen eines/-r Patienten/-in frühzeitig zu erkennen und diesen entgegenzuwirken.
Abgesehen vom fachlichen Aspekt wirken sich gute, tragfähige und kommunikative Beziehungen am Arbeitsplatz positiv auf die Effektivität und Effizienz der Arbeitsprozesse aus. Das ist gerade für unter enormem Kostendruck stehende Krankenhäuser auch wirtschaftlich relevant.
Was macht gute Teamarbeit im Krankenhaus aus?
Die wichtigsten Voraussetzungen für ein gutes Gruppengefüge und erfolgreiche Teamarbeit im Krankenhausumfeld sind:
- Einander helfen: Wenn ein/e Kollege/-in zu viel zu tun hat, nimmt man ihm/ihr Aufgaben ab.
- Denken ist erlaubt: Auch ungewöhnliche Vorschläge dürfen geäußert werden, ohne dass man dafür schief angeschaut wird.
- Jede/r Einzelne ist für den/die andere/n da: Persönliche Animositäten haben auf der Station nichts verloren.
- Herausforderungen annehmen: Das Team traut sich durch Aufgabenteilung und gegenseitige Unterstützung auch Sonder- oder Mehrbelastungen zu.
- Stabilität: Das Team wird nicht jeden Monat neu zusammengewürfelt und reguläre Schichtdienste sollten möglichst gleichbleiben.
- Positive Einstellung: Wer mit einem guten Gefühl zur Arbeit kommt, kann jeden Tag Eigeninitiative zeigen, dafür belohnt werden und damit ein gutes Selbstwertgefühl haben.
- Strukturell etablierte Möglichkeiten des Austauschs im Team: Jede/r Mitarbeiter/in darf sich allen gegenüber mitteilen, unabhängig von Berufsgruppe oder hierarchischer Einbindung im Krankenhaus. D.h. dass z.B. ein Pfleger einer Oberärztin ein dementsprechendes Feedback geben darf, wenn diese sich nicht adäquat verhalten hat.
Sind diese Voraussetzungen gegeben, entsteht Teamgeist und die Gruppe arbeitet effektiv zusammen. Dies führt zu Empathie, Fürsorge und einem Gefühl der Verbundenheit im Team. Dies ergibt sich jedoch nicht von allein. Nicht nur Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen oder Chefärzte/-ärztinnen und Oberärzte/-ärztinnen, sondern jede/r Einzelne ist aufgerufen, etwas beizutragen.
Wann helfen Teambuildingmaßnahmen im Krankenhaus?
In Gruppen mit hohem Konfliktpotenzial durch Konkurrenz, Machtkämpfe, Vorurteile, Angst und Wut sowie emotionalen und sozialen Spannungen ist das harmonische Miteinander gestört. Die Mitarbeitenden arbeiten in diesen Fällen für sich nebeneinanderher und versuchen, Herausforderungen und Probleme allein zu bewältigen.
Diese Phase in der natürlichen Beziehungs-Evolution wird von Betriebsberatern/-innen und Coaches „Tote Zone“ genannt. In dieser Phase fühlt sich nämlich die Arbeit „wie tot“ an: Man fühlt sich alleingelassen, unverstanden und hilflos, obwohl man von Kollegen/-innen umringt ist. Leider bleiben viele Teams in Krankenhäusern in dieser ersten Entwicklungsphase stecken, weil z.B. zu viel Stress auf der Station herrscht, um sich in Ruhe kennenzulernen. Wer seine acht bis zehn Arbeitsstunden pro Tag permanent zwischen OP-Saal, Patientenzimmer, Stationszimmer und Verwaltungsbüro hin und her rennt, kann niemanden in Ruhe kennenlernen und ihm/ihr gegenüber ein Vertrauensgefühl aufbauen.
Den einzelnen Teammitgliedern gelingt es in diesem stressbeladenen Umfeld nicht, ihre Talente zu entfalten. Individuelle Fähigkeiten können nicht zur Entlastung der Kollegen/-innen, zum Wohle der Patienten/-innen und zum Nutzen des Krankenhauses eingesetzt werden. Wer roboterhaft seine Tagespunkte abarbeitet, kommt nicht ins Gespräch mit den Kollegen/-innen und erfährt nicht, dass diese z.B. liebend gern die von einem selbst verabscheute Medikamentenzuordnung machen würden. So bleiben Mitarbeiter/innen an Aufgaben hängen, die sie absolut nicht mögen, während andere diese liebend gern übernehmen und dafür etwas anderes abgeben würden.
