Nach einer aktuellen empirischen Analyse ist Krebs die häufigste Todesursache in den Industriestaaten. Bislang nahmen Herz-Kreislauf-Erkrankungen diesen Platz ein. In der renommierten medizinischen Fachzeitschrift “The Lancet” wurden zwei PURE-Studien genannt, welche die Sterblichkeit von Menschen untersuchten. Die Forscher stellten im Zuge dessen fest, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen zwar generell noch immer die häufigste Todesursache darstellen. Diese werden jedoch inzwischen in den reichen Ländern von Krebs abgelöst.
Design der Studie
Vom 31. August bis zum 4. September fand in Paris der diesjährige Kongress der European Society of Cardiology (ESC) statt. In diesem Rahmen wurden zwei neue PURE-Studien vorgestellt. Dabei handelt es sich um prospektive Analysen. Prospektiv bedeutet, dass eine Entwicklung nicht rückwirkend, sondern vorausschauend behandelt wird.
Bei den Untersuchungen nahmen 160 000 Menschen im Alter zwischen 35 und 70 Jahren aus 21 Ländern teil. Der Beobachtungszeitraum betrug im Durchschnitt neuneinhalb Jahre und lag dementsprechend zwischen 2005 und 2016.
Dabei teilten die Autoren die Länder entsprechend ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) ein. Das höchste BIP haben demnach die Länder Schweden, Kanada und die Vereinigten Arabischen Emirate. Unter Länder mit einem mittleren Einkommen zählen zudem Argentinien, China, Kolumbien und die Philippinen. Als ärmere Länder gelten Indien, Pakistan, Bangladesch und Tansania. Die Industriestaaten Deutschland und Österreich werden in besagter Studie hingegen nicht berücksichtigt.
Krebserkrankungen nehmen zu
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die häufigsten Todesursachen und für 40% aller Sterbefälle in den betrachteten Ländern verantwortlich.
Dieser Befund gilt aber nicht für die reicheren Länder. Die Forscher berichten, dass dort nur 23% der Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen sind. An Krebs hingegen sterben mehr als ein Drittel der Patienten. Bei den ärmeren Ländern liegt der Anteil von Krebs bei 17%. Im Kontrast dazu leiden mit 43% weitaus mehr Menschen an Herz-Kreislauf-Leiden.
Die Situation in der EU und in Deutschland
Laut der Untersuchung starben im Jahr 2016 in der EU 5,1 Millionen Menschen. 1,8 Millionen Todesfälle sind dabei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zuzuordnen. 1,3 Millionen Menschen starben an Krebs.
In Deutschland ist die Situation ähnlich. Es dominieren nach wie vor Herz-Kreislauf-Leiden. Allerdings wird auch hier die Anzahl der Krebspatienten zunehmen. Aktuell erkranken 500 000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. Jährlich kommt es zu 230 000 Todesfällen.
Risikofaktoren für Krebs in den Industriestaaten erhöht
Krebs ist eine Krankheit, die grundsätzlich nicht einfach zu bekämpfen ist. Es gibt darüber hinaus keine Therapie, die für alle Krebsformen wirksam ist. Einem Tumor der Bauchspeicheldrüse beispielsweise stehen deswegen Mediziner nach wie vor machtlos gegenüber.
Bei der Bekämpfung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnte die Medizin in den letzten 30 Jahren indessen große Fortschritte verbuchen. So gibt es inzwischen wirksame Medikamente gegen Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte.
Auffällig ist trotzdem, dass die Herz-Kreislauf-Leiden in ärmeren Ländern verstärkt auftreten, obwohl in den Industriestaaten ein höheres Risiko besteht, mit einer solchen Krankheit zu kämpfen. Der Grund hierfür ist laut der Analysen die schlechte Gesundheitsversorgung in den Entwicklungs- und Schwellenländern.
Weitere globale Risikofaktoren sind Bewegungsmangel, Bluthochdruck und Übergewicht. Diese Gegebenheiten können durch die exzellente Gesundheitsversorgung in den Industriestaaten kompensiert werden. Doch gerade wegen des besser ausgebauten Gesundheitssystems ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, in hoch entwickelten Ländern an Krebs zu erkranken. Der Grund liegt laut der Untersuchung in der daraus folgenden hohen Lebenserwartung der Menschen. Da viele Krebsarten mit zunehmendem Alter häufiger auftreten, sind insbesondere die Menschen in den vermögenden Ländern bedroht.
Grenzen der Studie
Die Forscher erklärten auf dem Kongress, dass man mit der Interpretation der Daten vorsichtig sein müsse. Die Studie gelte nicht für alle Länder, da zum Beispiel Menschen aus Australien, West- und Nordafrika nicht in der Analyse eingeschlossen waren.
Aus diesem Grund stellt die Untersuchung zwar einen Anhaltspunkt dar, ist allerdings nicht verallgemeinerbar.
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