
„Drum prüfe wer sich ewig bindet“, lautet ein bekanntes Schiller-Zitat. Im übertragenen Sinne trifft das auch auf das Thema Probearbeit zu. Bevor ein festes Arbeitsverhältnis eingegangen wird, soll im Rahmen einer „Schnupperarbeit“ oder eines „Try-out“ festgestellt werden, ob ein/e Bewerber/in auch tatsächlich „passt“. Bei Stellenbesetzungen in Arztpraxen wird die Arbeit auf Probe immer beliebter. Dabei gibt es für Praxisinhaber/innen allerdings einiges zu beachten. Mehr Infos dazu bietet der nachfolgende Beitrag.
Warum ist Probearbeit ein sinnvolles Instrument beim Praxis-Recruiting?
Die Arbeit auf Probe besitzt Vorteile für beide Seiten – für Praxisinhaber/innen und für Bewerber/innen. Es ist eine Chance, sich vor einem festen Arbeitsverhältnis gegenseitig besser kennenzulernen – sozusagen unter Echtbedingungen.
Ein Vorstellungsgespräch findet immer in einer künstlichen Atmosphäre statt. Der dort vermittelte Eindruck muss zwangsläufig unvollständig bleiben. Ob ein/e Bewerber/in die gestellten Anforderungen tatsächlich erfüllt und sich gut ins Praxisteam einfügt, zeigt sich erst beim Probearbeiten. Aber auch der/die Bewerber/in kann beim Try-out den möglichen künftigen Arbeitsplatz für sich austesten und feststellen, ob das Arbeitsklima stimmt. So sinkt für beide Seiten das Risiko einer „Fehlbesetzung“.
Wie ist die Arbeit auf Probe rechtlich einzuordnen?
Die Arbeit auf Probe ist gesetzlich nicht geregelt. Der rechtliche Rahmen wird vielmehr durch die Rechtsprechung abgesteckt. Danach handelt es sich um ein sogenanntes „Einfühlungsverhältnis“. Beiden Seiten soll die Gelegenheit gegeben werden, für kurze Zeit die Zusammenarbeit zu testen – als Grundlage für die endgültige Einstellungsentscheidung. Probearbeit ist noch kein Arbeitsverhältnis. Arbeitsrechtliche Bestimmungen finden keine Anwendung.
Entsprechend wird keine Arbeitsleistung geschuldet und darf von dem/der Praxisinhaber/in auch nicht eingefordert werden. Ebenso besteht kein Weisungsrecht. Dem steht nicht entgegen, dass der/die Bewerber/in während der Probearbeit mit kleineren Aufgaben betraut wird. Die Erledigung erfolgt freiwillig, worauf vor Beginn der Schnupperarbeit ausdrücklich hingewiesen werden sollte.
Wie lange darf gearbeitet werden und welche Arbeiten sind möglich?
Da kein Arbeitsverhältnis besteht, ist man bei Probearbeiten nicht an Arbeitszeiten gebunden. Das Try-out darf jederzeit beendet werden. Normalerweise erstreckt sich das Ausprobieren in Arztpraxen nur auf einen Tag, die Probearbeitszeit umfasst also nur wenige Stunden. Da sich die Praxisabläufe in der Regel nicht von Tag zu Tag grundlegend unterscheiden, sollte dieser Zeitraum genügen, um einen zutreffenden gegenseitigen Eindruck zu gewinnen. Probearbeiten ist aber grundsätzlich auch über mehrere Tage möglich.
Allerdings steigt dann das Risiko, dass die Tätigkeit rechtlich doch als Arbeitsverhältnis gewertet werden kann. Die Grenzen zwischen Probearbeiten und „echtem“ Arbeiten sind nämlich fließend. Für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses bedarf es nicht zwingend eines schriftlichen Arbeitsvertrags. Ein Arbeitsverhältnis kann auch durch mündliche Vereinbarung oder durch konkludentes Handeln zustande kommen. Probearbeitszeit ist im Übrigen nicht mit der Probezeit zu verwechseln – die ist klar rechtlich geregelt und eindeutig Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses.
Die Nähe zu einem Arbeitsverhältnis ist insbesondere dann gegeben, wenn während der Probearbeitszeit tatsächlich gearbeitet wird und der/die Bewerber/in auch anspruchsvollere Aufgaben übernimmt. Probearbeiten sollten daher einfache Tätigkeiten umfassen und das auch nur exemplarisch, nicht als Routine – zum Beispiel eine einzelne Blutabnahme, Assistenz bei einer Untersuchung, „über die Schulter schauen“ bei der Datenerfassung am Computer usw.
Welche Regelungen gelten bezüglich Vergütung und Sozialversicherungspflicht?
Da beim Try-out keine „echten“ Arbeitsleistungen erbracht werden, besteht kein Anspruch auf Vergütung oder auf Sozialversicherung. Der/die Praxisinhaber/in muss das Einfühlungsverhältnis weder dem Finanzamt noch Sozialversicherungsträgern anzeigen. Eine Vergütung des Arbeitens auf Probe ist unüblich. Es spricht aber nichts dagegen, dem/der Bewerber/in nach beendigter Schnupperarbeit eine kleine Aufwandentschädigung – zum Beispiel zur Abdeckung von Fahrtkosten – oder eine Anerkennung in Geldform zukommen zu lassen.
Was ist bezüglich der Unfallversicherung zu beachten?
Da kein Arbeitsverhältnis vorliegt, fällt das Probearbeiten normalerweise nicht in den Geltungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Nur wenn doch ein faktisches Arbeitsverhältnis besteht, greift der gesetzliche Unfallschutz. Der/die Praxisinhaber/in muss dann aber womöglich mit Regressforderungen rechnen, denn in der Regel ist das Arbeitsverhältnis dann nicht gemeldet worden. Ansonsten gilt: geschieht während des Probearbeitens ein Unfall, ist – sofern vorhanden – die private Unfallversicherung des/der Probanden/in zuständig.
Wer haftet bei Schäden im Rahmen der Probearbeitszeit?
Wenn der/die Bewerber/in am Probearbeitstag einen Schaden in der Praxis verursacht, muss er bzw. sie auch dafür aufkommen. Das ergibt sich aus der allgemeinen gesetzlichen Haftpflicht. Ein solcher Schaden entsteht schnell – durch Unachtsamkeit, ein Versehen oder ein Versäumnis. Wenn eine private Haftpflichtversicherung besteht, leistet diese Schadensersatz. Auch wenn die meisten Schadenereignisse Bagatellen sind, sollte man sich als Praxisinhaber/in vergewissern, dass ein solcher Versicherungsschutz vorhanden ist.
Probearbeiten: Am besten schriftlich vereinbaren
Das Probearbeiten kann mündlich vereinbart werden, es besteht kein Schriftformerfordernis. Trotzdem ist eine schriftliche Vereinbarung wegen der Rechtssicherheit sinnvoll. In der Vereinbarung sollten alle wichtigen Punkte des „Einfühlungsverhältnisses“ festgehalten werden, konkret:
- Probearbeitszeit bzw. -dauer
- Hinweis auf Freiwilligkeit der Tätigkeit – keine Weisungsbefugnis, kein Vergütungsanspruch
- Erklärung zur Unfallversicherung – kein gesetzlicher Unfallschutz
- Forderung des Nachweises eines privaten Haftpflichtschutzes
- Hinweis auf Schweigepflicht und Datenschutz.