Wie viele Wochenstunden arbeiten niedergelassene Ärzte in unterschiedlichen Fachgebieten? Und wie viele Stunden sind im Vergleich dazu Mediziner in Kliniken oder angestellte Ärzte in Praxen tätig? Ein Bericht aus dem Jahr 2016 des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI) gibt Aufschluss.
ZI-Praxis-Panel soll repräsentative Daten schaffen
Der Bericht über die Arbeitszeiten von Ärzten wurde im Rahmen des sogenannten Zi-Praxis-Panels veröffentlicht. Im Zuge dessen fand eine Befragung von 5.762 Praxisinhabern und 613 angestellten Ärzten statt.
Mittels des Panels analysiert das ZI die Kosten- und Versorgungsstrukturen in den Praxen niedergelassener Ärzte sowie Psychotherapeuten. Die Idee dahinter ist, eine fach- und regionsübergreifende repräsentative Datengrundlage für Analysen der Kosten- und Versorgungsstrukturen in Deutschland zu schaffen. Dies soll ferner mithilfe von 7.000 Praxen geschehen, welche fortwährend an der Erhebung teilnehmen.
Niedergelassene Ärzte: Wochenarbeitszeit variiert nach Fachgebiet
Das Ergebnis des Berichts ist aufschlussreich. Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten im Jahr 2016 arbeiteten im Durchschnitt 48 Wochenstunden. Hierbei sind bei niedergelassenen Ärzte schon die Zeiten für Praxismanagement und Weiterbildungen herausgerechnet. Zwischen den Fachgebieten variieren die Arbeitsstunden pro Woche jedoch drastisch.
Auf Platz 10 befindet sich die Psychotherapie, bei welcher wöchentlich ca. 41 Stunden gearbeitet wird. Niedergelassene Gynäkologen und psychosomatische Mediziner sowie Psychotherapeuten arbeiten wöchentlich durchschnittlich 5 Stunden mehr. Auf Platz 8 befinden sich weiterhin Ärzte in der Augenheilkunde, welche pro Woche durchschnittlich 47 Stunden tätig sind.
Auf dem 7. Platz liegen Mediziner in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie die physikalische und rehabilitative Medizin mit wöchentlich 48 Arbeitsstunden. Eine Stunde pro Woche mehr weisen zudem Ärzte in der Anästhesiologie, Dermatologie sowie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie auf. Kinder- und Jugendmediziner arbeiten ebenfalls durchschnittlich 49 Wochenarbeitsstunden.
Den 5. Platz belegen Allgemeinmediziner und die hausärztliche Innere Medizin mit 50 Stunden, genauso wie die Pneumologie. Chirurgen, Orthopäden sowie Urologen auf Platz müssen hingegen noch mehr arbeiten, mit 52 Stunden pro Woche.
Auf dem 3. Platz befinden sich ferner Ärzte in der Nervenheilkunde, Neurologie und Psychiatrie sowie Gastroenterologen mit 53 Stunden. Besonders alarmierend sind Platz 2 und 1: Die Fachgebiete Kardiologie und Radiologie weisen die höchsten Wochenarbeitszeiten zwischen 56 und 57 Stunden auf.
Rang | Fachrichtung | Wochenarbeitszeit |
10 | Psychotherapie | 41 Stunden |
9 | Gynäkologie; Psychosomatische Medizin & Psychotherapie | 46 Stunden |
8 | Augenheilkunde | 47 Stunden |
7 | Hals-Nase-Ohren-Heilkunde; physikalische & rehabilitative Medizin | 48 Stunden |
6 | Anästhesiologie; Dermatologie; Kinder- & Jugendpsychiatrie & -psychotherapie; Kinder- & Jugendmedizin; Psychiatrie | 49 Stunden |
5 | Allgemeinmedizin & Innere Medizin (hausärztlich); Pneumologie | 50 Stunden |
4 | Chirurgie; Orthopädie; Urologie | 52 Stunden |
3 | Nervenheilkunde, Neurologie & Psychiatrie; Gastroenterologie | 53 Stunden |
2 | Radiologie | 56 Stunden |
1 | Kardiologie | 57 Stunden |
Die Wochenarbeitszeiten der Inhaber von Einzelpraxen und der Inhaber von Gemeinschaftspraxen lagen im Jahr 2016 bei 48 Stunden und differierten demgemäß nicht. Auffällig ist jedoch, dass Praxisinhaber in ländlichen Regionen 2016 etwa drei Stunden pro Woche mehr arbeiteten als jene in urbanen Gebieten.
