
Medikationsplan – Leitfaden für Ärzte
In einem Medikationsplan sind die aktuellen und relevanten Arzneimittel einer Patientin/ eines Patienten aufgelistet inklusive Hinweise zur korrekten Anwendung. Wann hat man Anspruch auf einen Medikationsplan? Und wer ist für die Ausstellung verantwortlich?
Was ist ein Medikationsplan?
Auf einem Medikationsplan werden alle aktuellen und relevanten Arzneimittel, die eine Patientin/ ein Patient einnimmt, aufgelistet. Aufgeführt werden Dauermedikation, Begleitmedikation, Bedarfsmedikation sowie Selbstmedikation. Darüber hinaus sind Informationen über Wirkstoff, Dosierung, den Grund der Arzneimitteleinnahme und sonstige Hinweise enthalten.
Der Medikationsplan kann sowohl in Papierform vorliegen als auch elektronisch als E-Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheitskarte erstellt, gespeichert und verwaltet werden. Das im Jahr 2015 durch den Deutschen Bundestag verabschiedete sogenannte „E-Health-Gesetz“ hat zur Einführung eines einheitlichen Medikationsplans beigetragen, der seit dem 1. Oktober 2016 von Patienten in Anspruch genommen werden kann und als Bundeseinheitlicher Medikationsplan (BMP) bezeichnet wird.
An der Gestaltung und den Inhalten des Bundeseinheitlichen Medikationsplans in einheitlich standardisierter Form waren Ärzteschaft, Patientenverbände, Apothekenverbände, Krankenkassen, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie Softwarehersteller beteiligt.
Der Bundeseinheitliche Medikationsplan soll übersichtlich und patientenverständlich die aktuelle Medikation der Patientin/ des Patienten abbilden und wird nach einem einheitlichen Muster in tabellarischer Form dargestellt.
Medikationsplan – Warum notwendig?
In Deutschland hat die moderne medizinische Versorgung zum Vorliegen einer sogenannte Multimedikation (Polypharmazie) geführt. Darunter ist zu verstehen, dass ein Großteil der Patientinnen und Patienten mit zunehmendem Alter – insbesondere betroffen ist die ältere Bevölkerung – zur Behandlung ihrer Krankheiten mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen muss.
Unerwünschte Wirkungen und gefährliche Wechselwirkungen durch die Einnahme mehrerer Wirkstoffe können die Folge sein. Die Einführung des Medikationsplans soll zu einer Verbesserung der Arzneimittelsicherheit beitragen und hat zum Ziel, unerwünschte Arzneimittel-Wirkungen und Medikationsfehler zu vermeiden.
Darüber hinaus soll der Medikationsplan vorranging Patientinnen und Patienten helfen, den Überblick über ihre einzunehmenden Medikamente zu bewahren und für einen sicheren Umgang mit ihren Medikamenten zu sorgen. Er kann bei jedem Arztbesuch und Apothekeneinkauf vorgelegt werden und dient ebenfalls als Hilfestellung für weiterbehandelndes Fachpersonal, um über die medikamentöse Einstellung informiert zu werden.
Wer hat Anspruch auf einen Medikationsplan?
Seit dem 01.10.2016 haben Patientinnen und Patienten Anspruch auf einen Bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP) in Papierform, wenn sie mindestens drei zulasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnete Arzneimittel dauerhaft, für mindestens 28 Tage gleichzeitig, einnehmen müssen (§ 31a SGB V). Die Inhalte des bundeseinheitlichen Medikationsplans können auf Wunsch der/des Versicherten auch auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden. Die Speicherung der elektronischen Medikationsdaten ist freiwillig.
Der besseren Übersicht halber müssen demgemäß folgende Kriterien erfüllt sein, um Anspruch zu haben:
- Einnahme von mindestens drei Medikamenten (Verordnung auf Kosten der Krankenkassen)
- Vorliegen einer systemischen Arzneimittelwirkung, das heißt über die Blutbahn im gesamten Organismus
- Dauer der Medikamenteneinnahme von mindestens vier Wochen
Vor- und Nachteile
Vor allem für die ältere Bevölkerung, die oftmals mehr als drei Medikamente täglich einnehmen muss, ist ein Medikationsplan insofern vorteilhaft, dass bei der Multimedikation die Übersicht nicht verloren oder unter Umständen die Einnahme einer Tablette vergessen wird. Weitere Vorteile werden im Folgenden genannt:
- das einheitliche Muster in tabellarischer Form erlaubt auf einen Blick, welches Arzneimittel wann und in welcher Menge und aus welchem Grund eingenommen werden sollte: es liegt eine standardisierte Kommunikationsgrundlage in Bezug auf die Medikation vor
- Vermeidung von Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Ärzten: Ein einheitlicher Medikationsplan hilft, Fehler in der Medikation zu verhindern
- Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten lassen sich mit Hilfe eines einheitlichen Medikationsplans besser aufdecken: Unerwünschte Wirkungen und/oder der Verlust der Wirksamkeit von Medikamenten können verhindert werden
Ein Medikationsplan ist nur dann von Vorteil, wenn dieser ständig aktualisiert bzw. regelmäßig eine Medikationsanalyse durchgeführt wird. Wenn dies nicht der Fall ist, dann kann er als Nachteil betrachtet bzw. als nutzlos bewertet werden.
