Eine positive Unternehmenskultur kann für Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen ein ...

Das praktische Jahr (PJ) stellt den letzten Abschnitt des Medizinstudiums dar – unter Anleitung und Aufsicht von Ärztinnen und Ärzten können Studierende ihre Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen. Fest steht: Studierende im Praktischen Jahr sind noch keine approbierten Ärztinnen und Ärzte. Die genauen Aufgaben sind leider auch in der Approbationsordnung nicht eindeutig definiert. Was ist erlaubt? Wo liegen die Grenzen der delegierbaren Aufgaben?
Das Praktische Jahr – Ausbildungsziele
Gemäß Paragraph 3, Absatz 4 der Approbationsordnung steht in Bezug auf das Praktische Jahr die Ausbildung am Patienten im Mittelpunkt. Die während des vorhergehenden Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sollen vertieft und erweitert werden, so heißt es. „Zu diesem Zweck sollen sie entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen“.
Der Umgang mit Patientinnen und Patienten soll geübt werden und eine Vorbereitung auf die zukünftige selbstständige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss des Medizinstudiums darstellen. Im Umkehrschluss bedeutet das: PJ-Studierende dürfen nicht als vollwertige Ärztinnen und Ärzte selbstständig tätig sein, weil sie – auch am Ende ihres Studiums – noch keine Ärztinnen und Ärzte sind.
Approbationsordnung – die rechtliche Grauzone
Da in der Approbationsordnung die PJ-Aufgaben nicht eindeutig festgelegt bzw. aufgeführt worden sind und der oben genannte Paragraph als eine eher dehnbare und zum Teil schwammige Formulierung hervor geht, befinden sich sowohl die Ärzteschaft als auch die PJ-Studierenden im klinischen Alltag in einer rechtlichen Grauzone; die Grenze zwischen legal und illegal verläuft hierbei fließend.
Delegation ärztlicher Leistungen: Delegationsfähige Aufgaben
Sofern die Tätigkeiten, die verrichtet werden, von der delegierenden Ärztin/dem delegierenden Arzt erlaubt werden, sind PJ-Studierende rechtlich abgesichert.
Zu den delegationsfähigen Aufgaben zählen unter anderem:
- Anamnesevorbereitung
- Überprüfung der Anamnesevorbereitung in Zusammenarbeit mit der Ärztin/ dem Arzt
- Patientenaufklärung (in Anwesenheit der Ärztin/ des Arztes)
- Dauerkatheter-Wechsel
- Durchführung von EKG (Überprüfung und Befundung durch eine Ärztin/ einen Arzt)
- Lungenfunktion (Überprüfung und Befundung durch eine Ärztin/ einen Arzt)
- Ton- und Sprachaudiometrie oder ähnliche Messverfahren (Überprüfung und Befundung durch eine Ärztin/ einen Arzt)
- Impfungen
- Infusion (Ärztin/Arzt in Rufweite)
- Intravenöse Injektion mit der Ärztin/dem Arzt in Rufweite
- Intramuskuläre Injektionen
- Subkutane Injektionen
- Pricktest (Ärztin/Arzt in Rufweite)
- Wundversorgung, wenn es sich um unkomplizierte Wunden handelt
- Versorgung komplizierter Wunden, nur dann, wenn eine regelmäßige ärztliche Kontrolle gewährleistet werden kann
- Assistenz und Durchführung unter Aufsicht bei invasiven Maßnahmen (z.B. Aszitespunktion)
- zweite oder dritte Assistenz bei Operationen
Die genannten delegationsfähigen Tätigkeiten sind nur dann erlaubt auszuüben, wenn die/der PJ-Studierende über eine ausreichende Qualifikation verfügt. Das Praktische Jahr soll den beruflichen Einstieg in das Arztleben erleichtern auf die nach dem Medizinstudium stattfindende selbstständige Tätigkeit vorbereiten. Aus diesem Grund sollen PJ-Studierende nicht als günstige Aushilfskräfte zum Einsatz kommen und Tätigkeiten, wie beispielsweise reine Botendienste, Büro- und Kopiertätigkeiten ausüben, sondern Aufgaben verrichten, die die praktische Ausbildung fördern.