Mediziner in Kliniken arbeiten durchschnittlich mehr
Vergleichsweise dazu arbeiteten laut des Marburger Bundes aus dem Jahr 2017 40% der Mediziner in Kliniken 49-59 Stunden die Woche. Dies sind bis zu zehn Stunden mehr als bei niedergelassene Ärzten. 20% waren sogar zwischen 60 und 80 Stunden pro Woche beschäftigt. Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte ist hingegen auf lediglich 42 Wochenarbeitsstunden festgelegt.
Immerhin seien mehr als 40% aller Krankenhäuser zur elektronischen Zeiterfassung übergegangen, wobei 71% Überstunden mit Freizeit ausgleichen. Eine Auszahlung zu bieten stellt ebenso häufig eine Option dar. Bei niedergelassenen Medizinern ist das Festhalten der Arbeitszeit allerdings nicht so einfach, vor allem, wenn es sich um Inhaber handelt.
Angestellte Ärzte arbeiten wöchentlich nur ca. 23 Stunden
Im Kontrast dazu sind angestellte Ärzte in Praxen durchschnittlich 23 Stunden in der Woche tätig. Bedenkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ca. die Hälfte der Angestellten Arbeitsverträge im Umfang von über 5 bis 20 Wochenstunden aufwiesen.
Die durchschnittliche Arbeitszeit je Arzt und die Zeit für Patienten gehe demnach zurück. Denn es gebe einen kontinuierlichen Zuwachs angestellter Ärzte in der ambulanten Versorgung. Das Institut bezog sich in diesem Zusammenhang auf die sogenannte “Arztzeituhr”. Die Uhr soll die Entwicklung hervorheben, indem sie im Gebäude der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin steht.
Dementsprechend verringere sich rechnerisch pro Minute die in allen deutschen Praxen verfügbare ärztliche Arbeitszeit um 474 Minuten. Dies bedeutet konkret, dass alle vier Stunden ein Arzt “verloren gehe”.
Verlust der Arbeitszeit von Medizinern – wieso?
Doch weswegen gehen so viele Ärzte in Deutschland verloren? Der Vorsitzende der KBV gibt Antwort. So sind mehr Ärzte in Anstellung beschäftigt, da die Vereinbarkeit von Arztberuf und Familie an Relevanz gewonnen habe. Die Teilzeitarbeitsmodelle in diesem Bereich stellen außerdem weiterhin einen Grund dar.
Selbstverständlich werde von den angestellten Ärzten trotzdem eine medizinisch überragende Arbeit geleistet. Die Zeit allerdings sei begrenzt, weil die Arbeitsverträge auf maximal 40 Stunden festgelegt seien.
Wofür wird die Arbeitszeit aufgewendet?
Unabhängig vom Fachbereich wenden Mediziner ca. 42 Stunden der Wochenarbeitszeit für ärztliche Aufgaben auf. 81% davon entfallen dabei auf den Patientenkontakt (34 Wochenstunden). 18% verwenden die Ärzte auf Tätigkeiten ohne Patienten, also in etwa 7 Wochenstunden.
Überdies benötigen Notfalldienste in etwa eine Wochenstunde, hinzu kommen Zeiten für Weiterbildungen. Diese nehmen 2,4 Wochenstunden in Anspruch. Darüber hinaus müssen die Aufgaben des Praxismanagements mit 4 Wochenstunden berücksichtigt werden.