Ein weiterer Nachteil, der genannt werden kann, ist, dass der Bundeseinheitliche Medikationsplan, der primär hauptsächlich in Papierform vorliegt, zur Aktualisierung im Praxis- oder Apothekenverwaltungssystem gescannt werden und anschließend neu ausgedruckt werden muss, was wertvolle Zeit kostet, die sinnvoller genutzt werden könnte.
Wer erstellt den Medikationsplan?
Die Erstellung ist unter anderem die Aufgabe der hausärztlichen Versorgung. Sofern die Patientin/ der Patient keine Hausärztin/ keinen Hausarzt hat, kann die Medikation auch fachärztlich koordiniert werden. Für die Aktualisierung des Medikationsplans, sprich sobald eine Medikation verändert bzw. hinzugefügt worden ist, ist die jeweils verschreibende Ärztin/ der jeweils verschreibende Arzt zuständig. Ebenfalls bleibt auch die Verantwortung für die verschriebenen Arzneimitteln bei der/dem verschreibenden Ärztin/Arzt.
Der Medikationsplan ist mit einer Art Barcode, einem sogenannten QR-Code, versehen. Mit einem Barcode-Scanner können die Informationen des Medikationsplans in digitaler Form eingesehen und in Praxen, Apotheken und Krankenhäusern aktualisiert und in Papierform der Patientin/ dem Patienten ausgehändigt werden.
Inhalte und Gestaltung
Auf dem Bundeseinheitlichen Medikationsplan sind neben Patientenangaben wie Name, Vorname und Geburtsdatum, Name und Anschrift der behandelnden Ärztin/ des behandelnden Arztes auch folgende weitere Informationen bezüglich der Medikamente aufgeführt:
- Wirkstoff – Welcher Wirkstoff ist in dem Medikament enthalten?
- Arzneimittel – Wie lautet der Handelsname des verschriebenen Medikaments?
- Stärke – Welche Wirkstoffmenge ist im Medikament enthalten?
- Form – In welcher Form wird das Medikament eingenommen (Beispiel: Tablettenform, Tropfen, Pulver, Zäpfchen, etc.)?
- Angaben über die Einnahmezeit – Erfolgt die Medikamenteneinnahme morgens, mittags, abends oder zur Nacht?
- Hinweise – Was ist bei der Einnahme des Medikaments zu beachten?
- Grund – Weshalb wird das Medikament verordnet?
In der oberen Spalte des Medikationsplans finden sich auch Angaben zum Datum der Erstellung bzw. der Aktualisierung. Auf dem Medikationsplan sollten nach Möglichkeit alle Arzneimittel, die der Patientin/ dem Patienten verschrieben worden sind, aufgeführt werden. Darüber hinaus können auch andere nicht verschreibungspflichtige Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel (Vitamin- oder Mineralstoffpräparate), die eingenommen werden und unabhängig davon, ob verordnet oder selbst gekauft, notiert werden.
Auch Medizinprodukte, darunter Inhalatoren oder Insulinpumpen oder die Hormonspirale sind im Medikationsplan, zu nennen, soweit diese für die Medikation eine Relevanz aufweisen. Äußerlich angewandte Cremes oder Salben werden nicht im Medikationsplan aufgeführt.
Vergütung und Abrechnung
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkasse (GKV-Spitzenverband) haben sich auf eine Vergütung geeinigt. Für die Abrechnung des Medikationsplans wurden hierfür neue EBM-Ziffern eingeführt, die extrabudgetär vergütet werden. Die Vergütung kann entweder als Einzelleistung oder pauschal erfolgen.
Für die Erstellung eines Medikationsplans erhalten Hausärztinnen/Hausärzte eine Einzelleistungsvergütung (GOP 01630) für Nicht-Chronisch-Erkrankte (keine Abrechnung der Chronikerpauschale) einen Zuschlag von ca. 4 Euro. Für die Erstellung eines Medikationsplans bei chronisch erkrankten Patientinnen/ Patienten erhalten Hausärztinnen/Hausärzte einen Zuschlag zur Chronikerpauschale (GOP 03222/04222) leistungsunabhängig einmal im Behandlungsfall von ca. 1 Euro. Der deutsche Hausärzteverband kritisierte, dass diese Vergütung in keiner Weise dem Aufwand entspräche, welcher in den Praxen für das Ausstellen sowie Aktualisieren des Medikationsplans betrieben werden muss – in diesem Zusammenhang sei von einem „schlechten Scherz“ die Rede gewesen.
E- Medikationsplan
Auf Wunsch der Patientin/des Patienten kann der Bundeseinheitliche Medikationsplan, welcher in Papierform vorliegt, auch auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Über die Möglichkeit einer elektronischen Speicherung muss die Patientin/ der Patient informiert werden.
Ziel des elektronischen Medikationsplans ist es, die Zusammenarbeit von Patientinnen/Patienten, Ärzteschaft und Apothekerinnen/Apothekern zu erleichtern und dazu beitragen, dass mögliche Fehler bei der Übertragung in Papierform minimiert werden können. Ein elektronischer Medikationsplan kann insofern auch sehr hilfreich sein, da Wechselwirkungen zwischen Medikamenten automatisch durch Computer-Anwendungen überprüft werden können. Diese Überprüfung kann sowohl aus ärztlicher Sicht als auch durch ApothekerInnen durchgeführt werden.