
Laut einer Studie der Robert Bosch Stiftung GmbH bahnt sich ein drastischer Rückgang bei der hausärztlichen Versorgung an. Etwa 40 Prozent aller Landkreise in Deutschland sollen demnach in 14 Jahren unterversorgt oder von Unterversorgung bedroht sein. Insgesamt sollen 11.000 Hausärzte und Hausärztinnen fehlen.
Hausärztinnen und Hausärzte fehlen nicht nur auf dem Land
Der Hausärztemangel ist bereits seit 2002 ein Thema und wird primär mit den ländlichen Regionen in Deutschland in Verbindung gebracht. Die neue Studie prognostiziert erstmals, welche Regionen tatsächlich stark betroffen sein werden.
Demnach sind vor allem Landkreise in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen am stärksten betroffen. Stellenweise sollen einzelne Landkreise rund 50 Prozent ihrer Hausärzte verlieren. Für Anwohnerinnen und Anwohner könnte es in den kommenden Jahren immer schwieriger werden, eine Praxis in der Nähe zu finden.
Aber auch in städtischen Gebieten soll es in absehbarer Zeit einen spürbaren Rückgang bei den Hausarztpraxen geben, prognostiziert die Studie. In einigen mittelgroßen Städten soll die Hausarztdichte bis zum Jahr 2035 um rund 20 Prozent abnehmen.
In einigen anderen Regionen ist eine Zunahme der Hausarztpraxen absehbar. Vor allem in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. In diesen Regionen sind derzeit viele Hausarztsitze unbesetzt und werden voraussichtlich in den nächsten Jahren besetzt werden. Bundesweit wird die Hausarztdichte aber im Vergleich zwischen 2019 und 2035 durchschnittlich um neun Prozent sinken, berechnen die Studienautoren.
Gründe für die drohende Versorgungslücke
Die Altersstruktur der derzeit praktizierenden Ärztinnen und Ärzte bedeutet, dass in den kommenden Jahren fast 30.000 von ihnen altersbedingt aus dem Beruf scheiden werden. Nicht alle freiwerdenden Hausarztsitze kann man durch Nachwuchs oder Zuwanderung besetzen. Junge Ärztinnen und Ärzte orientieren sich beruflich anders und ziehen Angestelltenverhältnisse und Teilzeitmodelle einer eigenen Praxis vor. Die nachwachsende Generation wünscht sich auch die multiprofessionelle Zusammenarbeit.
Gesundheitszentren gefordert
Zwar soll die Hausarztpraxis für junge Medizinerinnen und Mediziner durch zusätzliche Studienplätze, Stipendien und die sogenannte Landarztquote attraktiver werden. Schließen lassen wird sich die Versorgungslücke dadurch allerdings nicht so schnell. Der Nachwuchs, der von genau diesen Maßnahmen profitiert, wird innerhalb der kommenden Jahre nicht fertig ausgebildet sein, um die freien Hausarztsitze zu füllen.
Deshalb fordert die Stiftung einen Umbau der hausärztlichen Versorgung. Statt einzelner Hausarztpraxen könnten Gesundheitszentren die Primärversorgung sicherstellen, argumentieren die Studienautoren. In den Gesundheitszentren könnten Fach- und Hausärzte sowie weiteres Personal wie etwa Pflegekräfte unter einem Dach arbeiten. Dies würde auch dem sich veränderten Versorgungsbedarf gerechter werden. Denn es gibt immer mehr ältere Menschen mit chronischen und multiplen Erkrankungen, die eine Versorgung brauchen, die über die Leistungen einer Hausarztpraxis hinausgeht. Multidisziplinäre Gesundheitszentren könnten dies eher leisten.
Die Studie trägt den Titel „Gesundheitszentren für Deutschland. Wie ein Neustart in der Primärversorgung gelingen kann“ und wurde im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung GmbH vom IGES Institut durchgeführt.