Viele Praxisinhaber/innen klagen über Probleme, Personal für ihre Praxen zu finden. Gerade die für die Patientenzufriedenheit und den reibungslosen Ablauf wichtigen MFAs sind schwierig zu finden. Dies macht die Rekrutierung von Quereinsteigern/-innen für Ärzte/Ärztinnen immer attraktiver. Dieser Beitrag gibt einen Überblick, was Ärzte/-innen beachten müssen, wenn sie erfolgreich Quereinsteiger/innen für ihre Praxis gewinnen wollen.
Warum Quereinsteiger?
Durch die zunehmende Zuspitzung des Personalmangels sind viele Ärzte/-innen gezwungen, die Suche nach Arbeitskräften auszuweiten. Quereinsteiger aus anderen Branchen kommen hier mit neuer Motivation und Lernbereitschaft gerade richtig. Durch die Corona-Pandemie haben beispielweise viele Betriebe im Hotel- und Gastronomiegewerbe schließen müssen. Die Angestellten sind meist offen für einen Berufsstart in einer neuen Branche und bringen oft schon viele wertvolle Kompetenzen mit.
Welche Berufsgruppen infragekommen
Wie oben erwähnt ist ein Beispiel für potenzielle Quereinsteigerbranchen die Hotel- und Gastronomiebranche. Durch den engen Menschenkontakt und das notwendige Organisationsvermögen bringen diese Bewerber/innen gute Voraussetzungen für die Arbeit in der Arztpraxis mit. Weitere Branchen sind etwa Erzieher/innen für die Kinderarztpraxis oder auch andere Berufsgruppen mit engem Kundenkontakt.
Eine weitere, nicht zu vernachlässigende Gruppe sind medizinische Fachkräfte. Unregelmäßige Arbeitszeiten, ein schlechter Personalschlüssel und mangelnde Wertschätzung veranlassen immer mehr Krankenpfleger/innen, sich nach Alternativen zur Arbeit im Krankenhaus umzuschauen. Wichtig ist bei der Präsentation als Arbeitgeber, die Vorteile bei der Arbeit im ambulanten Bereich wie geregelte Arbeitszeiten und die körperlich weniger belastende Tätigkeit hervorzuheben.
Rechtliche Fragen und Weiterbildungsmöglichkeiten
Die meisten Quereinsteiger/innen besitzen keine medizinische Vorbildung. Sie können jedoch mit Organisationstalent und geübtem Kundenkontakt punkten. Diese Fähigkeiten sind besonders bei der Arbeit am Empfang gefragt. Wichtig ist, diese Mitarbeiter/innen einen Kurs zumindest über die wichtigsten Notfälle und medizinischen Themen besuchen zu lassen. So kann die Dringlichkeit von Patientenanliegen besser beurteilt werden. Außer Telefonkontakt können diese Quereinsteiger/innen Aufgaben wie die Organisation der Sprechstunde, Personalmanagement und kaufmännische Organisationsaufgaben übernehmen.
Wenn die Praxis jedoch Bedarf an Personal hat, das medizinische Behandlungen wie Impfungen oder Blutabnehmen durchführen kann, reicht ein einfacher Kurs nicht aus. Hier bietet es sich an, entweder Krankenpfleger/innen oder anderes medizinische Personal zu rekrutieren oder alternativ die Quereinsteiger/innen zur MFA umzuschulen. Die normalerweise dreijährige Ausbildung kann je nach Vorerfahrung auf zwei Jahre verkürzt werden und auch berufsbegleitend absolviert werden. Da die Ausbildung oft sehr teuer ist, sollten sich Arbeitgeber und Mitarbeiter/in über Fördermöglichkeiten informieren. Hierzu kommt beispielsweise der Bildungsgutschein vom Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit in Frage.
Was eine Arztpraxis besonders attraktiv macht
Warum Quereinsteiger/innen als Arbeitnehmer/innen so attraktiv für Praxisinhaber/innen sind, ist oben klar geworden. Doch wie schafft es eine Arztpraxis, sowohl für Neubewerber/innen als auch für bereits angestelltes Personal möglichst attraktiv zu erscheinen?
Die Zielgruppe kennen
Der erste Schritt ist, die Zielgruppe zu kennen. Hierzu gehört vor allem die Antwort auf die Frage, warum die Quereinsteiger/innen in eine Arztpraxis wechseln sollten. Arbeitsplatzsicherheit und eine abwechslungsreiche Tätigkeit mit Menschenkontakt sind hier einige Beispiele. Aber auch das Alter, die Branche, aus der die Bewerber/innen stammen und die Wege, auf denen sie neue Stellen suchen sind wichtige Punkte. So kann sowohl das Angebot der eigenen Praxis überdacht und angepasst werden, aber auch die Medien, auf denen die Stellenanzeige geschaltet wird, ausgewählt werden. Vielleicht ist einigen vielversprechenden Kandidaten/-innen gar nicht klar, dass sie mit ihrer Ausbildung in einer Arztpraxis arbeiten können. Anzeigen, in denen die Zielgruppe explizit angesprochen wird und die Veröffentlichung in branchentypischen Portalen erweitern die Chancen erheblich.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, warum Bewerber/innen genau in dieser Arztpraxis anfangen sollten und nicht etwa bei ärztlichen Kollegen/-innen. Hintergrundrecherche bei den Online-Auftritten und Stellenanzeigen von Arztpraxen im Umkreis können helfen, einerseits Inspiration für die eigene Präsentation zu erhalten, als auch das Angebot der „Konkurrenz“ kennenzulernen und die Vorzüge der eigenen Praxis davon abzuheben.
