
Die überwiegende Mehrheit aller Klinikmanager/innen rechnet damit, dass sich die wirtschaftliche Lage für Krankenhäuser in den nächsten fünf Jahren weiter verschlechtern wird. Das geht aus einer Krankenhaus-Prognose der Unternehmensberatung Roland Berger hervor. Die Befragten gehen davon aus, dass neun von zehn Kliniken in öffentlicher Trägerschaft 2022 Verluste schreiben. Über alle Trägerformen hinweg sind es voraussichtlich rund 70 Prozent.
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Krankenhausstudie 2022: Personalmangel und stagnierende Fallzahlen setzen den Krankenhäusern zu
Für die „Krankenhausstudie 2022“ hat Roland Berger Führungskräfte der 600 größten deutschen Kliniken zu den wirtschaftlichen Aussichten ihrer Häuser befragt. Die Krankenhaus-Prognose zeichnet dabei ein eher düsteres Bild. Im Jahr 2022 hat sich die wirtschaftliche Situation in den Kliniken deutlich zugespitzt. Verantwortlich dafür sind zum einen die stagnierenden stationären Fallzahlen. Schon im vergangenen Jahr haben die Ausgleichszahlungen kaum ausgereicht, um die pandemiebedingten Einbußen der Kliniken zu kompensieren. Weiterhin sorgen der Wegfall der COVID-19-Ausgleichszahlungen sowie der wachsende Personalmangel für Erlösausfälle. Hinzu kommen die steigende Inflation, höhere Energiekosten und Lieferengpässe.
Die COVID-Pandemie hat viele dringende Themen in den Hintergrund gedrängt. Nun treten sie umso deutlicher zutage. 96 Prozent der befragten Führungskräfte gehen daher davon aus, dass sich die wirtschaftliche Situation der Kliniken in den kommenden fünf Jahren noch verschlechtern wird. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Studienreihe im Jahr 2014.
Fast 70 Prozent der Kliniken erwarten Defizite
Fast 70 Prozent der Kliniken erwarten, bereits in diesem Jahr Defizite zu schreiben. Im Vorjahr waren es noch 62 Prozent. Unter den Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft gehen sogar 90 Prozent davon aus, in diesem Jahr nicht kostendeckend arbeiten zu können (2021: 73 Prozent). Nur 18 Prozent schätzen, einen Überschuss zu erwirtschaften. Dabei handelt es sich überwiegend um Kliniken in privater Trägerschaft (60 Prozent). 13 Prozent erwarten einen ausgeglichenen Haushalt (2021: 22 Prozent). 62 Prozent der Befragten rechnen zudem mit einer rückläufigen Liquiditätsentwicklung (2021: 49 Prozent).
Danach befragt, welche Folgen die negative wirtschaftliche Entwicklung für Krankenhäuser haben wird, halten 65 Prozent der Führungskräfte Schließungen für wahrscheinlich. 31 Prozent gehen davon aus, dass es zu Verbundbildungen zwischen den Kliniken kommen wird. Eine weitere Privatisierung erwarten dagegen nur vier Prozent.
Auch der Fachkräftemangel bereitet Klinikleiter/innen Sorgen
Der zunehmende Fachkräftemangel bereitet den befragten Führungskräften ebenfalls Sorgen. Im Verlauf der Corona-Pandemie haben viele Beschäftigte in der Pflege den Beruf gewechselt oder stehen aufgrund der anhaltenden Mehrbelastung nicht mehr im vollen Umfang zur Verfügung. Die Mehrheit aller Führungskräfte sieht den Fachkräftemangel daher als eines der wichtigsten Themen der kommenden fünf Jahre an.
Weiterhin gehen die Befragten davon aus, dass die Digitalisierung die Krankenhäuser zunehmend beschäftigen wird. Zu den relevanten Themen zählen sie zudem die Ambulantisierung und den steigenden Kosten- und Effizienzdruck.
Wie Krankenhäuser auf die Herausforderungen reagieren können
Angesichts der ungünstigen Krankenhaus-Prognose stellt sich die Frage, wie Kliniken auf die wirtschaftlichen Herausforderungen reagieren können. Die Unternehmensberatung Roland Berger macht drei Vorschläge:
- Angebot auf Nachfrage abstimmen: Krankenhäuser sehen sich im Moment in einer Situation, in der die Nachfrage nach stationären Behandlungen sinkt, auf der anderen Seite aber nicht ausreichend Personal und infrastrukturelle Kapazitäten für die bestehende Nachfrage vorhanden sind. Roland Berger empfiehlt Klinikmanager/innen, Leistungen und Kapazitäten besser auf die tatsächliche Nachfrage abzustimmen.
- Auf Kooperationen setzen: Durch die Zusammenlegung von sekundären Dienstleistungen wie der Diagnostik können Kliniken unnötige Strukturen abschaffen, Skalierungseffekte nutzen und Kosten sparen. Die klinikübergreifende Kooperation trägt außerdem dazu bei, Expertenwissen zu bündeln. Die stärkere Zusammenarbeit lohnt sich Roland Berger zufolge vor allem für kleinere Häuser.
- Flexibilisierung und Digitalisierung: Nicht alle Kostenpositionen lassen sich durch klinikübergreifende Kooperationen reduzieren. Wo das nicht der Fall ist, müssen Abläufe so effizient wie möglich gestaltet werden. Dazu trägt unter anderem eine weitgehende Digitalisierung bei. Die Personalplanung sollte möglichst flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren können.