Stress, Stress und nochmal Stress. Deutsche Arbeitnehmer sind am Arbeitsplatz mehr und mehr einem enormen Druck ausgesetzt. Das führt nicht nur zu einer geringeren Leistungsfähigkeit. Auch das Risiko, dass Mitarbeiter krank werden, steigt immer weiter an. Durch den Fachkräftemangel ist das Stress-Level im Gesundheitswesen besonders hoch. Einer aktuellen Studie der Universitätsklinika Tübingen und Bonn zufolge sind dabei Mitarbeiter in Arztpraxen besonders betroffen und einem viel höheren Stress ausgesetzt als die restliche Bevölkerung.
Gründe für Stress in Arztpraxen
Wie aus der Untersuchung der Universitätskliniken Tübingen und Bonn hervorgeht, empfinden Mitarbeiter in Arztpraxen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung häufig höheren Stress. Die Gründe sind dabei vielfältig. In erster Linie führt aber der Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich und die steigende Anzahl an erkrankter Menschen zu einem erhöhten Arbeitseinkommen in Arztpraxen. Gleichzeitig müssen sie sich verstärkt auch um administrative Aufgaben kümmern. Die zunehmende Belastung für die Mitarbeiter steigt also immer weiter an. Ein weiterer Grund ist die zunehmende Ökonomisierung im Gesundheitswesen.
Vor allem für kleine Teams in Arztpraxen stellen diese Herausforderungen eine große Belastung dar. Rund 46 Prozent der befragten Mitarbeiter in Arztpraxen klagten über hohen Zeitdruck. Auch das Arbeitsklima wirkt sich auf die Psyche aus. 45 Prozent der Befragten klagen zudem über ein schlechtes Arbeitsklima und fühlen sich dadurch am Arbeitsplatz zusätzlich gestresst. Etwas weniger als ein Drittel nennt Leistungsdruck und Aufgabenfülle als Hauptursachen für den Stress.
Wie lässt sich die Arbeitszufriedenheit in Arztpraxen verbessern?
Die Umfrage ist eine Vorarbeit für den Forschungsverbund IMPROVE-job. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, langfristig die Arbeitszufriedenheit in den Praxen zu verbessern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert den Forschungsverbund mit zwei Millionen Euro.
IMPROVE-job ist ein Verbundprojekt der Universitäten und Universitätskliniken Tübingen, Bonn, Essen und Bochum. In vier Teilprojekten analysieren die Forschenden unter anderem die typischen Belastungen und Ressourcen in Hausarztpraxen und wollen Interventionsmaßnahmen zur Vorbeugung psychischer Belastungen entwickeln.
Begleitet werden die Forscher dabei von einem Kreis aus Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten (MFA) aus 56 Arztpraxen. Die Hausarztpraxen-Teams sollen die Forschenden beraten und aufzeigen, welche Strategien zur Stressbewältigung sich im Praxisalltag tatsächlich umsetzen lassen. Auf diese Weise soll ein Modell zur Stressreduktion entstehen, das sich auch auf andere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) übertragen lässt.
Psychische Belastung führt zu vorzeitigem Ausscheiden aus dem Berufsleben
Perspektivisch sollen die Ergebnisse des Verbundprojekts also nicht nur den Mitarbeitern in Arztpraxen, sondern auch den Beschäftigten in anderen Unternehmen zugute kommen. Denn auch andere Arbeitnehmer leiden unter einer hohen Stressbelastung am Arbeitsplatz. Das zeigt eine weitere Studie, die im Auftrag der Versicherung SwissLife vom Umfrageinstitut YouGov durchgeführt wurde. Fast zwei Drittel aller Arbeitnehmer fühlen sich demnach im Beruf gestresst.
Stress am Arbeitsplatz führt häufig zu weiteren Erkrankungen. Mittlerweile stellen psychische Erkrankungen sogar die häufigste Ursache für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben dar. Der Deutsche Gewerkschafterbund fordert daher eine umfassende und verbindliche Anti-Stress-Politik auf deutscher und europäischer Ebene.