Nicht nur in der Corona-Pandemie haben Krankenhäuser lernen müssen, unverzüglich und klar zu kommunizieren, alle Zielgruppen zu beteiligen und rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu treffen. Verbesserungsprozesse, die Aufgaben auf die entsprechenden Verantwortlichen verteilen und klare Zuständigkeiten schaffen, mussten innerhalb kürzester Zeit eingeführt werden. Häufig „mit dem Holzhammer“. Dabei wurde in der Praxis klar, dass Verwaltungen oftmals der Meinung sind, dass es schneller und effektiver ist, Inhalte allein in der Verwaltungsebene abzusprechen, die ausführenden Organe (Ärzte, Pflegekräfte, Sicherheitsdienst, Pförtner etc.) über das Ergebnis zu informieren und so knapp und erklärungslos wie möglich Anweisungen zu erteilen. Dies ist aber zu kurz gedacht. Hier greift das Change Management ein. Dies besagt, dass Inhalte und Konzepte in Wahrheit schneller und effektiver in kleinen, möglichst divers aufgestellten Gruppen erarbeitet werden.
Durch die Beteiligung mehrerer Fachbereiche, Kenntnisse und Meinungen eliminiert man die Gefahr, einen eingeschränkten Blick zu haben. Vier Augen sehen mehr als zwei und vierzig besser als vier. Auch bei der anschließenden Umsetzung hilft diese Vorgehensweise. Denn Mitarbeitende lassen sich eben nicht mehr nur durch Hierarchie und Zwang bewegen. Sie wünschen sich ein Vorgehen, das Beteiligung und Mitnahme zum Ziel hat.
Das Change Management gewinnt nach seiner erfolgreichen Einführung in Industrie und Wirtschaft auch im Sozial- und Gesundheitswesen immer mehr an Bedeutung. Dort hilft es bei der zielgerichteten und geplanten Umsetzung organisatorischer Veränderungen. Diese führen oftmals unweigerlich zu Interessenkonflikten zwischen Management, Fachkräften, Patienten und dem übrigen Personal wie Küchenkräften, Reinigungsteams und Portiers. Eine zusätzliche Herausforderung bei Krankenhäusern besteht im Gegensatz zu Industrie und Wirtschaft darin, dass sowohl die Veränderungen als auch die damit einhergehenden Widerstände und Spannungen so gemanagt werden müssen, dass Sie keinen störenden Einfluss auf das Wohlergehen der Patienten haben.
Was bedeutet Change Management?
Change Management im Krankenhaus ist die zielgerichtete und geplante Umsetzung organisatorischer Veränderungen. Eine Veränderung gegenüber Management, Beratern, Krankenhausärzten, Krankenhauspersonal und Finanzvorständen durchzusetzen, ist schon unter besten Voraussetzungen und mit breiter Akzeptanz eine große Herausforderung. Jede geplante Einführung von Veränderungen in einem Krankenhaus, Pflegeheim oder sonstigem medizinischen Betrieb führt zwangsläufig zu Spannungen zwischen Management, Fachkräften und Personal, denn jeder fühlt sich im Vergleich zu den anderen benachteiligt.
Die besondere Herausforderung für Krankenhäuser und deren Verwaltungen besteht darin, dass sich zum einen die beschlossenen Maßnahmen und zum anderen die mit deren Einführung einhergehenden Spannungen direkt auf das Wohlergehen der Patienten auswirken können. Aus diesem Grund müssen organisatorische Veränderungen effektiv und professionell geplant, ein- und durchgeführt werden. Dann wird durch sie die Patientenversorgung positiv beeinflusst.
Konkrete Handlungstipps für Personaler im Gesundheitswesen
Das Klinikmanagement sollte das Change Management mit Geduld und Einfühlsamkeit umsetzen. Dabei gilt es, auf jeden Arbeitszweig einzugehen und Ängste ernst zu nehmen. Die Ärzteschaft steht Veränderungen oftmals skeptisch gegenüber. Beispielsweise, weil sie bei der Einführung neuer Technologien das Gefühl hat, dass ihre Expertise zugunsten eines PC-Programms übergangen wird. Oder sie fühlt sich daran gehindert, ihre Arbeit effektiv zu erfüllen. Pflegekräfte wiederum befürchten oft, dass sie mehr Zeit in Verwaltungsaufgaben investieren müssen, die ihnen dann für die Patienten fehlt. Und Reinigungspersonal, Küchenpersonal, Portiers oder Sicherheitskräfte fühlen sich oftmals bei Veränderungen übergangen und uninformiert, weil sie „ja ohnehin nur die Putzkolonne/Köche/Aufpasser“ sind. Diese Barrieren gilt es zu analysieren, zu verstehen und anschließend zu überwinden.
Jeder Einführung einer Neuerung sollte das Klinikmanagement folgende Fragen voranstellen: Welches Ziel wollen wir mit der Neuerung erreichen? Welche Auswirkungen wird dies auf das System im Krankenhaus und seine Abläufe haben? Wer ist von der Neuerung betroffen? Wie wird derjenige auf die Veränderung reagieren?
Mitarbeiter einbeziehen
Ärzte und Pflegekräfte richten sich gerne in ihrer täglichen Routine ein. Daher werden Abweichungen von dieser Routine oft als Belastung wahrgenommen. Veränderungsprojekte wie z.B. die Einführung eines Krankenhausinformationssystems (KIS) oder die Zusammenlegung von Stationen belasten. Und zwar, weil sie das Bestehende hinterfragen und neue, effektivere Wege aufzeigen, die ungewohnt sind und bedrohlich wirken. Egal, ob Veränderungen medizinischer, technischer, organisatorischer oder administrativer Natur sind, sie sind Herausforderungen für alle Beteiligten. Alle Mitarbeiter – Chirurgen, Anästhesisten, Pflegekräfte, Ergotherapeuten, Hebammen, Auszubildende – sind gleichermaßen von den Veränderungen betroffen. Der Faktor Mensch entscheidet daher darüber, ob ein Change-Vorhaben erfolgreich durchgesetzt wird, nur stockend vorankommt oder gänzlich scheitert. Jedes Veränderungsprojekt im Krankenhaus steht und fällt mit den Mitarbeitern.
