Die Situation in den Arztpraxen verschärft sich zusehends: in vielen Arztpraxen mangelt es an medizinischem Fachpersonal (MFA). Ein Praxisleitbild soll helfen, der Personallücke entgegenwirken und bewährte Fachkräfte auch halten zu können. Mehr dazu im folgenden Beitrag.
Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen
Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen ist ein weit verbreitetes und bekanntes Problem. Insbesondere der Fachkräftemangel in Arztpraxen bringt diese in Not: aufgrund der hohen Arbeitsbelastung bei nur geringem Einkommen finden sich kaum noch Medizinische Fachangestellte. Auf ausgeschriebene Stellen folgen kaum Bewerbungen. Immer weniger junge Menschen können sich daher für diesen Beruf begeistern.
Die bereits angestellten Medizinischen Fachangestellten können dem Patientenansturm nicht gerecht werden. Mehrbelastung führt dazu, dass sich Überstunden aufbauen, die sich aufgrund der Personalsituation nicht abbauen lassen. Einige Arztpraxen, die keine ausgebildeten Medizinischen Fachangestellten finden, suchen nun sogar Personal aus dem kaufmännischen Bereich, um ihren angestellten Fachkräften zumindest die in Arztpraxen anfallend Bürokratie abzunehmen.
Aus einer Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), veröffentlicht im August 2021, zum Thema „Fachkräftemangel in den Arztpraxen“, gehen folgende Ergebnisse hervor: Von 5.300 befragten Praxen hatten ungefähr 15 Prozent ein verkürztes Leistungsangebot aufgrund von Personalmangel angegeben. Zwei Drittel der Praxen rechnen auch künftig mit substanziellen Personalproblemen. Die Studie weist auch auf Abwanderungstendenzen des Fachpersonals hin: die befragten Ärzte/-innen gaben an, dass 54 Prozent der eigens ausgebildeten Fachkräfte in andere Berufe oder in Kliniken abwandern.
Der Blick in die Zukunft ist besorgt: Da es auch künftig immer schwieriger werde, freie Stellen zu besetzen, droht ein Aufnahmestopp für Patienten/-innen, da eine zufriedenstellende Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet werden könne.
Der Einfluss eines Praxisleitbildes
Praxisleitbilder dienen dazu, das Profil eines Unternehmens zu schärfen und ihre Mitarbeitenden durch überzeugende Werte und Visionen an sich zu binden, indem sie die Mitarbeitenden verstehen lassen, wofür die Organisation steht und welche Ziele verfolgt werden. Durch das gemeinsame Verständnis lässt sich die Motivation im Team steigern und das Zusammengehörigkeitsgefühl fördern und den Zusammenhalt stärken. Auf die Patienten/-innen hat das Praxisleitbild eine vertrauensfördernde Wirkung, was ein wichtiges Differenzierungspotenzial zu anderen Praxen darstellt.
Ein Praxisleitbild definiert, wie sich eine Arztpraxis und das dazugehörige Team nach außen präsentiert:
- Das Praxisleitbild informiert über die Haltung und Leistungen des Gesundheitsunternehmens
- Als Grundlage externer Kommunikationsmaßnahmen prägt es das Image einer Praxis
- Es grenzt das Unternehmen von Mitbewerbern ab
- Das Leitbild gibt Patienten/-innen sowie potenziellen Bewerbern/-innen einen Einblick in die Kultur und Werte der Praxis. Potenzielle Bewerber/innen, die sich von den Werten und Zielen des Unternehmens angesprochen fühlen, werden angezogen
Durch ein Praxisleitbild ist für die Teammitglieder eine klare Anweisung und Orientierung im Handeln gegeben – Entscheidungshilfen und einen gültigen Handlungsrahmen werden hierdurch geboten. Es beschreibt die gelebten und angestrebten Werte. Mit einem gemeinsam entwickeltem und gelebten Praxisleitbild wird versucht die Mitarbeiterbindung zur Einrichtung zu erhöhen.
Vorteile Praxisleitbild
Die Entwicklung eines Praxisleitbildes bietet viele Vorteile. Im Folgenden zusammengefasst zu nennen sind unter anderem:
- Stärkung der Mitarbeiterzufriedenheit
- Recruiting
- Orientierung darüber, wofür die Praxis steht, welche Ziele verfolgt und wie sie erreicht werden sollen
- Schaffen einer Identifikation von innen und außen
- Stärkung der Mitarbeiterzugehörigkeit mit der Arztpraxis, wenn sie die Mitarbeitenden mit dem Leitbild identifizieren können, wodurch sich die Mitarbeitenden dann eher für die Erreichung der Praxisziele einsetzen
- das Praxisbild fördert den Zusammenhalt, erleichtert die Kommunikation und stellt die Basis für Entscheidungen dar
Ein Praxisleitbild wirkt sich zudem auch positiv auf den Bewerbermarkt aus und kann einer Personallücke entgegenwirken. Ein Praxisleitbild kann das Arbeitgeberimage stärken – mit klaren Zielen und mitreißenden Visionen kann eine Arztpraxis als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden und von anderen Arbeitspraxen herausstechen.
Beispiel eines Praxisleitbildes
Beispiele für Leitsätze für ein Praxisleitbild können unter anderem sein:
- Arbeits- und Kompetenzfelder: Wir bieten eine ärztliche Versorgung an, in der wir unsere Patienten/-innen qualitativ hochwertig behandeln und sie bei Bedarf zum Spezialisten überweisen
- Informieren und Kommunizieren: Wir informieren und kommunizieren transparent, verständlich und auf Augenhöhe mit unseren Patienten/-innen und Mitarbeitenden.
- Personal und Führung: Wir wertschätzen unsere Mitarbeiter/-innen und achten auf ein angenehmes Arbeitsklima und eine gute Work-Life-Balance.
- Gesundheit und Sicherheit: Wir setzen uns für die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeitenden und Patienten/-innen ein und fördern eine gesunde Lebensweise
Knappe Formulierungen der Leitsätze tragen dazu bei, ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Zusätzliche Formulierungen wie „Wir“, „Zusammen“, „effektiv“ deuten auf den Teamgedanken der Praxis hin. Hierdurch kann sich eine Praxis erfolgreich im Wettbewerb positionieren und Mitarbeiter/-innen für sich gewinnen und auch halten.