Gute Impfung – Schlechte Impfung?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat kürzlich eine Liste mit den globalen Gesundheitsbedrohungen veröffentlicht. Demnach gehört das Thema Impfen zu den 10 gefährlichsten Bedrohungen der Weltgesundheit. Die Häufigkeit von Maserninfektionen steigt weltweit immer stärker an. Als eine Ursache wird der Rückgang der Bereitschaft zum Impfen beschrieben. Wie daraus allerdings die Schlagzeile “WHO erklärt Impfgegner zur globalen Bedrohung” (Spiegel Online 19.01.2019) destilliert werden kann, wissen nur sensationslüsterne Vereinfacher. Bei einer seriösen Betrachtung stellen sich dazu einige Fragen. Wie groß ist der Anstieg der Maserninfektionen denn wirklich? Kann der Rückgang der Impfungen quantifiziert werden? Liegt dieser wirklich an weltfremden Impfgegnern? Und was hat die WHO eigentlich geschrieben? Wir versuchen, Anhaltspunkte auszumachen, die eine realistische und lösungsorientierte Diskussion befördern.
“Vaccine Hesistancy” = Impfgegner sind böse?
Allein ein Blick in die WHO-Liste zeigt schon, dass hier überhaupt nicht von Impfgegnern die Rede ist. “Vaccine Hesistancy” ist annähernd mit einer Unschlüssigkeit, eine Impfung vorzunehmen, zu übersetzen. Zunächst stellt das Dokument der WHO fest, dass sich die Anwendung von Impfseren weltweit als ein hochwirksames Mittel zur Bekämpfung von lebensgefährlichen Infektionen etabliert hat. Nach Schätzung der WHO werden durch das Impfen zwei bis drei Millionen Todesfälle vermieden. Weitere 1,5 Millionen Menschen könnten bei optimierter Versorgung überleben. Das Beispiel der Masern zeige zunächst, dass es einen 30 prozentigen Anstieg von Maserninfektionen weltweit gibt. Das habe vielschichtige Ursachen. Dazu gehört unter anderem auch die mangelnde Impfbereitschaft. Doch diese wird in erster Linie in der oft schwierigen Erreichbarkeit der Impfung gesehen. Gefolgt von mangelndem Vertrauen in die Wirksamkeit des Impfens. Eine Aufklärung mit Hilfe von eindeutigen Informationen sieht die WHO als wirksames Mittel. So könnte die Gefahr der Maserninfektion endgültig eliminiert werden.
929 Fälle von Masern bedeutet noch keine Epidemie
In Deutschland ist die Zahl der gemeldeten Infektionen von 325 im Jahr 2016 auf 929 Fälle in 2017 gestiegen. Diese absoluten Zahlen sind natürlich ein Warnzeichen. Jedoch ist dies noch kein Grund zur Panik, zumal die medizinische Versorgung in den Industrieländern gesichert ist. Trotzdem ist die Warnung ernst zu nehmen. Denn die Gefahren einer Maserninfektion könnten durch die konsequente Umsetzung des Impfprogramms minimiert werden. Viel mehr Infektionen treten jedoch leider in den armen Ländern der “Dritten Welt” auf. Dort ist von einer flächendeckenden medizinischen Versorgung nicht zu sprechen. Das erschwert zum einen die Behandlung von Infektionen. Zum anderen ist die Entfernung zu einer wirksamen Impfung in mehrerer Hinsicht weitaus größer. Dabei ist aber nicht allein die geografische Ferne der nächsten Gesundheitsstation ein Problem. Häufig sind die entsprechenden Seren erst gar nicht verfügbar. Allerdings gibt es in ländlichen Gebieten Asiens und Afrikas keine bösen Impfgegner. Vielmehr fehlt es dort an Informationen über die Wirksamkeit des Impfens.
Impfgegner als Sündenböcke
Man mag ja von den Gründen der Impfgegner halten, was man will. Impfzwang, Vergiftung der Kinder etc. sind Argumente, die sich mit Fakten widerlegen lassen. Es sind aber auch Tatsachen bekannt, die in die seriöse Diskussion einzubeziehen sind. So lässt sich nicht leugnen, dass manche Impfung bei empfindlichen Personen zu Erkrankungen führen kann. Der Kampf gegen die gefährlichen Infektionskrankheiten hat zur Folge, dass sich auch die Viren weiterentwickeln. Dadurch haben dann Impfungen keine Wirkung mehr. Die Entwicklung immer neuer multiresistenter Keime wird auch von der WHO als Gefahr gesehen. Die Ursache liegt dabei im Eingreifen des Menschen durch Über- und Fehlbehandlung. Auch die massenhafte Verabreichung von Antibiotika ohne medizinische Notwendigkeit führt viel zu oft zu deren Unwirksamkeit. Diese Beispiele zeigen auf, woher manche (auch unbegründete) Befürchtungen der Menschen rühren. Diese gilt es ernst zu nehmen und in die Überlegungen aufzunehmen. Eine pauschale Verurteilung von Impfgegnern als Gefahr für die Weltgesundheit macht niemanden gesund. Außerdem wertet die Bedeutung der Kräfte, die generell gegen jegliches Impfen kämpfen, unnötig auf.