
Am 6. Dezember 2022 hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Pläne für eine Krankenhausreform vorgestellt. Erarbeitet wurden die Vorschläge von einer im Mai eingesetzten Regierungskommission. Mit der Reform soll das aktuelle Finanzierungssystem über Fallpauschalen überarbeitet werden, um die Qualität der Behandlung zu verbessern und die Kosten zu senken.
Abkehr von den Fallpauschalen
Seit 2004 rechnen Krankenhäuser und Kliniken Behandlungen über sogenannte Fallpauschalen (DRGs) ab. Dabei richtet sich die Vergütung nicht nach den tatsächlich erbrachten Leistungen, sondern nach den behandelten Diagnosen. Zu diesem Zweck gibt es einen Katalog diagnosebezogener Pauschalen.
Lauterbach hat an der Einführung der Fallpauschalen selbst mitgewirkt. Heute sieht er in diesem System mehr Nachteile als Vorteile. Krankenhäuser setzt die Abrechnung über Fallpauschalen unter einen hohen wirtschaftlichen Druck. Um Gewinn zu machen, werden einzelne Fälle möglichst billig behandelt. Bereiche, in denen sich kein Profit erzielen lässt, werden benachteiligt. Krankenhäuser, die nur wenige Fälle behandeln, etwa im ländlichen Bereich, geraten in ökonomische Schwierigkeiten.
Die geplante Krankenhausreform preist Lauterbach nun als eine „Überwindung des Fallpauschalensystems“ an und verspricht die „größte Reform seit 20 Jahren“.
Honorierung nach drei Kriterien
Ganz abgeschafft werden die Fallpauschalen jedoch nicht. Dieser Vorschlag erhielt in der Regierungskoalition keine Mehrheit und auch einige Experten/-innen sprachen sich dagegen aus. Die von der Regierungskommission erarbeiteten Empfehlungen sehen aber ein Absenken der Fallpauschalen auf 60 Prozent des Leistungsbudgets vor. Die restlichen 40 Prozent der Krankenhausversorgung sollen durch ein sogenanntes Vorhaltebudget abgedeckt werden.
Die Honorierung von Kliniken soll in Zukunft nach drei Kriterien erfolgen: Vorhaltekosten, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen.
Vorhaltekosten
Die Vorhaltekosten sollen in Zukunft durch feste Beträge abgedeckt werden. Dabei handelt es sich um die Kosten, die etwa durch das Vorhalten von Personal, medizinischen Geräten oder einer Notaufnahme entstehen. Die Vorhaltepauschalen sollen den ökonomischen Druck senken und es den Kliniken ermöglichen, rund um die Uhr Leistungen bereitstellen zu können.
Versorgungsstufen
Die Pläne der Kommission sehen darüber hinaus eine Einteilung der Krankenhäuser in drei Versorgungsstufen vor:
- Grundversorgung: In Häusern dieser Stufe soll die medizinische und pflegerische Basisversorgung erfolgen. Dazu gehören grundlegende chirurgische Eingriffe sowie die Versorgung von medizinischen Notfällen. Diese Kategorie soll weiter unterteilt werden in Häuser mit Notaufnahme und ambulant-stationäre Zentren. Unter Umständen sollen auch Pflegekräfte diese Einrichtungen leiten können. Die Reformpläne sehen vor, Häuser der Kategorie 1 ganz aus dem DRG-System herauszulösen.
- Regel- und Schwerpunktversorgung: In diese Kategorie fallen Häuser, die über die Grundversorgung hinausgehende Leistungen anbieten.
- Maximalversorgung: Zu dieser Kategorie gehören beispielsweise Unikliniken.
Die Neugliederung soll Kliniken in strukturschwachen Regionen das wirtschaftliche Überleben ermöglichen.
Leistungsgruppen
Weiterhin schlägt die Kommission vor, die grobe Zuweisung von Fachabteilungen durch genauer definierte Leistungsgruppen abzulösen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass bestimmte Behandlungen nur in den Kliniken durchgeführt werden, die über das nötige Know-how und die nötige Ausstattung verfügen. So sollen Krebspatienten/-innen in Zukunft zum Beispiel in zertifizierten onkologischen Zentren behandelt werden.
Krankenhausreform: Reaktionen aus der Opposition
Die Empfehlungen der Kommission müssen noch in einer Gesetzesinitiative umgesetzt werden. In einem ersten Schritt wurde Anfang Dezember bereits eine Reform der Kinderkliniken und Geburtsstationen verabschiedet. Die Regierungskommission will zudem noch weitere Empfehlungen erarbeiten.
Vertreter der SPD, der Grünen und der FDP stehen der Krankenhausreform positiv gegenüber. Kritik kommt dagegen aus der Opposition. Die CSU moniert, dass die Pläne zu stark in die Krankenhausplanungskompetenz der Länder eingreife und befürchtet eine massive Konzentration des stationären Versorgungsangebots.
Der Linken gehen die Reformpläne nicht weit genug. Das 49 Seiten umfassende Papier der Kommission würde zwar die Probleme benennen, bei den Lösungen handele es sich aber um Stückwerk. Für einen Fehler hält es die Linke auch, am System der Fallpauschalen festzuhalten, wenn auch in abgeschwächter Form.
Der Sozialverband VdK beklagt ebenfalls, dass die Reform das Grundproblem der strukturellen Unterfinanzierung nicht beseitigt. Die Fallpauschalen zum Teil aufzugeben könne nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer grundlegenden Reform der Krankenhausfinanzierung sein. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisiert, dass die Reform lediglich zu einer Umverteilung der aktuellen Mittel führen wird, und fordert mehr Geld für die Finanzierung der Kliniken. Allein um die steigenden Betriebskosten zu decken, würden Krankenhäuser rund 15 Milliarden Euro mehr benötigen. Die Investitionskosten müssten um vier Milliarden Euro aufgestockt werden.