Cannabis gilt als zugleich schonendes und wirkungsvolles Mittel gegen chronische Schmerzen. In Deutschland können sich Schmerzpatienten seit März 2017 Cannabis auf Rezept verschreiben lassen. Zahlreiche internationale Forschungsberichte scheinen die Wirksamkeit zu belegen. Eine aktuelle Studie aus Australien behauptet nun aber das komplette Gegenteil: Cannabis könne weder die Schmerzintensität noch den Konsum an Opioid-haltigen Schmerzmitteln reduzieren.
Cannabis-Konsum hat keine Auswirkungen auf die Schmerzintensität
Durchgeführt wurde die Studie vom australischen National Drug & Alcohol Research Center an der UNSW Sydney und im Fachblatt Lancet veröffentlicht. An der Untersuchung nahmen 1.500 Patienten mit chronischen, nicht krebsbedingten Schmerzen teil. Allen waren Opioide zur Schmerzbehandlung verschrieben worden. Ein Teil der Patienten erhielt nun zusätzlich Cannabis als Schmerzmittel. Die Studie begleitete die Teilnehmer über vier Jahre. Während dieser Zeit gaben die Patienten in Fragebögen und Interviews darüber Auskunft, wie sich die Intensität ihrer Schmerzen und ihr Opiod-Gebrauch entwickelten.
Den Autoren zufolge ließen sich keine Nachweise dafür finden, dass die Schmerzintensität bei Cannabis-Konsum zurückginge. Patienten, die ihre Schmerzen zusätzlich mit Cannabis behandelten, sollen sogar von intensiveren Schmerzen berichtet haben als die Vergleichsgruppe, die ausschließlich auf Opioide setzte. Außerdem litten die Cannabis-Nutzer häufiger unter Ängsten.
Studie sorgt für Kontroversen
Die australische Studie wurde kontrovers aufgenommen. Immerhin gibt es mittlerweile eine große Anzahl internationaler Untersuchungen, welche die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis als Mittel gegen chronische Schmerzen zu belegen scheinen. In der aktuellen Studie steht die Langzeitanalyse der Schmerzintensität zudem dem subjektiven Empfinden der Patienten gegenüber. Die Schmerzpatienten empfanden ihre Cannabis-Behandlung nämlich durchaus als wirkungsvoll. Die Autoren erklären diesen vermeintlichen Gegensatz damit, dass sich der Cannabis-Konsum auch auf andere Lebensbereiche auswirke, zum Beispiel für einen besseren Schlaf sorge. So fühlten sich die Patienten tatsächlich besser.
Zweifel bestehen derweil an der Aussagekraft der Studie. Zum einen konsumierten im letzten Abschnitt des Untersuchungszeitraums nur noch rund sechs Prozent der Patienten regelmäßig Cannabis. Nur 16 Prozent der Probanden gab an, im letzten Jahr des Versuchszeitraums überhaupt einmal Cannabis zu sich genommen zu haben. Zum anderen war Cannabis zur Schmerzbehandlung zum Zeitpunkt der Studie in Australien noch illegal. Erst 2016 legalisierte die australische Regierung das alternative Schmerzmittel für eine geringe Anzahl an Beschwerden. Der Cannabis-Konsum der Studienteilnehmer erfolgte daher weitgehend unreguliert. Andere Studien zeigen nun, dass es beim Einsatz von Cannabis als Schmerzmittel vor allem auf die Dosis und Art der Einnahme ankommt. Vor allem die Höhe der Dosis hat demnach einen wesentlichen Einfluss auf den schmerzlindernden Effekt.
Dosis und Art der Einnahme entscheidend
Kritikern zufolge zeigt die australische Studie vor allem, dass Cannabis als Schmerzmittel nicht funktioniert, solange es noch illegal ist und Dosis sowie Einnahme nicht ärztlich kontrolliert werden können. In Deutschland müssen Ärzte auf dem Rezept genau angeben, in welcher Dosis und auf welche Art Schmerzpatienten Cannabis-Blüten konsumieren sollen.