Bietet ein privates oder ein öffentliches Krankenhaus die besseren Zukunftsaussichten? Bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz können sich Ärzte und Pflegekräfte unter anderem an wirtschaftlichen Kennzahlen orientieren. Diese lassen nicht nur Rückschlüsse auf das Entwicklungspotenzial der Einrichtungen zu, sondern wirken sich auch auf die Arbeitsbedingungen aus. Eine Benchmarking-Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC stellt die wirtschaftlichen Kennzahlen privater und öffentlicher Häuser gegenüber.
PwC Benchmarking-Studie untersucht die finanzielle Lage von Krankenhäusern
Die Zufriedenheit mit der Krankenhausversorgung in Deutschland ist hoch, wie das PwC Healtcare-Barometer zeigt: Drei Viertel der Patienten schätzen die Versorgung in den Kliniken als gut oder sehr gut ein – und das trotz des herrschenden Fachkräftemangels. Der führt dazu, dass sich Ärzte und Pflegekräfte ihren Arbeitsplatz weitgehend frei aussuchen können.
Die meisten Arbeitsplätze für Ärztinnen und Ärzte stellt aktuell der öffentliche Sektor: Laut der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft arbeiten derzeit 92.480 Mediziner in öffentlichen Krankenhäusern, 48.591 in freigemeinnützigen Häusern und 26.881 in privaten Einrichtungen. Doch welche Einrichtung bietet ihnen die besten Perspektiven und attraktive Arbeitsbedingungen? Die PwC Benchmarking-Studie „Krankenhäuser im Vergleich – Kennzahlen 2020“ betrachtet die wirtschaftliche Lage von mehr als 100 deutschen Kliniken in privater, öffentlicher und gemeinnütziger Trägerschaft und bietet wertvolle Anhaltspunkte für die Auswahl des zukünftigen Arbeitsorts.
Das Ergebnis: Im Vergleich der finanziellen Situation wird der Abstand zwischen privaten und öffentlichen Krankenhäusern immer größer. Die um Abschreibungen und Fördermittel bereinigte Umsatzrentabilität (EBITDA-Quote) der privaten Einrichtungen liegt bei 7,8 Prozent. Bei den freigemeinnützigen Häusern erreicht sie 2,6 Prozent, bei den öffentlichen Kliniken liegt sie sogar im Minusbereich (-4,4 Prozent).
Case-Mix-Index: Private Kliniken arbeiten effizienter
Die Studie zeigt weiterhin, dass private Kliniken sowohl am wirtschaftlichsten als auch am effizientesten arbeiten. So liegt etwa die Material- und Personalaufwandsquote bei 84,2 Prozent, bei den öffentlichen Häusern erreicht sie dagegen 92,1 Prozent. Das bedeutet, dass von 100 Euro nur knapp acht Euro in die Finanzierung, die IT-Ausstattung und die Instandhaltung investiert werden.
Ähnlich gut schneiden die privaten Einrichtungen ab, wenn man den Case-Mix-Index der Krankenhäuser vergleicht. Der Case-Mix-Index setzt die durchschnittliche Schwere der behandelten Fälle in Verbindung zum ökonomischen Ressourcenaufwand. Private Kliniken erzielen hier die höchste Produktivität. Die PwC-Analysten vermuten, dass die bessere Bau- und Dateninfrastruktur den privaten Häusern ein effizienteres Arbeiten erlaubt.
Auch im Bereich Ausstattung haben private Einrichtungen die Nase vorn. Ihre technologische Ausstattung ist denen in öffentlichen Krankenhäusern im Durchschnitt um fünf bis zehn Jahre voraus. Die auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtete Arbeitsweise privater Klinikkonzerne kann jedoch dazu führen, dass seltene und hochspezialisierte Behandlungsmethoden kaum zum Einsatz kommen, da sie als unwirtschaftlich gelten. Das muss nicht zwangsläufig zulasten der Behandlungsqualität gehen, schränkt Ärzte aber eventuell in ihrer medizinischen Freiheit ein.
Welche Einrichtungen punkten mit einem besseren Arbeitsumfeld?
Selbstverständlich sind bei der Auswahl des Arbeitgebers nicht nur wirtschaftliche Faktoren zu beachten. Wie profitabel Krankenhäuser arbeiten, wirkt sich jedoch auf die Arbeitsqualität aus. Öffentliche Einrichtungen stehen der PwC-Analyse zufolge unter einem hohen wirtschaftlichen Druck. Die Folge sind Einsparmaßnahmen, notwendige Investitionen und Modernisierungsmaßnahmen werden verschoben. Die stark wirtschaftlich orientierte Denkweise großer privater Klinikkonzerne andererseits kann sich negativ auf die Versorgungsqualität auswirken: Hohe Renditeerwartungen setzen die Ärzteschaft unter Druck, weniger Zeit für die Versorgung aufzubringen und teure Behandlungsmethoden zu vermeiden.
Arbeitsatmosphäre und Arbeitskultur sind weitere wichtige Kriterien für die Auswahl des zukünftigen Arbeitsplatzes. Rückmeldungen von jungen Medizinern lassen darauf schließen, dass insbesondere öffentliche Krankenhäuser stärker hierarchisch geprägt sind. In privaten Kliniken steht statt einer strikten Hierarchie eher das Erreichen definierter Arbeitsziele im Vordergrund. Private Häuser beschreiten zudem häufig neue Wege in der medizinischen Ausbildung und arbeiten eng mit medizinischen Hochschulen zusammen. Das erlaubt es den Studierenden, früher mit der praktischen Arbeit zu beginnen.
Schließlich hängt die Auswahl des Arbeitgebers auch von der eigenen Fachrichtung ab. Private Einrichtungen bevorzugen in der Regel Beschäftigte aus Fachrichtungen, die als profitabel angesehen werden. Mediziner aus einem als wenig profitabel geltenden Fachgebiet haben an einem öffentlichen oder gemeinnützigen Krankenhaus eventuell bessere Chancen auf eine Anstellung.