Der Job-Optimus bei Angestellten im Medizin- und Pflege-Bereich ist besonders ausgeprägt. Und das mit gutem Grund: Fachkräfte in diesem Bereich sind sehr gefragt und umworben, wie Recruiting-Verantwortliche von Kliniken oder anderen Einrichtungen der Branche leidgeprüft sagen können. Die Studie Bewerbungspraxis 2020 liefert dafür eine Zahl: 57 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Medizin-Bereich sind optimistisch mit Blick auf ihren Job. Der Durchschnitt über alle 3.500 Befragten hinweg liegt bei 46,7 Prozent – und das in einer Studie, die vor der Corona-Krise durchgeführt wurde.
Seit 18 Jahren erhebt das Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) im Auftrag von Monster Daten zu den Recruiting-Trends in Unternehmen einerseits und zu Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensmustern der Bewerber*Innen andererseits. Eine Sonderauswertung für praktischArzt der Studie von 2020 zeigt: Vieles im Medizin-Bereich funktioniert genau so wie in anderen Bereichen auch. Aber es gibt auch Unterschiede – und die sollten die Recruiting-Verantwortlichen in Klinik, Pflegeheim & Co. im Blick behalten.
Unterschied Nummer 1: Social Media
Die Erfolgsaussichten für Social-Media-Recruiting sind im Medizin-Bereich besser als im Durchschnitt aller Branchen. Das zeigt allein die Tatsache, dass Jobsuchende in diesem Bereich öfter in Facebook, Instagram & Co. nach einer (neuen) Stelle suchen. Allein auf Facebook und in Whatsapp-Gruppen tun die knapp 18 Prozent, also knapp ein Fünftel. Im Schnitt aller Bewerber sind es lediglich knapp 12 Prozent. Interessant ist, dass in den Business-Netzwerken Xing und LinkedIn das Verhältnis genau umgekehrt ist. Hier suchen potenzielle Bewerber im Medizin-Bereich deutlich weniger nach einem neuen Job.
Allerdings spielen Erst-Kontakte zu Recruitern über die sozialen Kanäle offensichtlich eine untergeordnete Rolle: Nur 0,6 Prozent aller Befragten sagen, dass aus dem Erstkontakt über Social Media ihr aktueller Job resultiert. Im Medizin-Bereich sind es mit 2,2 Prozent zwar deutlich mehr – aber auf niedrigem Niveau.
Unterschied Nummer 2: Bewerbungsverfahren
Bewerber im Medizin-Bereich bevorzugen die traditionellen Wege. Nur 29 Prozent (Alle: 34 Prozent) würden sich gerne auch über mobile Endgeräte wie Smartphone oder Tablett bewerben. Deutlich mehr als im Durchschnitt aller Befragten haben Probleme mit mobilen Karriere-Seiten. „Und wenn ein Bewerber ein Problem hat, erfolgt meistens der Abbruch“, sagt Professor Tim Weitzel von der Universität Bamberg, der die Studien Recruiting-Trends und Bewerbungspraxis leitet. Aber er weist auch darauf hin, dass im Medizin-Bereich deutlich mehr potenzielle Bewerber*Innen bei Problemen auf ein anderes Gerät wechseln, wie zum Beispiel Laptop oder Computer.
Unterschied 3: Transparenz im Bewerbungsverfahren
Arbeitgeber im Medizin-Bereich sind offenbar deutlich entgegenkommender und weniger wählerisch als im Durchschnitt aller Unternehmen. Das zeigt die Frage, aus welchen Gründen Bewerber abgelehnt wurden. Deutlich mehr Mediziner oder Pflegekräfte kennen die Gründe, warum sie für einen Job abgelehnt wurden: Hier kennen 58 Prozent die Gründe nicht, im Durchschnitt aller Kandidaten sind es knapp 67 Prozent. Nur 23,5 Prozent wurden wegen zu hoher Gehaltsforderungen nicht eingestellt (Alle: 35,6 Prozent), 16,2 Prozent, weil die Chemie zwischen Arbeitgeber und Bewerber nicht passte (Alle: 38,3 Prozent).
Unterschied 4: Werte und Inhalte der Arbeit
Erfahrungen von Freunden und Werte spielen bei der Entscheidung für eine Arbeit eine erhebliche Rolle. Haben Freund*innen zum Beispiel schlechte Erfahrungen im Bewerbungsprozess gemacht, bewerben sich 59 Prozent der Befragten erst gar nicht. Mit Blick auf die Werte sind Anerkennung, ein sorgenfreies und sicheres Leben, Sinnhaftigkeit der Tätigkeit und Glück deutlich wichtiger als im Durchschnitt aller Berufsgruppen.
Und: 73,3 Prozent arbeiten in ihrem aktuellen Job wegen der Inhalte, Bezahlung (58,1 Prozent) oder soziale Beziehungen (57,6 Prozent) spielen eine deutlich nachgeordnete Rolle. Auch hier fallen die Werte im Durchschnitt aller Befragten (59,7 Prozent, 59,0 sowie 46,9) deutlich geringer aus.
Unterschied 5: Digitalisierung
Ein Blick lohnt sich noch auf die Einschätzungen der Bewerber*Innen zur Zukunft. Wie eingangs gesagt, sind Jobsuchende im medizinischen Bereich zwar deutlich optimistischer. Aber: Sie haben mehr Befürchtungen mit Blick auf die Digitalisierung. 36,4 Prozent (Alle: 31,4 Prozent) haben Probleme mit digitalen Bewerbungsprozessen und 48,9 Prozent (Alle: 40,3 Prozent) befürchten durch technik-affinere Konkurrent*innen abgehängt zu werden. Auch die Angst, dass sie durch Arbeit überlastet werden ist signifikant größer: heute sehen das im Medizin-Bereich schon 58 Prozent – und eine zunehmende Anzahl befürchtet, dass es im Laufe der nächsten 10 und 20 Jahre schlimmer wird.
Fazit
Was können Arbeitgeber im Medizin-Bereich daraus lernen? Zunächst mit Blick auf Werte und Inhalte, wie wichtig die Themen Employer Branding und Arbeitgeber-Reputation sind. Wer im Medizin-Bereich tätig ist, bringt in der Regel viel Idealismus und inhaltlichen Antrieb mit. Der Ruf einer Klink oder einer Pflege-Einrichtung, die Erfahrungen von Freunden und Bekannten spielen bei der Auswahl eine erhebliche Rolle. Und: In allen Digitalisierungs-Aktivitäten – die wichtig und richtig sind – dürfen Arbeitgeber nicht vergessen, Arbeitnehmer mitzunehmen. Dabei fühlen manche Bewerberinnen und Bewerber sich zwar eingeschüchtert durch digitale Bewerbungsprozesse, haben aber deutlich weniger Problem über Social Media mit einem Arbeitgeber in Kontakt zu treten. Mit einer guten Aktion auf Facebook, Whatsapp, Instagram oder sogar Snapchat können diese punkten.
Diesen Trend nutzt auch www.praktischArzt.de und hat im Zuge dessen neben einer Instagram Community auch unter anderem eine unter medizinischen Stellenbörsen führende Facebook-Community mit etwa 35.000 Followern aufgebaut. Mit einer zielgruppengesteuerten Aktion und Kampagne können Arbeitgeber neben diesen direkten Followern auch tausende weitere relevante Bewerberinnen und Bewerber aus der Medizin erreichen. So kann dieser erste digitale Kontaktpunkt über Social Media im passenden Umfeld gesetzt und das Employer Branding vorangetrieben werden.