
In Deutschland herrscht akuter Mangel an Pflegekräften. Trotz verbesserter Rahmenbedingungen und Anstrengungen der Politik, der Pflegenotstand ist Realität und wird sich in Zukunft immer weiter verschärfen. Viele Einrichtungen haben immer stärker damit zu kämpfen, Pflegestellen zu besetzen und es dauert oft Monate bis Jahre bis qualifiziertes Personal gefunden wird.
Doch was kostet es eigentlich, wenn eine Pflege Stelle für längere Zeit unbesetzt bleibt? Folgend werden die Vakanzkosten in der Pflege genauer betrachtet.
17.000 Stellen in der stationären Pflege unbesetzt
Zahlen zum Pflegenotstand werden immer wieder vermeldet. Laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Krankenhaus Barometer 2019) fehlten im Jahr 2019 insgesamt 17.000 Kräfte in der stationären Pflege. Laut der Publikation Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich aus dem Jahre 2019 war die Situation mit 16.000 unbesetzten Stellen im Bereich der ambulanten Pflege nicht minder groß. Und in der Altenpflege mangelt es sogar an insgesamt 24.000 Pflegekräften.
Dem hohen Personalmangel in der Pflege steht eine immer höhere Patientenzahl gegenüber. Kurzum: Auf mehr Patienten kommen immer weniger Pflegefachkräfte. Durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft steigt der Pflegeaufwand zudem immer weiter und vor allem die Pflegebedürftigen bekommen den Pflegenotstand deutlich zu spüren.
Rund 170 Tage bleibt eine Pflege Stelle unbesetzt
Laut Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2019 bleiben Vakanzen in der Pflege knapp 170 Tage unbesetzt. In der Altenpflege ist die Vakanzdauer mit rund 183 Tagen 63 % höher als in anderen Berufen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Vakanzdauer um 12 Tage gestiegen.
In der Krankenpflege hingegen beträgt die durchschnittliche Vakanzdauer 154 Tage, was einem Anstieg im Vergleich zum Jahr davor von 8 Tagen entspricht. In der Krankenpflege dauert es im Vergleich zu anderen Berufen ebenfalls deutlich länger, bis eine Stelle besetzt werden kann, hier sind es 36 %.
Umsatzeinbußen durch Nichtbesetzung
Länger unbesetzte Pflegestellen stellt Pflegeeinrichtungen und Kliniken vor große Herausforderungen. Und das Problem lässt sich trotz Bemühungen um einen attraktiveren Pflegeberuf nicht kurzfristig lösen. Denn bei einer stärkeren Pflegeausbildung dauert es mehrere Jahre, bis qualifizierter Nachwuchs zur Verfügung steht. Oft vergehen nicht nur Wochen, sondern Monate oder sogar Jahre bis vakante Stellen besetzt sind.
Dadurch entsteht eine hohe Arbeitsbelastung beim übrigen Personal, das die Arbeitsverdichtung auffangen muss. Überstunden, Frust bis hin zu Fehlzeiten oder gar Kündigungen sind die logische Konsequenz.
So stellt sich die Situation auch für Pflegeanbieter aus betriebswirtschaftlicher Sicht als besonders gravierend und existenzgefährdend dar. Können Pflegeleistungen erst gar nicht erbracht werden, entstehen Kliniken oder Pflegeheimen enorme Gewinn- und Umsatzeinbußen.
Cost of Vacancy – Bewertung von Vakanzkosten
Doch wie hoch sind jetzt die tatsächlichen Kosten, die durch unbesetzte Pflege Stellen verursacht werden? In der Personalwirtschaft gibt es dafür eine spezielle Kennzahl: Cost of Vacancy – auf deutsch Vakanzkosten (CoV). Diese Kennzahl vereint Kosten für Nichtbesetzung von Stellen durch Überbrückungsmaßnahmen wie Überstunden oder Kosten für temporäres Pflegepersonal und entgangene Gewinne bzw. Umsätze.
Die Berechnung sieht wie folgt aus:
- Ausgangspunkt ist das Jahresgehalt der zu besetzenden Stelle, das durch die Zahl der Arbeitstage pro Jahr (regulär meist 250) geteilt wird, um das Tagesgehalt zu ermitteln;
- dieser Tagessatz wird mit der Zahl der Tage bis zur Besetzung der Stelle (Recruiting-Dauer) multipliziert;
- zusätzlich fließt die “Wichtigkeit eines Mitarbeiters” im Hinblick auf die Umsatzerzielung in die Berechnung mit ein (3=sehr wichtig, 2=wichtig, 1=nötig)
Angenommen sei eine Stelle für eine Pflegekraft mit einem Jahresgehalt von 30.000 Euro. Die Vakanzzeit beträgt in unserem Beispiel 150 Tage. Außerdem wird ein Berechnungsfaktor von 2 festgelegt, welcher einer wichtigen Stellen entspricht.
30.000 Euro/250 Tage = 120 Euro/Tag
120 Euro/Tag * Faktor 2 = 240 Euro/Tag
240 Euro/Tag * 150 Tage = 36.000 Euro Cost of Vacancy
Die Vakanzkosten werden im Beispiel also mit 36.000 Euro bewertet, was 20 % des Jahresgehaltes der Pflegekraft entspricht. Das ist der Umsatz, auf den wegen der Nichtbesetzung der Pflegestelle verzichtet werden muss.
Personalkostenersparnis und entgangene Gewinne
Da Umsatz nicht gleich Gewinn ist, ist es neben der Berechnung von Vakanzkosten ebenso interessant, den entgangenen Gewinn zu ermitteln. Ausgangspunkt ist in diesem Beispiel das Tagesgehalt von 120 Euro und eine Vakanzdauer von 150 Tagen:
120 Euro/Tag * 150 Tage = 18.000 Euro Personalkostenersparnis
Im Beispiel beträgt die Ersparnis also 18.000 Euro. Zieht man diese Summe vom entgangenen Umsatz in Höhe von 36.000 Euro ab, ergibt sich der entgangene Gewinn:
36.000 Euro – 18.000 Euro = 18.000 Euro entgangener Gewinn
Rechnet man dies auf die Vakanztage um, ergibt sich demnach der entgangene Gewinn pro Tag:
18.000 Euro/150 Tage = 120 Euro entgangener Gewinn/Tag
Könnte die Stelle also beispielsweise 30 Tage früher besetzt werden, würde ein zusätzlicher Gewinn entstehen:
30 Tage * 120 Euro/Tag = 3.600 Euro
Diesen Betrag könnte man wiederum auch kostenneutral für zusätzliches Personalmarketing zur schnelleren Stellenbesetzung investieren.
Fazit
Die Vakanzkosten verdeutlichen wie wichtig professionelles Personalmarketing ist. Angesichts des Pflegenotstands reicht es nicht aus, einfach nur Stellenanzeigen zu schalten und auf Bewerbungen zu warten.
Im hartumkämpften “War for talents” werden Employer Branding und aktive Personalgewinnung und -entwicklung immer wichtiger und sollten daher einen wichtigen Teil in der Personalpolitik einer Klinik einnehmen, damit Vakanzen schnell besetzt werden können um so möglichen Umsatzeinbußen entgegenzuwirken.