Kommunikation und Transparenz
Für die Klinikleitung bedeutet die Mitnahme aller Mitarbeiter ein radikales Umdenken. Man geht weg von der alten Anordnungskultur, hin zu einer Vermittlungskultur, die Kommunikation und Transparenz wertschätzt. Die Mitarbeiter müssen von Anfang an wissen, dass Veränderungen auf sie zukommen. Außerdem, wie diese aussehen und welche Auswirkungen sie für das Krankenhaus, aber auch für jeden Einzelnen in der Belegschaft haben werden. Offene Kommunikation von Anfang an nimmt Veränderungsgegnern den Raum für Spekulationen. Außerdem bietet sie konkrete Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Veränderungsvorhaben.
Wichtig ist, dass das Klinikmanagement die Vorzüge der Veränderung herausstellt, z.B. so:
„Wir führen das neue interne Kommunikationsprogramm ein, weil es die Patientenversorgung erleichtert. Die Klinik profitiert dadurch, weil die Patienten weniger Wartezeit zwischen Untersuchungen und die Stationen weniger Patiententransporte haben. Die Mitarbeiter haben dadurch mehr Zeit, andere Aufgaben wahrzunehmen.“
Wenn alle Mitarbeiter die Vorteile der Neuerung verstehen, akzeptieren sie die Veränderung nicht nur, sondern wirken aktiv bei ihrer Umsetzung mit. Gibt das Management seinem Klinikpersonal zudem die Möglichkeit, sich z.B. per Mitarbeiterbefragung einzubringen und an der Veränderung aktiv zu beteiligen, steigt das Identifikationspotenzial mit der Klinik. Dies führt wiederum zur Mitarbeiterbindung und schafft ein angenehmes Arbeitsklima.
6 Tipps für erfolgreiches Change Management
Um Veränderungen erfolgreicher zu gestalten, Mitarbeitende stärker einzubinden und die Einführung von Neuerungen etwas einfacher zu gestalten, sollten folgende Punkte beachtet werden.
- Wertschätzung und Beteiligung: Alle Mitarbeitenden sollten im Vorfeld Gehör finden, entweder im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung, Gruppendiskussionen o.ä. Die dort vorgebrachten Bedenken sollte man ernst nehmen und offen kommunizieren.
- Darstellen des Nutzens: Veränderungen werden nicht zum Spaß, sondern mit einem triftigen Grund durchgeführt. Dieser Grund (Einsparungen, Arbeitserleichterungen, Zeitersparnis o.ä.) sollte klar kommuniziert werden. Dabei ist es wichtig, nicht nur zu sagen, dass z.B. durch das neue Programm Geld gespart wird, sondern zu erklären, weshalb.
- Einbindung bei der Entscheidung: Geht es z.B. um die Auswahl eines neuen Implantats, ist es sinnvoll, die damit umgehenden Ärzte aktiv zu beteiligen. Dies bedeutet, ihnen mehrere Implantate verschiedener Hersteller zur Ansicht zur Verfügung zu stellen, sie damit hantieren, untereinander diskutieren und danach ihre Meinung ausdrücken zu lassen.
- Bildung eines Führungsteams: Ein Mitarbeiterteam, das mit der richtigen menschlichen Mischung aus Fachkenntnissen, Disziplinen und Ebenen besetzt ist, kann bei der Veränderung helfen und das nötige emotionale Engagement mitbringen. Mitarbeiter nehmen Veränderungen besser und bereitwilliger an, wenn sie selbst mitgewirkt haben oder durch einen „Vertreter ihrer Zunft“ mit dabei waren.
- Eingewöhnungsphase nach gründlicher Einarbeitung: Z.B. bei der Einführung eines neuen Programms sollten alle Beteiligten genügend Zeit haben, sich mit der Anwendung auseinanderzusetzen und anfänglich aktive Unterstützung erhalten. Schulungen vor der Einführung und Ansprechpartner während der ersten Wochen bei auftauchenden Fragen sind unverzichtbar.
- Evaluation und Reflexion nach definiertem Zeitpunkt: Nach einem zuvor festgelegten Zeitpunkt sollten alle Beteiligten gemeinsam evaluieren, wie ihre Erfahrungen mit dem neuen Implantat/Programm o.ä. sind. Probleme sollte man ernst nehmen und sie klären: Braucht es mehr Schulungen? Gibt es einen Programmierungsfehler? Nur ein identifiziertes Problem kann man lösen.
Fazit
Bei erfolgreich umgesetzten Prozessen im Change Management sind meist drei Aspekte besonders gut gelungen. Diese sind interne Kommunikation, zeitliche Planung und Akzeptanz. Sie gelten daher als die Erfolgsfaktoren in einem dynamischen Prozess, der sich kontinuierlich weiterentwickelt.
Change Management läuft nie reibungslos ab, da Veränderungen, neue Arbeitsweisen und Prozessabläufe immer Zeit bei der Planung, Durchführung und Akzeptanz brauchen. Veränderungen sind kein Projekt, das durchgeführt und danach als abgeschlossen betrachtet werden kann. Sie lassen sich auch nicht von einem Tag auf den anderen erzwingen und umsetzen. Es benötigt eine durchdachte Planung, viel Kommunikation und eine konsequente Umsetzung.
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