Die Statistik spricht klare Worte: Die Suizidrate unter deutschen Ärzten ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung um das 3,4fache erhöht; unter deutschen Ärztinnen sogar um das 5,7fache.
Pro Jahr etwa 100 bis 200 Suizide unter Medizinern im Jahr
Pro Jahr wählen etwa 100-200 Mediziner in Deutschland den Freitod, die Dunkelziffer liegt noch höher. Doch woran liegt das? Schließlich ist der Arztberuf einer der angesehensten Berufe überhaupt, und ein Traumberuf für viele.
Neben dem Ideal, einen Dienst an der Menschheit zu tun, locken vergleichsweise hohe Einstiegsgehälter und eine große Zahl an freien Stellen.
Suizide unter Ärzte: Beweggründe
Doch genau hier scheint auch die Crux der Sache zu liegen: In den letzten Jahren ist die Arbeitsbelastung an deutschen Krankenhäusern immer weiter gestiegen. Ärzte leiden unter starren Hierarchien, körperlicher Belastung durch lange Arbeitszeiten und ständigem Zeitdruck.
Jeder dritte Arzt in deutschen Kliniken leidet nach Erhebungen des Hamburger Zentralinstituts für Arbeitsmedizin an einem Burnout, jeder Zweite hatte schon einmal Selbstmordgedanken. Die starke berufliche Beanspruchung gefährdet Beziehungen und Ehen, was auf Dauer zu einer regelrechten Vereinsamung von Ärztinnen und Ärzten führen kann. Ständige Konfrontation mit Leiden und Sterben, dazu eine hohe Verantwortung im Umgang mit den Patienten – all das führt zu Frustration und seelischer Erschöpfung.
Dazu kommt, dass es scheinbar nicht zum Selbstbild von Ärzten gehört, sich selbst medizinische oder psychologische Hilfe zu suchen. Stattdessen versuchen viele durchzuhalten oder unternehmen selbst Therapieversuche. Schätzungen besagen, dass mehr als 10% aller Ärzte mindestens einmal in ihrem Leben Alkohol- oder Medikamentenabhängig werden.
Steht der Entschluss zum Suizid dann einmal fest, gelingt es Medizinern auch, diesen durchzuführen. Leichter Zugang zu potenziell tödlichen Medikamenten ist gegeben, ebenso das Wissen über die Dosierung.
Ärzte Selbstmord-Rate: Fach spielt eine Rolle
Auch das Fach spielt eine Rolle, am gefährdetsten sind Bereiche mit einem hohen emotionalen Stresslevel wie Psychiatrie und Anästhesie, dicht gefolgt von internistischer Notfallmedizin und Chirurgie.
Um diesen erschreckenden Zahlen vorzubeugen ist es für die Zukunft wünschenswert und unbedingt notwendig, die Hemmschwelle vor dem Eingeständnis von psychischer Not unter Ärztinnen und Ärzten abzubauen. Seelische Probleme bei Kollegen oder Kommilitonen müssen grundsätzlich ernst genommen werden.
Betroffenen Medizinern ist es unbedingt zu empfehlen, psychologische und psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Um die psychische Stabilität zu erhalten ist es wichtig, sich Freiräume zu erhalten. Flexible Arbeitszeitmodelle helfen, ebenso wie ein tragfähiges soziales Umfeld. Durch verantwortungsvollen und stigmatafreien Umgang mit dem Thema Suizid unter Ärzten kann es gelingen, aus den unverletzlichen Halbgöttern in Weiß wieder das zu machen, was sie tatsächlich sind: Menschen mit menschlichen Sorgen und Nöten, deren eigene körperliche und seelische Gesundheit nicht hinter ihrem Beruf zurückstehen sollte.
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