Zu wenig Personal bildet nach wie vor eines der zentralen Probleme in der Pflege. Ein Grund dafür ist die geringe Entlohnung vieler Pflegekräfte. Sie macht den Pflegeberuf unattraktiv. Bundesgesundheitsminister Spahn will jetzt mit einem höheren Pflegemindestlohn nachhelfen. Er fordert 14 Euro pro Stunde – ein Vorschlag, der nicht unumstritten ist.
Derzeit gilt in Deutschland ein allgemeiner Mindestlohn von 9,19 Euro pro Stunde. Er findet bei Leistungen außerhalb von Pflegebetrieben Anwendung, zum Beispiel bei Reinigungs- und Küchenhilfen, die in privaten Haushalten Pflegebedürftige unterstützen. In Pflegebetrieben dagegen ist ein eigener Pflegemindestlohn für Pflegehilfskräfte vorgeschrieben. Er liegt seit Jahresbeginn in den alten Bundesländern bei 11,05 Euro pro Stunde, in den neuen bei 10,55 Euro. Im kommenden Jahr ist eine Anhebung auf 11,35 Euro (ABL) bzw. 10,85 Euro (NBL) vorgesehen.
Mehr Anreize für Pflegefachkräfte
Der Spahn’sche Vorschlag bezieht sich nicht auf Pflegehilfskräfte, für die schon eine Mindestlohnregelung gilt, sondern auf Pflegefachkräfte – Pflegende mit einer anerkannten und geregelten Ausbildung. Diese gehörten bisher gar nicht zur Zielgruppe des Pflegemindestlohns. Mit einem Satz von 14 Euro will Spahn Pflegefachkräften ein monatliches Einkommen von wenigstens 2.500 Euro ermöglichen und damit den Pflegeberuf attraktiver machen. Die tatsächlichen Einkommen erreichen diese Marke heute in vielen Fällen nicht. Nach Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung liegt das Durchschnittseinkommen von Pflegefachkräften derzeit bei rund 2.400 Euro im Monat, in einigen Regionen auch deutlich darunter – in Sachsen-Anhalt zum Beispiel bei 2.100 Euro. Der Verdienst eines Altenpflegers in einer privaten Einrichtung liegt z.B. zwischen 1.700 bis 2.600 Euro. Für viele Pflegefachkräfte würde der Spahn’sche Vorschlag also eine deutliche Einkommenssteigerung bedeuten.
Wichtiger ist dem Minister aber die Anreizwirkung auf Nachwuchskräfte in der Pflege. Denn daran mangelt es immer noch sehr. Rund 40.000 Pflegestellen sind heute wegen mangelnden Arbeitskräfte-Angebots nicht besetzt, alleine 25.000 “Leerstellen” gibt es in der Altenpflege. Als im vergangenen Jahr die Neuauflage der Großen Koalition erfolgte, wurden als “Sofortmaßnahme” gegen den Pflegenotstand von Spahn und zwei Minister-Kollegen 13.000 neue Stellen in Pflegeheimen versprochen. Gut ein Jahr später sind davon exakt null besetzt. Das Problem ist schlicht, dass die Pflegeheime keine Fachkräfte finden und aufgrund bürokratischer Regelungen auch keine Ersatzlösungen umsetzen können.
Pflegemindestlohn: Wirklich ein gutes Rezept?
Ob ein staatlich verordneter höherer Pflegemindestlohn wirklich ein gutes Rezept gegen fehlendes Fachkräfte-Angebot ist, daran gibt es allerdings erhebliche Zweifel. Bis zur fertigen Ausbildung einer Pflegefachkraft dauert es drei Jahre – kurzfristig wird sich daran bei höheren Löhnen nichts ändern. Künftig steigen würden jedenfalls die Pflegekosten, was wiederum die Pflegeversicherung zusätzlich belastete.