In der fünften Verhandlungsrunde haben sich der Marburger Bund und die Vereinigung ...

Notfallsanitäter kommen häufig als Erstes am Einsatzort an und bis der Notarzt eintrifft tragen sie die Verantwortung darüber, dass der Patient die nötige medizinische Versorgung erhält. Doch in vielen Fällen sind sie nicht befugt, eigenständig heilkundliche Maßnahmen nach § 4 Abs 2 2c NotSanG durchzuführen.
Doch wann darf der Notfallsanitäter mit invasiven Maßnahmen wie der Verabreichung von Schmerzmittel helfen? Und wann nicht? Im Notfallsanitätergesetz ist dies nicht eindeutig geregelt.
Um mehr Rechtssicherheit zu schaffen, möchte daher die Große Koalition jetzt die bisherige Gesetzeslage ändern und Notfallsanitätern in lebensbedrohlichen Situationen erlauben, ärztliche Aufgaben zu übernehmen. Bei der Delegation durch Ärzte soll es allerdings weiterhin bleiben. Damit steht der Änderungsantrag der Koalition einem ähnlichen Entwurf des Bundesrats entgegen.
Notfallsanitäter – Ausbildung
Mit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2013 wurde der Beruf des Rettungsassistenten in das Berufsbild des Notfallsanitäters überführt. Die Ausbildung dauert nun drei statt zwei Jahre und umfasst einen theoretischen Teil an der Berufsfachschule und einen praktischen Teil, der in einer Lehrrettungswache und in Abteilungen eines Krankenhauses wie Notfallaufnahme, Anästhesie- und OP-Abteilung, intensivmedizinische Abteilung, Pflegeabteilung und Gynäkologie absolviert wird.
Während der Ausbildungszeit stehen u.a. folgende Inhalte auf dem Lehrplan:
- Lebensbedrohliche Zustände erkennen und bewerten
- Lebenserhaltende Maßnahmen durchführen
- Einsatzbereitschaft verschiedener Rettungsmittel herstellen und erhalten
- Bei Notfalleinsätzen assistieren
- Patienten, Angehörige, Kollegen sowie Dritte unterstützen und beraten
- In komplexen fachdienstübergreifenden Einsatzlagen selbständig arbeiten
Außerdem wird innerhalb der Ausbildung der Führerschein Klasse C1 erworben. Die Ausbildung wird schließlich mit einer staatlichen Abschlussprüfung beendet.
Notfallsanitäter – Berufsalltag im Überblick
Notfallsanitäter sind die ersten Einsatzkräfte am Ort des Geschehens und betreuen die Patienten, noch bevor der Notarzt eintrifft. Der Notfallsanitäter beurteilt den Gesundheitszustand des Patienten und ist für die erste medizinische Versorgung verantwortlich. Bedarf es an weiteren Einsatzkräften, fordert er diese über die Leitstelle an. Weiter hat er der Diagnose und den Anweisungen des Notarztes oder weiteren Einsatzkräften folge leisten.
Während des Transportes des Patienten hält er zu jeder Zeit den Gesundheitszustand des Patienten im Blick. In der Klinik angekommen, erfolgt die Übergabe des Patienten an das Klinikpersonal und die Aushändigung der Dokumentation, die unter anderem über Diagnose und bereits ergriffene Maßnahmen informiert. Anschließend werden Rettungsmittel wie Krankenliege gesäubert, desinfiziert und für den nächsten Einsatz hergerichtet.
Notfallsanitäter sollen in lebensbedrohlichen Situationen auch ärztliche Aufgaben übernehmen dürfen
Im März diesen Jahres hatten jedoch Notfallsanitäter sowie das Deutsche Rote Kreuz darauf hingewiesen, dass die Abgrenzung zu ärztlichen Aufgaben unklar ist. Überschreiten Notfallsanitäter im Ernstfall ihre Kompetenzen, sind sie je nach Einschätzung des Falls nicht durch ihre Versicherung abgesichert und müssen für Schäden mit ihrem Privatvermögen haften. Handeln sie dagegen nicht, droht eventuell eine Klage wegen unterlassener Hilfeleistung.
Gefordert wird von der Landeskammer, dass Notfallsanitäter als Ersthelfer dazu berechtigt sein müssen, heilkundliche Maßnahmen bis Eintreffen des Notarztes wie die Punktion eines Spannungspneumothorax oder das Spritzen von Glukose bei Unterzuckerung.
Große Koalition plant Gesetzesänderung
Der Änderungsantrag der Großen Koalition soll jetzt für mehr Rechtssicherheit sorgen. Der neue Gesetzestext sieht vor, dass Notfallsanitäter in lebensbedrohlichen Situationen eigenständig ärztliche Maßnahmen durchführen dürfen. Welche Maßnahmen konkret erlaubt sind, sollen die zuständigen Behörden der Bundesländer, der Ärztliche Leiter Rettungsdienst oder verantwortliche Ärzte und Ärztinnen festlegen.
Die Große Koalition begründet den Änderungsantrag damit, dass Notfallsanitäter in ihrer Ausbildung ohnehin auf das Durchführen ärztlicher Maßnahmen nach standardisierten Vorgaben vorbereitet werden. Einige Bundesländer haben zudem bereits solche standardisierten Vorgaben für den Notfalleinsatz etabliert. Die Praxiserfahrung zeige, dass sich diese Vorgaben eignen, um den Notfallsanitätern mehr rechtliche Sicherheit für ihr Handeln zu geben. Bevor er in Kraft tritt, muss der Änderungsantrag noch vor dem Ausschuss für Gesundheit angehört werden.
Delegation durch Ärzte soll bleiben
Bereits vor der Großen Koalition hatte der Bundesrat eine Änderung des Notfallsanitätergesetzes angeregt. Anders als die Bundesregierung wollen die Bundesländer Notfallsanitäter jedoch komplett eigenständig handeln lassen, invasive Maßnahmen wie das Punktieren oder das Setzen von Spritzen sollten auch ohne ärztliche Delegation erlaubt sein. Mehrere Fachgesellschaften und Ärzteverbände kritisieren dieses Vorhaben allerdings. Zum Wohle und Schutz des Patienten dürfe die ärztliche Delegation nicht wegfallen, Notfallsanitäter könnten den Notarzt nicht ersetzen.
Die Große Koalition schließt sich dieser Ansicht an. Im Notfall müsse zum Beispiel situationsbedingt entschieden werden, ob die Lage des Patienten überhaupt lebensbedrohlich ist. Die auf Landesebene getroffenen standardisierte Vorgaben sollen die Beurteilung der Situation erleichtern. Die Delegation durch den Arzt soll im Notfall dann mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel erfolgen, also auf telemedizinischem Wege.