Die klassische Vorstellung vom Hausarzt ist die vom Arzt mit eigener Praxis. Nach wie vor ist dieses Modell weit verbreitet. Doch immer mehr Ärzte suchen auch außerhalb des Klinikbetriebs das Anstellungsverhältnis. Nach Angaben der apoBank waren 2020 rund 46.500 Ärzte als Angestellte in der ambulanten Versorgung tätig – in Arztpraxen oder in Medizinischen Versorgungszentren (MVZs). Angestellte Hausärzte sind also gar nicht so selten wie mancher denkt. Und was verdient man bei dieser Tätigkeit? Der folgende Beitrag liefert Antworten.
In einer Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und des Marktforschungsinstituts DocCheck Research wurden kürzlich insgesamt 700 angestellte Ärzte in der ambulanten Versorgung zu ihrer Gehaltssituation befragt. Teilnehmer der Befragung waren sowohl Allgemeinmediziner als auch Fachärzte beiderlei Geschlechts, die in Arztpraxen oder in Medizinischen Versorgungszentren angestellt waren. Durch die Teilnehmer-Diversität ließen sich interessante Cluster bilden, um mögliche Gehaltsunterschiede festzustellen und zu vergleichen.
Hausärzte: Das Gehalt ist Verhandlungssache
Die Besonderheit bei ambulanten Anstellungsverhältnissen ist, dass anders als in Krankenhäusern keine Tarifverträge existieren. Das Gehalt ist im Wesentlichen Verhandlungssache, auch wenn häufig eine Orientierung an Klinik-Vergütungsstandards erfolgt. Auf jeden Fall weisen die Angestellten-Gehälter in Arztpraxen und MVZs eine größere Bandbreite auf als die im Klinikbetrieb. Einmal mehr bestätigt sich auch, dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen oft schlechtere Ergebnisse erzielen – ihre Vergütung weist immer noch „Nachholbedarf“ aus.
Unabhängig vom Geschlecht verdienen angestellte Ärzte in Hausarztpraxen durchschnittlich 75.900 Euro brutto pro Jahr. Die mittleren Jahresgehälter bewegen sich dort in einer Bandbreite von 60.000 Euro und 80.000 Euro. Angestellte Fachärzte in Arztpraxen bringen es im Schnitt auf 15 Prozent mehr Gehalt. Hier liegt der jährliche Durchschnittverdienst bei 87.600 Euro und das mittlere Jahresgehalt umfasst eine Bandbreite von 65.000 Euro bis 102.600 Euro. Das heißt nicht, dass im Einzelfall mehr möglich ist. Das gilt für angestellte Fachärzte noch ausgeprägter als für Hausärzte. Fachärztliche Spitzengehälter im ambulanten Anstellungsverhältnis erreichen in der Befragung vereinzelt bis zu 158.900 Euro.
MVZs zahlen besser als Arztpraxen
Angestellte Ärzte in MVZs verdienen dabei in der Regel etwas besser als in Arztpraxen. Bei Festgehältern beträgt der „Gehaltsvorsprung“ im Schnitt 16.500 Euro pro Jahr, bei Gehältern mit Umsatzbeteiligung 13.600 Euro. Gehaltsmodelle mit umsatzabhängigen Gehaltsbestandteilen sind in MVZs etwas häufiger anzutreffen als in Arztpraxen. Der Grund für die bessere Vergütung dürfte u.a. in der Mehrarbeit liegen. Angestellte Ärzte in MVZs müssen im Schnitt eine Stunde länger pro Woche arbeiten als ihre Kollegen in Arztpraxen.
Immer noch: Ärztinnen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger
Ein deutlicher Unterschied besteht nach wie vor, wenn man das Geschlecht betrachtet. Frauen verdienen rund 18 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das gilt sowohl für angestellte Hausärztinnen als auch für Fachärztinnen und entspricht fast genau dem geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschied über alle Berufe und Branchen hinweg in Deutschland. Ebenso erstaunlich: die Diskrepanz beim Gehalt hat sich im Zeitablauf kaum verändert. Nimmt man Zahlen aus dem Jahr 2000 zum Vergleich, zeigt sich fast das gleiche Bild.
Hausärzte mit eigener Praxis stellen sich wirtschaftlich besser
Das Anstellungsverhältnis mag für Hausärzte oder Fachärzte Sicherheit bieten, die besten Verdienstchancen hat man aber immer noch als Arzt mit eigener Praxis. Laut Zi-Praxis-Panel – einer repräsentativen Wiederholungsbefragung durch das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland – erzielen Arztpraxen fachübergreifend im Schnitt einen Jahresüberschuss von 170.000 Euro, bei allgemeinärztlichen Praxen und Praxen von Hausarzt-Internisten sind es sogar 188.500 Euro. Der Wermutstropfen dabei – als Praxis-Inhaber trägt man das wirtschaftliche Risiko, ist in der Management-Verantwortung und es fällt hier oft schwerer, die Work-Life-Balance zu wahren.