
Die Zahl der Patienten steigt, die der Pflegekräfte wächst nicht schnell genug. Vor allem in der Intensivpflege kann jedes zweite Krankenhaus vakante Stellen nicht besetzen. Ein neues Gesetz soll Abhilfe schaffen.
Laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hatten 53 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland im zweiten Halbjahr 2016 Probleme damit, Pflegestellen auf Intensivstationen zu besetzen. Im gesamten Bundesgebiet fehlte geeignetes Personal für rund 3150 offene Stellen. Trotz der personellen Engpässe sei die Versorgung der Patienten “objektiv gut”, suggeriert eine im Auftrag der DKG durchgeführte Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), für die 1.200 Krankenhäuser befragt wurden. Sie legt nahe, dass Pflegekräfte auf Intensivstationen im Jahr 2015 pro Schicht durchschnittlich 2,2 Patienten zu versorgen hatten. Somit liege die tatsächliche Personalbesetzung auf Intensivstationen in etwa beim von der Fachgesellschaft Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) empfohlenen Pflegekraft-zu-Patienten-Verhältnis von 2 Fällen pro Pflegekraft und Schicht.
Das aktuelle Ergebnis der DKI-Studie überrascht, schließlich ist der Personalmangel auf Intensivstationen seit 2009 ein mehrfach belegtes Problem. Deshalb warnt auch die DKG, dass die näherungsweise erreichten Zahlen nicht als Entwarnung gewertet werden dürften. Perspektivisch gesehen würde die Zahl offener Stellen in der Pflege zukünftig noch steigen, auch weil etliche Pflegekräfte das Rentenalter erreichten.
Liegt die Lösung bei der Politik?
Inzwischen hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das die Sicherstellung einer ausreichenden Personalbesetzung im Pflegedienst der Intensivstationen erwirken soll. Vorgesehen sind verpflichtende Untergrenzen für Pflegekräfte in sensiblen Krankenhausbereichen wie Intensivstationen oder auch im Nachtdienst. Konkrete Personaluntergrenzen sollen bis Ende Juni 2018 von der DKG und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen definiert werden.
Sollte es bis dahin keine Einigung geben, behält sich die Regierung vor, entsprechende Untergrenzen per Rechtverordnung zu beschließen. Zu Kontrollzwecken sieht der Gesetzgeber vor, dass Krankenhäuser die zuständigen Behörden über die Einhaltung der Personaluntergrenzen informieren. Die aufgrund der Untergrenzen für Pflegekräfte entstehenden Mehrkosten sollen durch den kürzlich eingeführten Pflegezuschlag und ein Pflegestellen-Förderprogramm abgefedert werden. Dadurch würden Kliniken zukünftig bis zu 830 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich erhalten.
Die DKG sieht das Untergrenzen-Gesetz als Gängelung. Wegen fehlender Bewerber und Finanzierung sei es nicht umsetzbar. Auch andere Verbände sehen den Personalmangel damit nicht automatisch gelöst. Die Gewerkschaft Verdi sieht das Problem als hausgemacht, Jobs für Pflegekräfte würden so schlecht bezahlt, dass die Bewerber wegblieben. Auch der Deutsche Pflegeverband meint, dass sich die Rahmenbedingungen in der Pflege grundlegend ändern müssten, um den personellen Engpässen beizukommen. Dazu zählen eine leistungsgerechte Bezahlung, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle sowie eine Reduzierung der Arbeitsbelastung.
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