Wer sich den ärztlichen Behandlungstisch legt, hat dabei oft ein mulmiges Gefühl. Wird auch alles gut gehen? Behandlungsfehler passieren immer wieder. Die Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) und der Krankenversicherungen (MDS) unterstützen Patienten mit Sachverständigengutachten, solche Behandlungsfehler aufzuklären. Die Jahresstatistik 2016 gibt einen Überblick über die riskantesten ärztlichen Eingriffe.
Die Top 10 der riskantesten Eingriffe: Zahnwurzelbehandlung auf Platz 1
Bei jeder medizinischen Behandlung bestehen Risiken. Bei einigen Behandlungen kommt es jedoch häufiger zu Problemen als bei anderen. Die MDK-Gemeinschaft listet solche Behandlungsfehler in ihrer Jahresstatistik auf. Als besonders riskant stellen sich dabei Zahnwurzelbehandlungen heraus.
Insgesamt 141 Mal kam es 2016 zu Behandlungsfehlern bei Wurzelspitzenresektionen und Wurzelkanalbehandlungen eines Zahnes. Damit stehen Wurzelbehandlungen auf Platz 1 der riskantesten Eingriffe. Platz 2 bis 9 belegen die folgenden Maßnahmen:
Platz | Eingriff | Anzahl Behandlungsfehler |
---|---|---|
1 | Zahnwurzelbehandlung | 141 |
2 | Implantation von Hüftgelenksprothese | 115 |
3 | Zahnersatzbehandlungen mit | 93 |
4 | Implantation von Kniegelenksprothesen | 88 |
5 | Versteifungsoperation an der Wirbelsäule | 66 |
6 | Zahnentfernung | 64 |
7 | Teilentfernung des Dickdarmes | 47 |
8 | Geschlossene Reposition eines Knochenbruchs und Fixation mit Platten oder Schrauben | 46 |
9 | Offene Reposition eines komplizierten Gelenkbruches | 42 |
10 | Weitere Operationen an der Wirbelsäule | 41 |
Die MDK-Gemeinschaft warnt allerdings davor, von dieser Statistik aus Rückschlüsse auf die Sicherheit und Versorgungsqualität der einzelnen Eingriffe zu ziehen.
Welcher Art sind die Behandlungsfehler?
Der häufigste Behandlungsfehler besteht darin, dass eine nötige Maßnahme überhaupt nicht durchgeführt wurde. Den medizinischen Gutachten zufolge betrifft das 40 Prozent aller festgestellten Fälle. Fast ebenso häufig, in 39 Prozent aller Fälle, wurde die Behandlung fehlerhaft durchgeführt. In 7 Prozent der Fälle wurde eine nicht indizierte, wenig erfolgversprechende Maßnahme gewählt, in 3 Prozent der Fälle eine kontraindizierte Behandlung. In 11 Prozent aller Fälle wurden Maßnahmen zu spät ergriffen.
Auf welches Fachgebiet entfallen die meisten Behandlungsfehler?
Wer ungern zum Zahnarzt geht, sieht seine Angst in der Top 10 der riskantesten Eingriffe vielleicht bestätigt. Tatsächlich entfallen die meisten vorgeworfenen Behandlungsfehler aber nicht auf den zahnmedizinischen Bereich. Zu den meisten Vorwürfen kommt es stattdessen in der Orthopädie und Unfallchirurgie. 4.944 Fälle wurden dem MDS im Jahr 2016 angezeigt, das sind 33 Prozent der Behandlungen. Gutachten bestätigten 1.217 dieser Vorwürfe.
Im Bereich der Inneren Medizin und Allgemeinmedizin kam es bei 12 Prozent aller Behandlungen zu Vorwürfen, das entspricht 1.762 Fällen. Medizinische Gutachter konnten 168 Vorwürfe in der Inneren Medizin und 86 gegenüber Allgemeinmedizinern bestätigen.
1.419 angezeigte Vorwürfe entfielen 2016 auf die Allgemein- und Viszeralchirurgie, 9 Prozent aller Behandlungen. In 344 Prozent der Fälle bestätigte sich der Vorwurf. Die Zahnmedizin inklusive Oralchirurgie und Kieferorthopädie liegt gleichauf: Auch hier wurden für 9 Prozent aller Eingriffe Behandlungsfehler angezeigt, insgesamt 1.314 Fälle. In 422 dieser Fälle lag laut Gutachten tatsächlich ein Behandlungsfehler vor.
In der Frauenheilkunde und Geburtshilfe kam es zu 1.110 Vorwürfen, das entspricht 7 Prozent aller Eingriffe. 260 dieser Vorwürfe ließen sich bestätigen. Auf den Pflegebereich entfielen 681 Vorwürfe, 4 Prozent aller Eingriffe. Davon bestätigte sich mehr als die Hälfte, 349 Fälle.
In allen weiteren medizinischen Fachgebieten wurden insgesamt 3.864 Vorwürfe wegen Behandlungsfehlern erhoben. Das sind 26 Prozent aller durchgeführten Eingriffe.
Folgende die 15 Fachgebiete mit den meisten Beanstandungen:
Fachgebiet | Fälle | festgestellte Fehler | Quote |
---|---|---|---|
Orthopädie und Unfallchirurgie | 4944 | 1217 | 0,246 |
Allgemein- und Viszeralchirurgie | 1419 | 344 | 0,242 |
Zahnmedizin | 1121 | 422 | 0,376 |
Frauenheilkunde und Geburtshilfe | 1110 | 260 | 0,234 |
Innere Medizin (ohne Schwerpunkt) | 765 | 168 | 0,22 |
Pflege | 681 | 349 | 0,512 |
Neurochirurgie | 578 | 138 | 0,239 |
Augenheilkunde | 424 | 106 | 0,25 |
Urologie | 390 | 107 | 0,274 |
HNO-Heilkunde | 380 | 67 | 0,176 |
Gefäßchirurgie | 329 | 94 | 0,286 |
Neurologie | 288 | 64 | 0,222 |
Innere Medizin und Kardiologie | 287 | 51 | 0,178 |
Allgemeinmedizin | 259 | 86 | 0,332 |
Anästhesiologie | 226 | 64 | 0,283 |
Viele Vorwürfe, Wenig Bestätigung
Insgesamt zeigt sich jedoch folgendes Bild: lediglich bei 23,6 % der Vorwürfe konnten Gutachter einen Fehler mit Schaden für den Patienten feststellen, in 3,4 % der Fälle lag ein Fehler ohne Schaden vor. Nur in einem Viertel der Fälle kann also von einem ärztlichen Fehler mit Haftung gesprochen werden. In der überwiegenden Mehrheit von 73 % lag jedoch gar kein Fehler vor und dies wurde gutachterlich bestätigt.
Quelle: MDK Behandlungsfehlerbegutachtung 2016
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