Delegation ärztlicher Leistungen: Nicht delegationsfähige Aufgaben
Nicht delegationsfähig und demnach in jedem Fall ausschließlich von einer approbierten Ärztin/ einem approbierten Arzt durchzuführen sind unter anderem folgende Tätigkeiten:
- Verschreibung von Arzneimitteln
- Anamnesegespräch führen (die Anamnesevorbereitung kann als PJ-Aufgabe betrachtet werden während die Anamneseerhebung eine ärztliche Tätigkeit darstellt)
- Gespräche mit Angehörigen führen
- Patientenaufklärung (nur delegationsfähig, wenn man als Ärztin/Arzt anwesend ist)
- Begutachtung
- Beratung
- Beurteilung von komplizierten Wunden
- Stellen von Diagnosen
- Indikationsstellung
- invasive Therapien (z.B. Operationen)
- Treffen von Therapieentscheidungen
- Transfusionen durchführen
- Zentralvenöse Katheter Zugänge (ZVK) legen
- Kommunikation mit anderen ärztlichen Fachabteilungen
- Konsilmanagement
- Arztbriefe schreiben (wenn die Ärztin/der Arzt Arztbriefe gegenliest, kann es auch als delegationsfähige PJ-Aufgabe betrachtet werden)
PJ-Tätigkeiten in Abhängigkeit vom Ausbildungsstand
Die Delegation an Studierende im Praktischen Jahr ist mit Sorgfalt abzuwägen und richtet sich nach dem jeweiligen Ausbildungsstand der PJ-Studierenden/ des PJ-Studierenden. Es sollte im Einzelfall entschieden werden, ob eine zugewiesene ärztliche Verrichtung ausgeübt werden kann oder nicht. Erfahrene Studierende mit sehr gutem Ausbildungsstand dürfen komplexere Tätigkeiten ausüben als unerfahrene Studierende. Wenn möglich, sollte im besten Fall, jedem PJ-Studierenden eine betreuende Ärztin/ ein betreuender Arzt zugewiesen werden.
Als Betreuer/in ist man über die Stärken und Schwächen der Studierenden/ des Studierenden informiert, verfolgt die Lernkurve und kann – in Abhängigkeit des aktuellen Ausbildungsstandes – zwischen Patientengefährdung und Wahrung der Patientensicherheit abwägen. Zugleich kann der Druck, die vorliegenden Belastungen und Herausforderungen meistern zu müssen, den Studierenden genommen werden. Darüber hinaus sollten PJ-Studierende selbstkritisch reflektieren können, ob sie sich eine Aufgabe zutrauen oder nicht.
Wichtig ist auch, sich vor jedem Tätigwerden einer ärztlichen Aufgabe beim Anweisenden und bei den Anwesenden mit Namen und Qualifikation vorzustellen, damit auf keinen Fall der Anschein erweckt werden könnte, man sei approbierter Arzt, anstatt Studierende/r im Praktischen Jahr.
PJ-Aufgaben – Haftung und Verantwortung
PJ-Studierende dürfen ärztliche Verrichtungen nur dann durchführen, wenn diese ihnen zugewiesen worden sind. Alle Maßnahmen sind unter Anleitung und Aufsicht der auszubildenden Ärztin/ des auszubildenden Arztes durchzuführen. Eine persönliche Haftung kann der verantwortlichen auszubildenden Ärztin/ dem verantwortlichen auszubildenden Arzt zuteilwerden, wenn:
- eine Aufgabe übertragen wird, welcher die/der PJ-Studierende erkennbar nicht gewachsen ist
- die Aufsichtspflicht vernachlässigt wird
- der/dem PJ-Studierende/n ein Fehler widerfährt
Es wird empfohlen, interne auf das jeweilige Krankenhaus abgestimmte Vorgaben, zum Beispiel in Form von Lernzielkatalogen, für PJ-Studierende festzulegen. Hier können juristisch geprüfte Empfehlungen zu delegierbaren Tätigkeiten aufgezählt werden und eine rechtliche Entlastung darstellen.
1. ESB Professional/shutterstock.com