Eine Umfrage zu medizinischem Cannabis der Sanity Group hat interessante Erkenntnisse geliefert, die hier in kompakter Form beleuchtet werden. Hintergrund ist, dass medizinisches Cannabis in Deutschland nun seit 2017 auf Rezept zu bekommen ist. Die Umfrage zeigt, dass viele Menschen das überhaupt nicht wissen. Fast jeder zweite Befragte wusste nicht, dass eine Therapie mit Cannabis z.B. bei Schmerzen infrage kommt. Auf der anderen Seite deuten die Zahlen eine hohe Wirksamkeit von Cannabis an, was für die medizinische Nutzung spricht. Demgegenüber stehen aber Erfahrungen von Anwendern, die nur mit Hürden Cannabis als Ergänzung ihrer Therapie nutzen konnten.
Marktdaten weisen darauf hin, dass die ärztlichen Verordnungen in den letzten Jahren zunehmen. Brancheninsider hatten aber ein stärkeres Wachstum erwartet.
Was ist medizinisches Cannabis überhaupt?
Den Zusatz „medizinisch“ erhält Cannabis bzw. Marihuana, falls es zur Behandlung von auch Linderung von Gesundheitsbeschwerden eingesetzt wird. Im Gegensatz zu den anhaltenden Diskussionen rund um die Legalisierung geht es nicht um ein Genussmittel: Der medizinische Nutzen steht im Vordergrund, weshalb die ärztliche Verordnung auf Rezept notwendig ist.
Cannabis als Medizin ist keine Erfindung der Neuzeit, wie es die hier vorgestellte Untersuchung vermuten lassen könnte: Schon seit tausenden Jahren beschäftigt sich die Medizin seit ihren Anfängen mit den Heilkräften der Bestandteile der Hanfpflanze.
Die aktuelle Untersuchung deutet Aufklärungsbedarf an
Weitere Zahlen dieser Untersuchung zeigen, dass viele Befragte sich nicht mit Cannabis auskennen bzw. keine Unterscheidung zwischen dem berauschenden Wirkstoff THC und rauschfreien Bestandteilen wie Cannabidiol treffen können. Letzterer Wirkstoff feiert aktuell in frei verkäuflichen CBD Ölen einen Siegeszug, denen eine schmerzstillende, beruhigende und auch stimmungsaufhellende Wirkung nachgesagt wird.
Fast 75 Prozent der Befragten waren sich nicht mehr im Klaren darüber, dass es Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland noch legal war, Cannabis in Apotheken zu beziehen. Durch die anhaltenden Diskussionen um die Legalisierung des Konsums von Cannabis scheint eine gewisse Stigmatisierung in Kombination mit Unwissenheit zu beklagen sein. Demgegenüber lässt die Untersuchung ein beachtliches Wirkpotenzial erkennen.
90 Prozent der Patienten/-innen sprechen eine Empfehlung aus
Eindrucksvoll belegt wird der potenzielle Wirkeffekt von medizinischem Cannabis durch die Tatsache, dass 90 Prozent aller befragten Rezeptnutzer eine Linderung ihrer Beschwerden feststellen konnten. Sogar 92 Prozent aller, die Cannabis auf Rezept verschrieben bekamen, würden eine solche Therapie weiterempfehlen. Und das trotz der Hürden, die nicht wenige auf dem Weg zur ärztlichen Verschreibung erlebt haben. Mehr als die Hälfte der Befragten hat angegeben, Schwierigkeiten damit gehabt zu haben, überhaupt eine/n verschreibungswillige/n Arzt/Ärztin zu finden. Das zeigt, dass die Therapie mit medizinischem Cannabis auf keinen Fall als verbreiteter Standard gelten kann, obwohl die Forschung seit vielen Jahren auf einen deutlichen Gesundheitsnutzen hinweist.
Probleme gab es in dieser Hinsicht auch bei der Mehrheit der Nutzer/innen bei der Abrechnung mit der Krankenkasse. In mehr als 55 Prozent der Fälle wurde die Kostenübernahme abgelehnt, in anderen Fällen erwies sich die Antragstellung selbst als sehr kompliziert. Auch in dieser Hinsicht besteht in Zukunft offenbar weiterer Optimierungsbedarf. Das scheint generell Sinn zu machen, denn eine deutliche Mehrheit zeigte sich offen für den Einsatz von medizinischem Cannabis: 70 Prozent befürworteten die Nutzung bei chronischen Schmerzen und Migräne. Bei Krankheiten wie Epilepsie, Paraplegie und Multipler Sklerose sind es deutlich mehr als 50 Prozent. Im Falle des oftmals belastenden Tourette-Syndroms würde sich eine Mehrheit für eine Therapie mit medizinischem Cannabis entscheiden. Auch für die Bekämpfung von Schlafstörungen mit medizinischem Cannabis sehen 50 Prozent ein Behandlungspotenzial.
Medizinisches Cannabis: Fazit und Ausblick
Insgesamt belegen die Ergebnisse dieser Untersuchung einen klaren Nutzen und eine mehrheitliche Bereitschaft, medizinisches Cannabis als Ergänzung zu einer individuellen Therapie zu testen (vor allem mit Blick auf Schmerzen). Ein differenzierter Blick auf die Altersstufen der Befragten zeigt, dass besonders junge Erwachsene medizinischem Cannabis offen gegenüberstehen. Klar geworden ist aber auch, dass der Weg zur Verschreibung auch fünf Jahre nach der Einführung keineswegs kurz bzw. selbstverständlich ist.
Betroffene haben immer noch große Probleme damit, eine/n geeignete/n Arzt/Ärztin zu finden, der/die eine Therapie mit Medizinalcannabis unterstützt und dann auch umfassend begleitet. Insgesamt wird der Wunsch geäußert, abgesehen vom leichteren Zugang die Forschung für Cannabis weiter zu intensivieren. So ließe sich noch mehr Aufklärung betreiben und Cannabis könnte in wenigen Jahren zu einer etablierten Option bei der Linderung spezieller Symptome bei unterschiedlichen Krankheitsbildern werden.