Online-Präsenz
Heutzutage ist eine gelungene Online-Präsenz für die Personalakquise fast unabdingbar. Hierunter fällt jedoch nicht nur die Darstellung der eigenen Praxis und der Praxisleistungen, sondern auch dessen, was die Praxis potenziellen Bewerbern/-innen zu bieten hat. Wer einen extra Reiter baut, in dem das Team vorgestellt wird und die Aspekte dargestellt werden, die die Arbeitsstelle zu bieten hat, gewinnt deutlich. Besonders nahbar und menschlich wirkt das Team, wenn alle Teammitglieder mit Namen und Foto auf der Website gezeigt werden und die Möglichkeit erhalten, sich kurz vorzustellen. Dabei kann auch von jedem Mitglied ein Grund genannt werden, warum sie gerne in der Praxis arbeiten. Dies zeigt einerseits, dass alle Mitarbeitenden in der Praxis wertgeschätzt werden und sich auf Augenhöhe begegnen. Andererseits können Bewerber/-innen hier schon einen ersten Eindruck vom Arbeitsklima erhalten.
Ein weiterer wichtiger, oft vernachlässigter Punkt bei der Online-Präsenz ist, überhaupt erst in den Suchmaschinen-Ergebnissen aufzutauchen. Wessen Praxis in den Top-5 landet, hat deutlich bessere Chancen bei Bewerbern/-innen. Dafür sollte die Website regelmäßig upgedated werden und möglichst informativ sein. Auch kurze Informationstexte zu Krankheiten oder Behandlungsmethoden helfen hierbei. Dies ist auch eine gute Möglichkeit, die eigene Praxisphilosophie zu präsentieren. Dies hilft Patienten/-innen genauso wie möglichen Quereinsteigern/-innen, die Praxis und das Team schon vor der Bewerbung oder dem Praxisbesuch ein wenig kennenzulernen.
Benefits
Heutzutage spielt das Gehalt zwar immer noch eine wichtige Rolle bei der Arbeitgeberwahl, jedoch legen Fachkräfte immer mehr Wert auf sogenannte Benefits. Dies sind all die Faktoren, die kein direktes Gehalt darstellen, jedoch auf andere Weise eine Stelle attraktiver machen. Typische Beispiele sind:
- flexible Arbeitszeiten
- Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen
- Monatsgehalt
- Homeoffice
- Teilzeit
- Unterstützung bei Job-Tickets
- Fitnessstudio-Mitgliedschaft
- Beteiligung am Praxisgewinn
- Kinderbetreuung
Welche davon umsetzbar und auch gewünscht sind, ist sehr individuell. Gerade die nicht-finanziellen Benefits machen einen Arbeitsplatz jedoch besonders attraktiv, da so eine bessere Work-Life-Balance aufrechterhalten werden kann.
Viele Ärzte/-innen fragen sich, warum finanzielle Benefits genannt werden, wo sie jedoch auch mit einem höheren Gehalt abgegolten werden könnten. Am Beispiel von Fitnessstudio und Job-Ticket zeigt eine Unterstützung durch den Arbeitgeber jedoch einerseits, dass sowohl Freizeit als auch Gesundheit der Mitarbeiter/innen respektiert und gefördert werden. Andererseits drückt es aus, dass ein gewisses Umweltbewusstsein und das Verständnis dafür bestehen, dass der Arbeitsweg oft sehr zeitaufwendig und kostspielig ist. Nicht zu vernachlässigen sind Gruppenrabatte, die ermöglichen, die so geschätzten Benefits zu einem sehr günstigen Preis anzubieten. Es lohnt sich also, sowohl über monetäre als auch ideelle Benefits nachzudenken, um die eigene Praxis als Arbeitsplatz möglichst attraktiv erscheinen zu lassen.
