Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat enormes Potenzial, denn sie bietet die ...

Nein, keine Sorge – das ist nicht der nächste haarsträubende Bericht über einen bemitleidenswerten Patienten, der unter Vollnarkose eine Awareness erleben musste und nun fürs Leben traumatisiert ist. Hier geht es um die Situation „Regionalanästhesie, Patient unsediert und 100% geplant wach“.
Es gibt ja Patienten, die stehen da drauf. Die wollen alles hören, alles mitkriegen, am liebsten ihren eigenen Monitor zum Life-Mitverfolgen der OP, und wenn das nicht geht, dann bitteschön ein Loch im OP-Tuch, sodass sie gucken können.
Da ich mich in solchen Situationen schon ein wenig fühle wie im Zoo, bin ich in solchen Momenten besonders dankbar, Sandmann zu sein, und kein Operateur. ICH würde ja jeden Satz, den ich im OP spreche, vorher zehnmal überdenken, um den armen Patienten nicht zu verunsichern.
Mit der Haltung bin ich jedoch wie es scheint, eher einsam unterwegs. Denn es gibt genug Momente, in denen ich mir ein rotes Fähnchen mit der Aufschrift
„Klappe halten – Patient ist wach!“ wünsche.
Paradebeispiel:
Varizenstripping bei einer jungen, fülligen Patientin mit mehr als nur feschen Wadln. Wie das Unglück es wollte, betrat ein redseliger Springer den Saal durch die flurseitige Türe, konnte also nur die untere Hälfte meiner Patientin inklusive Tuch überblicken. Das zu seiner Verteidigung.
„Mei, hod di fette Haxen beinand‘!“ verkündete er im Brustton der Entgeisterung, und in einer Lautstärke, dass mir die Infusionsflasche aus der Hand fiel.
Die giftigen Blicke, die sich auf ihn richteten, vertrieben den Springer augenblicklich wieder aus dem Saal. Aber irgendwie war uns danach die Gelassenheit abhandengekommen.
Ein anderes Mal war es der Operateur selbst, mit dem während einer aufgespritzten PDA das Mundwerk durchging. Auf dem Tisch lag eine frischgebackene Mutti, die sich eine unangenehme Geburtsverletzung versorgen ließ. Der Messerfritze, Künstler seines Fachs, gab sich an diesem Tag besonders große Mühe und wählte immer kleinere Nadeln, um ein vollendetes Werk abzuliefern. Dabei schwelgte er in Lobeshymnen über sich selbst, bis ihm – oh Schreck – beinahe die winzige Spitze davonrutschte. „Jetzt hätte ich FAST die Nadel verloren, Schwester Helga!“, dröhnte er durch den Saal, und klopfte seiner getreuen OP-Schwester dabei freundlich auf den Rücken, „und das wäre SCHRECKLICH gewesen. Sowas kann man ja nicht lassen. Die spürt sie ja bei jeder Bewegung. Nach dem Ding hätten wir jetzt stundenlang suchen können…!“.
Als sein Assistent ihm hilfreich soufflierte, dass die Patientin tatsächlich wach war, beeindruckte ihn das auch nicht sonderlich. „Aha!“, konstatierte er, „Das ist ja toll! Wie ist die Stimmung da oben?!“
Meine Lieblingsgeschichte aus dieser Kategorie aber kommt erst noch.
Während eines unfallchirurgischen Eingriffs waren die Kollegen jenseits des Tuchs fleißig am Hämmern und Bohren. Eine unheimliche Geräuschkulisse, aber der Patient war ein robuster Kerl und wollte unbedingt wach bleiben. Schließlich hielten die Operateure inne, und diskutierten einen Moment lang über passende Bohrer und Schraubengrößen.
Bis es dem Patienten, seines Zeichens Handwerker, zu bunt wurde.
„Hörnse mal, für nen 5er Bohrer brauchnse 2,5er Schrauben, sonst wird det nüscht….!“
Manchmal braucht es einfach einen schlagfertigen Patienten, der die Operateure lehrt, auf ihre Worte zu achten.
Herzliche Grüße
Frau Sandmann