
„Vom Krankenhaus zum Geisterhaus“ – so lautete der Titel des beim Berliner Kongress vorgestellten Krankenhaus Rating Report 2022. Der Hintergrund des provozierenden Titels und das Wichtigste in Kürze zum diesjährigen Krankenhaus Rating Reports hierzu im folgenden Beitrag.
Der Krankenhaus Rating Report 2022 wurde im Rahmen des „Hauptstadtkongresses 2022 – Medizin und Gesundheit“ Ende Juni 2022 vorgestellt. Er widmet sich wiederholt der Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser.
Grundlage für den 18. Krankenhaus Rating Report waren 550 Jahresabschlüsse von ca. 1.000 Krankenhäusern, die gemeinsam von Studienautoren des RWI – Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Health Care Business GmbH (hcb GmbH) in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) analysiert und veranschaulicht wurden.
Ambulantisierung: Vom Krankenhaus zum Geisterhaus?
Nach wie vor nimmt die Corona-Pandemie Einfluss auf die Krankenhausversorgung: Personelle Engpässe aufgrund von Krankheit und Quarantäne sind auch im dritten Corona-Jahr keine Seltenheit. Die Krankenhausversorgung, die bereits vor der Corona-Pandemie durch Personalmangel geprägt war, leidet zusätzlich darunter, weshalb viele Leistungen aktuell nicht erbracht und Krankenhauskapazitäten nicht voll betrieben werden können.
Daher scheint es fraglich, ob das Leistungsniveau des Jahres 2019 überhaupt noch einmal erreicht werden kann bzw. ob es überhaupt noch erreicht werden sollte. Denn: Stationäre Leistungen können auch ambulant erfolgen. Und in diesem Zusammenhang die provozierende Fragestellung: Leeren sich die Krankenhäuser und werden zu Geisterhäuser?
Noch im laufenden Jahr ist die Überarbeitung des Katalogs ambulant durchführbarer Operationen (AOP-Katalog) nach §115b SGB V geplant und in einem dafür geeigneten Vergütungssystem soll entschieden werden, ob und inwiefern der fortschreitende Trend zur Ambulantisierung umgesetzt werden kann. Vorarbeit hierzu sei durch das Berliner IGES-Institut geleistet worden.
Das Potenzial für den spürbaren Ambulantisierungsschub sei durchaus vorhanden – für Patienten/-innen, Beschäftigte sowie Leistungsbringer/innen – und könne in den Krankenhäusern umgesetzt werden, die die nötige Infrastruktur hierfür mit sich bringen. Auch in medizinischen Versorgungszentren sei dies der Fall.
Der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien berücksichtigt den zunehmend fließenden Übergang zwischen den Sektoren für die laufende Legislatur: Überlegungen mit der sektorenübergreifenden Versorgungsplanung und einer auf Leistungsgruppen und Versorgungsstufen gründenden Krankenhausplanung werden miteinbezogen.
Krankenhaus Rating Report: Das Gesundheitswesen droht unter die Räder zu geraten
Die Autoren des Krankenhaus Rating Report schreiben von den Herausforderungen, vor denen das deutsche Gesundheitswesen stehe, welche in einem jährlichen Rhythmus anwachsen, anstatt weniger zu werden. Das immer knapper werdende Personal stellt ein weiteres Problem dar. Auch habe die Politik versäumt, die sozialen Sicherungssysteme auf die Alterung der Gesellschaft vorzubereiten, so heißt es im Ausblick des Reports.
Die aktuelle Lage durch Covid-19, den Krieg in Europa mit den Verlusten von Vorteilen aus internationaler Arbeitsteilung, den Klimawandel und die Inflation als Nachwirkung der Finanzkrise ist dafür verantwortlich, dass das Gesundheitswesen unter die Räder droht zu geraten.
Die Diagnose lautet: „Die gegenwärtige Gesundheitsversorgung ist nicht für diese Herausforderungen gerüstet“. Dies lasse sich beispielsweise bereits im Bereich der Digitalisierung erkennen: Die Gesundheitsversorgung, die mit dem technologischen Fortschritt nicht Schritt halten konnte und sich entkoppelt habe, sei derzeit noch dabei, den Rückstand aufzuholen.
Wirtschaftliche Lage in deutschen Krankenhäusern: Ausgleichszahlungen schönen das Bild
Im Jahr 2020 hat sich die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser verbessert: nur noch sieben Prozent der Krankenhäuser befanden sich im „roten Bereich“ erhöhter Insolvenzgefahr, 25 Prozent waren im „gelben“ und 68 Prozent im „grünen“ Bereich. Deutlich weniger Krankenhäuser, verglichen zum Vorjahr, haben einen Jahresverlust einbüßen müssen und waren von einer Insolvenzwahrscheinlichkeit betroffen gewesen.
Dass sich die wirtschaftliche Lage in den deutschen Krankenhäusern verbessert habe, liegt aber nicht an den langfristig wirksamen strukturellen Veränderungen, sondern sei den Ausgleichszahlungen und anderen Hilfen von Bund und Ländern im Rahmen der Corona-Pandemie zu verdanken, so die Autoren des Krankenhaus Rating Report.
Das positive Bild trügt demnach. Tatsächlich sind im Jahr 2020 und auch im Jahr 2021 die Fallzahlen rückläufig und gegenüber zum Vorjahr um 13,5 Prozent gesunken.