Teambuilding
Der Punkt des Teambuildings fällt zwar eher in den Bereich der Mitarbeiterführung. Jedoch erkennen Bewerber/innen eine schlechte Arbeitsatmosphäre meist schon beim Probearbeiten und sie davon abhalten, sich für die Stelle zu entscheiden. Oft gehört nicht viel dazu, ein gutes Arbeitsklima zu schaffen und aufrecht zu erhalten: ein regelmäßiges (in angemessenen Abständen) Zusammenkommen nach der Arbeit und planmäßige Mitarbeitergespräche in festen Intervallen können schon viel erreichen. Der Zusammenhalt kann durch Aktivitäten wie Escape-Rooms oder Klettergärten punktuell noch weiter gestärkt werden. Das Team ist der Kern der Praxis und schlechte Stimmung wird sich auf die Patientenzufriedenheit genauso auswirken, wie auf die der Mitarbeiter/innen und langfristig zu Kündigungen und schwer zu besetzenden Stellen führen.
Worauf man bei der Bewerberauswahl achten sollte
Wenn die Praxispräsentation erfolgreich verlaufen ist und sich möglicherweise sogar mehrere Bewerber/innen für die Stelle interessieren, stellt sich die Frage, woran man die richtige Person erkennt. Bei medizinischen Fachkräften erscheint dies deutlich leichter, hier kann man sich auf Berufserfahrung und Referenzen von anderen Arztpraxen berufen. Wenn es sich jedoch um Quereinsteiger/innen handelt, sieht das ganze schwieriger aus.
Zuallererst sollte man sich bewusst sein, wie genau die Stelle aussieht, die frei ist. Sucht man nur jemanden, der oder die für die Rezeption zuständig ist oder sind auch andere Kompetenzen oder sogar langfristig die Übernahme medizinischer Tätigkeiten vonnöten? Wichtig ist zu beachten, dass Wissen erlernt werden kann, wenn genug Motivation vorhanden ist, Einfühlungsvermögen und emotionale Intelligenz jedoch nicht so einfach. Daher sollte es in erster Hinsicht um die sozialen Kompetenzen gehen. Wenn diese vorhanden sind, kann weiter nach Motivation und Lernbereitschaft ausgewählt werden. Auch andere Kompetenzen wie Belastbarkeit, Selbstorganisation und Offenheit sollten nicht fehlen.
Am wichtigsten ist jedoch, dass die Person gut ins Team passt und einfühlsam mit Patienten/-innen umgeht. Dies kann am besten an einem Probetag herausgefunden werden. Dabei sollte eine klare Bezugsperson für den Tag definiert werden. Sie sollte die Praxis möglichst gut kennen und zeigt der/m Bewerber/in den typischen Tagesablauf und die dazugehörigen Aufgaben. So kann sie sich einen ersten Eindruck von der Quereinsteigerin/dem Quereinsteiger machen und einschätzen, ob sie oder er gut ins Team und die Praxis passen würde.
Wo man Quereinsteiger/innen finden kann
Die freie Stelle sollte möglichst schnell per Online-Suche zu finden sein. Eine Information hierzu auf der Internetseite ist daher Pflicht, auch in den Praxisräumen kann hierauf – dezent – aufmerksam gemacht werden. Für alle Anzeigen sollte erkennbar sein, dass auch Quereinsteiger/innen willkommene Bewerber/innen sind, am besten schon im Titel, zum Beispiel „Medizinische/r Fachangestellte/r / Quereinsteiger/in Empfang für Hausarztpraxis mit naturheilkundlichem Schwerpunkt gesucht“. Beispiele für mögliche Branchen, aus denen Bewerber/innen in Frage kommen, können gut im Anzeigentext gegeben werden, um so Unklarheiten zu beseitigen. Diese Stellenausschreibungen können einerseits in Medizin-Jobportalen veröffentlicht werden. Um jedoch auch Bewerber/innen zu erreichen, die bisher die Medizinbranche nicht in Erwägung gezogen haben, sollte die Anzeige möglichst auch in nicht Medizin-spezifischen Portalen geschaltet werden. Auch klassische Medien wie die Zeitung bieten sich an. Wer über ein Social-Media-Profil für die Praxis verfügt, kann hier darauf aufmerksam machen. So kann eine große Bandbreite an Publikum erreicht werden. Allgemein ist es wichtig, sich möglichst breit aufzustellen, da Quereinsteiger/innen oft nicht so spezifisch suchen wie MFAs.
Fazit
Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels wird es immer schwieriger, MFAs für Arztpraxen zu finden. Es lohnt sich, in das eigene Team zu investieren und Quereinsteiger/innen eine Chance zu geben. Oft bringen diese wertvolle Fähigkeiten für die Stelle mit oder sind sogar bereit, sich zur MFA weiterbilden zu lassen. Damit sich die richtigen Kandidaten/innen auf eine freie Stelle in der eigenen Praxis bewerben, muss diese attraktiv und auch gut zu finden sein. Die eigene Homepage ist dabei der Ausgangspunkt, die Annoncierung in großen Portalen, wie zum Beispiel Medi-Karriere, die Stellenbörse für das Gesundheitswesen, bietet jedoch die nötige Reichweite, um den/die richtige Peron für die Stelle zu finden.