Welche Teambuildingmaßnahmen gibt es?
Bei Teambuildingmaßnahmen denkt jede/r sofort an das typische Sich-rückwärts-in-die-Arme-der-Kollegen/-innen-fallen-lassen oder ähnlich peinliche Übungen. Diese Art von Teambuildingmaßnahmen sind jedoch schon längst überholt.
Arbeitgebern/-innen im Gesundheitswesen stehen heute verschiedene Seminarkonzepte und -formate zur Verfügung, welche jeweils individuell auf ihre Teilnehmer/innen und deren Ansprüche ausgerichtet sind. Die genaue Ausgestaltung dieser Seminare unterscheidet sich dabei von Anbieter zu Anbieter und von Programm zu Programm.
Klassisches Teambuilding im Krankenhaus
Klassische Seminare für Teambuildingmaßnahmen stellen vorgefertigte Strategien vor, die Pflegeteams dabei helfen sollen, ihre Kommunikation, Zusammenarbeit und Stimmung nachhaltig zu verbessern. Nur wenn der Zusammenhalt eines Stations- oder Bereichsteams gestärkt wird, kann auch dessen Leistung gefördert und die Personalentwicklung im Krankenhaus positiv gesteuert werden.
Die Teilnehmer/innen eines klassischen Seminars für Teambuildingmaßnahmen erfahren:
- was erfolgreiche Teams kennzeichnet
- welche Teamrolle sie innehaben
- wie Motivation gesteigert wird
- was Hierarchie bedeutet
- wie Teams stabil und flexibel zugleich bleiben
- wie Prozesse und Schnittstellen zu gestalten sind
Teamentwicklung und Teamcoaching im Krankenhaus
Mithilfe von punktuellen Teamentwicklungsmaßnahmen oder längerfristigen Teamcoaching-Einheiten können Pflegeteams ihre Arbeit gezielt verbessern und Personalentwicklung im Krankenhaus kann günstig beeinflusst werden.
Dies bietet sich vor allem dann an, wenn es ganz gezielte Probleme in einem Team gibt, die gelöst werden sollen. Z.B., wenn Pflegekräfte und Ärzteschaft sich wie zwei feindliche Lager verhalten und gegen- statt miteinander arbeiten, sind solche Teamcoachings ideal.
Teamentwicklungs-Seminare und Coachings helfen dabei:
- in einer offenen Gesprächsatmosphäre gemeinsam zu arbeiten
- Vertrauen, Anerkennung oder Wertschätzung zu stärken
- die Konfliktkultur positiv zu beeinflussen
- die Verantwortung fürs Ganze zu vergrößern
- Verständnis in der Kommunikation zu schaffen
Konfliktmanagement im Krankenhaus
In einem Workshop zum Konfliktmanagement werden den Teilnehmern/-innen Wege und Möglichkeiten vermittelt, Streitsituationen und Konflikte konstruktiv zu lösen. Dies ist vor allem dann geboten, wenn es immer wieder Reibungen zwischen bestimmten Einzelpersonen oder ganzen Berufsgruppen gibt.
In manchen Krankenhäusern kann sich dies bis zu einer „Wir gegen die“-Mentalität auswachsen. Frühzeitiges Einschreiten durch gezieltes Konfliktmanagement ist also für Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen essenziell.
Die Mitarbeiter/innen eines Krankenhauses lernen in Konfliktmanagement-Seminaren:
- auf die Bedürfnisse und Standpunkte anderer Parteien professionell zu reagieren
- den eigenen Standpunkt zielführend zu formulieren
- die verschiedenen Positionen zu einer guten Lösung zusammenzuführen
Führungskräfteseminare
In Führungskräfteseminaren können z.B. Stationsärzte/-ärztinnen, Oberärzte/-ärztinnen, Chefärzte/-ärztinnen und Klinikleiter/innen gemeinsam mit anderen Führungskräften aus medizinischen, aber auch ganz anderen Branchen an ihrer Führungspersönlichkeit arbeiten. Dort lernen sie, wie man sich auf verschiedene Mitarbeitertypen einstellt und selbst unter großem Stress typgerecht und zielorientiert führt.
