Unzählige Abiturienten, die Medizin studieren wollen, scheitern oft am Numerus Clausus. Denn wer bislang Humanmedizin studieren wollte, musste erst das zentrale Studienplatzvergabesystem durchlaufen. Bisher schafften es nur Spitzen-Abiturienten mit Glanznoten an die Uni. Doch der nahezu überall verlangte Notendurchschnitt von 1,0 ist nicht gleich ein Indiz dazu, dass der Abiturient ein “guter Arzt” wird. Die Aussagekraft des Notendurchschnitts wird bereits seit Jahren von angehenden Ärzten und auch den Ärztekammern kritisiert.
Und nach einer Klage von zwei Studienbewerbern hat das Bundesverfassungsgericht am 19.12.2017 ein Urteil gefällt: Der Numerus Clausus für Mediziner ist teilweise verfassungswidrig. Jetzt hat der Bundesrat zugestimmt, dass das Medizinstudium neu geregelt wird.
Numerus Clausus nicht mit Grundgesetz vereinbar
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat 2017 in erster Instanz entschieden, dass der Numerus clausus mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei (Az. 1 BvL 3/14 und 4/14). Denn das Grundrecht auf freie Wahl von Beruf und Ausbildungsstätte wird beim Vergabeverfahren fürs Medizinstudium mittels der Abiturnote missachtet. Außerdem bemängelten sie die schwierige Vergleichbarkeit der Abiturnoten von Land zu Land sowie die zentralen Bewerbung und die Angabe von 6 bevorzugten Städten für den Studienort.
Geklagt hatten zwei Studienbewerber, die ihr Abitur mit 2,0 bzw. 2,6 abgeschlossen hatten und auch nach 6 bzw. 8 Semestern Wartezeit keine Chance auf einen Medizinstudienplatz hatten. Auch eine erfolgreich abgeschlossene medizinische Ausbildung nützte nichts. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts widerspricht das aktuelle Auswahlverfahren der Chancengleichheit der Bewerber und verstößt damit gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Welche Folgen hat das Urteil?
Das Urteil führt dazu, dass Bund und Länder die Auswahlkriterien und das Vergabeverfahren insgesamt neu regeln müssen.
Gefordert wird unter anderem ein bundesweit standardisiertes System von Eignungstests an den unterschiedlichen Universitäten und den insgesamt 38 medizinische Fakultäten. Dazu eine Erhöhung der verfügbaren Studienplätze und eine Lockerung der Beschränkung von nur sechs verschiedenen Hochschulorten, auf die man sich mit selbst wählbaren Präferenzen bewerben kann. Das Urteil sieht außerdem vor, dass die Zahl der Wartesemester enger begrenzt und Abiturnoten nicht das einzige Kriterium sein dürfen. Zudem muss die Vergleichbarkeit von Abiturnoten über die Landesgrenzen hinweg gewährleistet werden.
Wie werden aktuell Studienplätze vergeben?
Der Vergabeschlüssel der Stiftung für Hochschulzulassung für die Studienplatzvergabe funktioniert so: 20 Prozent der Studienplätze werden über die Abiturnote verteilt, weitere 20 Prozent über die Anzahl an Wartesemestern, die übrigen 60 Prozent darf jede Hochschule theoretisch nach eigenen Kriterien vergeben.
Doch eine Studie vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zeigt, dass die große Mehrzahl der Universitäten (80 Prozent) auch nur auf die Abiturnote schaut. Der Schulabschlussnote kam somit bisher eine zentrale Bedeutung zu.
Neues Zulassungsverfahren beschlossene Sache
Der Bundesrat hat nun beschlossen, dass der Paragraf 32 des Hochschulrahmengesetz gestrichen wird. Das bedeutet, dass das Zulassungsverfahren künftig in einem Staatsvertrag der Länder bundesweit einheitlich geregelt wird.
Ähnliche Ansätze finden sich auch im jüngst diskutierten Masterplan Medizinstudium 2020.
Was denkt ihr über die Fortschritte bei der NC-Regelung? Ist die Lockerung dieser Regelungen seit langem notwendig oder bringt eine Neuregelung neue Hürden mit sich?