
Ärzte und Ärztinnen an Unikliniken in Deutschland haben einigen wichtigen Erfolg im zähen Tarifstreit erzielt. Erst in der vierten Verhandlungsrunde war klar: Ein Großteil der Ärztebelegschaft an deutschen Universitätskliniken erhält 6,5 Prozent mehr Gehalt. Was beinhaltet der neue Tarifvertrag für Ärzte in Unikliniken noch?
Mehr Geld und geregelte Bereitschaftsdienste
Von der Gehaltssteigerung sollen Mediziner an den Universitätskliniken rückwirkend profitieren. In drei Schritten werden die Gehälter ab Oktober 2019 um schlussendlich 6,5 Prozent angehoben. Es gibt demnach immer zum 1. Oktober eine Steigerung von jeweils 2,5 Prozent, 2,0 Prozent und erneut 2,0 Prozent, bis das Gehaltsziel im Oktober 2021 erreicht ist. Das hat die Ärztegewerkschaft Marburger Bund mitgeteilt. Zwar müssen die Tarifgremien der Gewerkschaft der Einigung noch zustimmen, der Tenor ist jedoch bereits positiv. Die Steigerung sei ein “respektables Gesamtergebnis”, so Vertreter des Marburger Bundes. Von den Änderungen im Tarifvertrag für Ärzte in Unikliniken sind bundesweit rund 20.000 Beschäftigte betroffen.
Neben dem Gehaltsplus waren auch die Bereitschaftsdienste ein wichtiges Thema im Tarifstreit. Mit dem neuen Tarifvertrag für Ärzte in Unikliniken sollen nicht mehr als vier Dienste im Kalendermonat für Ärzte und Ärztinnen angeordnet werden können. Die Ausnahme bilden Situationen, in denen die Sicherheit der Patienten gefährdet sein könnte. Zusätzlich kann pro Quartal ein fünfter Bereitschaftsdienst angeordnet werden, ohne dass es einer besonderen Begründung bedarf.
Dienstpläne sollen in Zukunft zudem sechs Wochen im Voraus feststehen und nicht kurzfristig geändert werden. Eine elektronische oder eine vergleichbare andere Lösung zu Erfassung der Arbeitszeit ist ab Juli 2020 vorgesehen.
Vorteile für Ärzte, Sicherheit für Länder
Mediziner an Unikliniken in Deutschland erhalten mit den Tarifveränderungen erstmals die Zusicherung einer Begrenzung ihrer Bereitschaftsdienste. Positiv könnte sich auch die bessere Planbarkeit durch langfristigere Dienstpläne auf viele Beschäftigte auswirken. Durch die neue Zeiterfassung soll künftig die gesamte Anwesenheit der Ärzte und Ärztinnen als Arbeitszeit gewertet sowie von den Beschäftigten eingesehen und überprüft werden können. Das entspreche einer “echten Zeitenwende”, so der 2. Vorsitzende des Marburger Bundes, Andreas Botzlar.
Als Verhandlungsgegner stand der Ärztegewerkschaft seit November 2009 die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, kurz TdL, gegenüber, die als Arbeitgeber fungiert. Dort sei man an die Grenzen des Vertretbaren gegangen, so der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft, der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). Gleichzeitig kann man aber auch bei der Tdl zufrieden sein, sind doch die monatelangen Tarifverhandlungen mit dem Marburger Bund durch die finale Einigung zu einem Ende gekommen. Immerhin sind Arbeitskämpfe jetzt für 33 Monate ausgesetzt, was angesichts der aktuellen Corona-Krise und der damit einhergehenden Belastungen für das deutsche Gesundheitssystem nur von Nutzen sein kann.
Von den insgesamt 34 Unikliniken in Deutschland fallen 23 vollständig unter den geltenden Tarifvertrag zwischen Marburger Bund und TdL. Eigene Tarifverträge haben etwa die Unikliniken in Berlin und Hessen. Ebenso gibt es weitere tarifliche Einzelregelungen für Kliniken in anderen Bundesländern, so die Unikliniken in Hamburg, Mainz und Halle (Saale).
Ein Überblick über alle Arzt Tarifverträge haben wir im Artikel TV Ärzte – alle Arzt Tarifverträge 2020 zusammengestellt.