Diese Seminare bieten sich dann an, wenn Probleme im Krankenhaus auf zu schwache oder nicht zielführende Leitung zurückzuführen sind. Da nur die wenigstens Menschen als Führungskraft geboren werden, empfinden viele diese Art von Seminaren als äußerst hilfreich.
Effektives Teambuilding im Krankenhaus – Fazit
Um effektives Teambuilding und gute Zusammenarbeit im Krankenhaus zu gewährleisten, müssen Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen sowie Chefärzte/-ärztinnen, Oberärzte/-ärztinnen und Stationsleitungen die folgenden Punkte beachten:
- Teamgrenzen verstehen: Im Gesundheitswesen spricht man von guter Teambildung, wenn alle Teammitglieder den gemeinsamen Zweck der Pflege und Arbeit für Patienten/-innen verstehen, daran glauben und daran arbeiten. Wenn es dabei zu Problemen oder Reibereien kommt, müssen Führungskräfte diese evaluieren: Liegt es an Einzelpersonen? Gibt es Fronten, die gegeneinander arbeiten? Fehlt es allgemein an Grundvertrauen? Jedes Problem verlangt einen anderen Lösungsansatz.
- Zweck des Teams klarstellen: Der Zweck des Teams ist für jeden anders. Warum ist man Arzt/Ärztin, Krankenschwester/-pfleger, Therapeut/in oder Gesundheitshelfer/in geworden? Und wie erreiche ich das, was ich will, gemeinsam mit meinen Kollegen/-innen? Der Zweck eines Teams kann so selbstverständlich erscheinen, dass er oft übersehen wird. Dieser gemeinsame Zweck ist jedoch das, was die Teammitglieder miteinander verbindet. Teamleiter/innen sollten daher oft über den Zweck des Teams und den individuellen Zweck jedes einzelnen Teammitglieds sprechen.
- Teaming-Strategien anwenden: Eine Teaming-Strategie ist der Plan, wie sich Menschen verhalten und zusammenarbeiten. Es umfasst drei Elemente, die für den Erfolg aufeinander abgestimmt werden müssen: Aufgabe, Individuum und Team. Die Aufgabe muss für jeden klar definiert, organisiert und erreichbar sein (z.B. Fachärztin Dr. X hat die zusätzliche Aufgabe erhalten, Hüftprothesen zu implantieren). Das Individuum wird über die Performance seiner Aufgabe in jährlichen Mitarbeitergesprächen und mit kurzen Feedbacks zwischendurch informiert (z.B.: „Frau Dr. X, ich habe bemerkt, dass Sie noch einige Probleme mit der Implantation von Hüftprothesen haben. Soll ich Ihnen die Teilnahme an einer Schulung organisieren?“). Das Team bringt die Aufgaben und Individuen zusammen und sorgt dafür, dass alle am selben Strang ziehen (z.B. die für Frau Dr. X zuständige Chefärztin beaufsichtigt sie bei den ersten Operationen).
- Teambuilding-Events (wenn möglich außerhalb des Krankenhauses) durchführen: Zur Bildung und Förderung von Krankenhaus-Teams haben sich externe Events mit Teambuildingmaßnahmen bewährt. Die physische Distanz zum Arbeitsplatz sowie die Anregung der Sinne durch den ungewohnten Ort helfen dabei, sich auf diese Erfahrung einzulassen. Ideal ist es, wenn diese Teambuilding-Events nicht an einem freien Tag oder am Wochenende stattfinden, sondern während der Arbeitszeit. Natürlich ist dies für Arztpraxen leichter zu bewerkstelligen als für Krankenhäuser, aber es sollte bei Möglichkeit zumindest angestrebt werden. So eine Art „Gruppenausflug“ bietet ausreichend Zeit für Gespräche und soziale Interaktionen abseits vom Krankenhaus und wirkt zusätzlich teamstärkend und stabilisierend.