Als Arztzeit bezeichnet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Zeit, die ...

Gerade auf dem Land – aber nicht nur dort – wird ein zunehmender Ärztemangel beklagt. Immer weniger Mediziner wollen sich auf die anstrengende Tätigkeit als Hausarzt im Dorf einlassen. Alte Ärzte gehen in Ruhestand, junge zieht es in die Stadt. Bieten Physician Assistants eine Lösung dort, wo es an Ärzten fehlt?
Physician Assistants – ein neuer Beruf
Physician Assistant – darunter können sich sicher nur wenige Bundesbürger etwas vorstellen. Selbst mit der deutschen Übersetzung „Arzt-Assistent“ oder „Medizin-Assistent“ verhält es sich nicht anders. Ist das so etwas wie eine qualifizierte Sprechstundenhilfe oder eine andere Bezeichnung für medizinisch-technischer Assistent? Tatsächlich sind Physician Assistants bislang in Deutschland eine Ausnahme. In den USA oder Großbritannien gibt es sie dagegen schon lange. Auch unsere niederländischen Nachbarn kennen sie bereits seit rund 15 Jahren.
Was Physician Assistants leisten – und was nicht
Arztassistent ist in der Bundesrepublik ein neuer Gesundheitsfachberuf, der im Rahmen eines Bachelor-Studiums erlernt werden kann. Ein Studium ist an mehr als einem halben Dutzend Hochschulen und Fachhochschulen möglich – die meisten davon privat. Eine Hochschulzugangsberichtigung ist Voraussetzung für das Studium, das regulär sechs Semester dauert. Das Angebot richtet sich aber nicht nur an Schulabgänger, sondern zum Teil auch an Kräfte, die bereits über Berufserfahrung im pflegerischen oder medizinisch-technischen Bereich verfügen und sich weiterentwickeln wollen.
Der Physician Assistant soll Aufgaben übernehmen, die bisher ausschließlich dem Arzt vorbehalten waren. Einsatzmöglichkeiten gibt es sowohl in einer freien Praxis als auch im Krankenhaus. Dabei gilt ein Grund-Prinzip: es muss sich um sogenannte „delegierbare Tätigkeiten“ handeln, die vom Arzt-Assistenten selbständig ausgeübt werden können.
Konkret geht es um folgende Aufgabengebiete:
- Prozessmanagement: Entwicklung, Durchführung und Überwachung nicht-medizinischer Prozesse im Rahmen einer ärztlichen Tätigkeit.
- Dokumentations- und Behandlungsmanagement: medizinische Dokumentation von Behandlungen und Steuerung der Umsetzung von Behandlungsplänen. Der Arzt-Assistent kann zum Beispiel Arztberichte vorbereiten.
- Tätigkeiten am Patienten: Übernahme von delegierbaren Tätigkeiten bei der Patienten-Versorgung. Wo hier genau Möglichkeiten und Grenzen liegen, muss letztlich jeder Arzt in seiner Verantwortung entscheiden. Grundsätzlich nicht delegierbar sind Anamnese, Indikationsstellung, Patienten-Untersuchung, Diagnosen Therapie-Entscheidungen, komplexe und zentrale Behandlungsleistungen.
Kein „Arzt light“
Daraus wird bereits deutlich, dass der Schwerpunkt der Arbeit eines Physician Assistants im administrativen und prozessorganisatorischen Bereich liegt. Hier ist tatsächlich eine nachhaltige Entlastung des Arztes möglich. Einsatzmöglichkeiten in ärztlichen Kernbereichen sind dagegen de facto ausgeschlossen. Die Tätigkeit des Arzt-Assistenten am Patienten bleibt weitgehend auf Routine-Aufgaben und Dokumentation beschränkt. Es handelt sich also ausdrücklich nicht um eine Art „Arzt light“ für die Wehwehchen des Alltags. Der Physician Assistant kann – wie die Berufsbezeichnung zum Ausdruck bringt – den Arzt unterstützen, aber nicht an seine Stelle treten.
Zwiespältige Haltung der Ärzteschaft
Seitens der Ärzte selbst stößt das neue Berufsbild „Physician Assistant“ nicht auf ungeteilte Zustimmung. Zwar wünschen sich die meisten Ärzte, von lästigen Verwaltungs- und Dokumentationsaufgaben entlastet zu werden, um mehr Zeit für ihre Patienten zu haben. Insofern könnten Physician Assistants tatsächlich eine echte Hilfe bieten. Auf der anderen Seite wird aber auch eine mögliche Konkurrenz befürchtet. Gerade dort, wo Ärztemangel herrscht, könnten sich nach dem Motto „Not macht erfinderisch“ Ansatzpunkte bieten, dem Arztassistenten künftig klassische ärztliche Aufgaben zuzuweisen, befürchten insbesondere Standesvertreter. Daher achtet man bisher seitens der Ärzteschaft streng darauf, dass es bei dem Delegationsprinzip bleibt.
Keine generelle Lösung für Ärztemangel
Solange das so ist, können mehr Physician Assistants nicht die generelle Antwort auf drohenden Ärztemangel sein – schlicht, weil sie den Arzt nicht ersetzen können. Sie leisten allerdings einen Beitrag, dass ein Arzt zusätzliche Kapazitäten gewinnt, um sich seinen Patienten zu widmen. Insofern bietet ihr Einsatz durchaus eine gewisse Entlastung, wo die ärztliche Versorgung bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Wenn eine noch größere Akzeptanz des Berufsmodells seitens der Ärzteschaft selbst bestünde, wäre das sicher für die „Breitenwirkung“ von Arzt-Assistenten förderlich. Dazu muss das Berufsbild auch noch bekannter werden.