Arzt ist ein anspruchsvoller Beruf, der befriedigt, aber auch psychisch und physisch sehr belastet. Wenn es dazu keine Gegengewichte gibt und nicht genug Zeit für Erholung und Entspannung bleibt, droht Erschöpfung und ein Gefühl des Ausgebranntseins stellt sich ein – heute gemeinhin als Burnout bezeichnet. Besonders Klinikärzte sind burnout-anfällig. Das zeigen viele Untersuchungen, zuletzt eine Studie der Landesärztekammer Sachsen.
Was ist ein Burnout und was sind typische Anzeichen?
Was versteht man überhaupt unter Burnout? Es handelt sich um eine tiefe persönliche Krise, die auf anhaltenden Stress und dauernde Überbelastung im Beruf zurückzuführen ist. Typische Symptome sind starke Gefühle der Überforderung und des Ungenügens bis hin zur völligen Erschöpfung. Die ersten Anzeichen werden oft kaum wahrgenommen, die Krise entwickelt sich schleichend. Im Extremfall kann sie sogar zur völligen Arbeitsunfähigkeit führen und es besteht erhöhte Suizid-Gefahr.
Burnout zu diagnostizieren ist nicht ganz so einfach. Denn die Symptome können häufig auch anderen Erkrankungen zugeordnet werden. Denn die Grenzen beispielsweise zur Depression sind fließend. Häufig geht Burnout mit depressiven Erscheinungen einher. Es gibt mehrere validierte Testverfahren wie den Maslach Burnout Inventory (MBI), die eine möglichst treffsichere Burnout-Diagnose ermöglichen.
Warum sind gerade Klinikärzte Burnout-gefährdet?
Klinikärzte sind im Vergleich zu anderen Medizinern überdurchschnittlich häufig von Burnout betroffen. Das liegt an den speziellen Strukturen und Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt auch die ärztliche Aufgabe. Einer aktuellen Erhebung der Landesärztekammer Sachsen zufolge klagen 45 Prozent der befragten Klinikärzte über Burnout-Symptome. 81 Prozent der Befragten geben eine (zu) hohe berufliche Belastung an. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam im vergangenen Jahr eine Umfrage des Landesverbands Berlin-Brandenburg des Marburger Bundes (MB). Danach droht rund einem Drittel der Klinikärzte Burnout. Besonders gefährdet sind Assistenzärzte.
Wodurch besteht ein erhöhtes Burnout-Risiko?
Verschiedene Faktoren kommen im Krankenhaus zusammen, die Burnout begünstigen. Ein wichtiger Auslöser sind die langen Arbeitszeiten. 52 Stunden im Schnitt pro Woche wurden in der sächsischen Umfrage als “Regelarbeitszeit” ermittelt. Viele Klinikärzte opfern dem Beruf einen guten Teil ihrer Freizeit. Ebenfalls belastend: Nachtschichten und Wochenenddienste. Unregelmäßige Arbeitsrhythmen tun niemandem gut. Viele Ärzte müssen dies aber zwangsläufig in Kauf nehmen. Davon abgesehen nehmen viele Ärzte Probleme aus dem Klinik-Alltag mit nach Hause. Das Abschalten fällt häufig schwer.
Hinzu kommen die vergleichsweise starren und hierarchischen Strukturen im Krankenhaus. Sie engen die Freiheitsgrade in der Berufsausübung stark ein. Der Klinikbetrieb ähnelt oft mehr einer “Gesundheitsfabrik”, bei der Abläufe eng getaktet sind. Persönliche Spielräume bleiben da kaum. Assistenzärzte stehen am unteren Ende der ärztlichen Hierarchie-Pyramide und fühlen sich häufig besonders fremdbestimmt. Der anhaltende Kostendruck zwingt außerdem oft zu “schneller Behandlung”. Viele Ärzte erleben das als Gegensatz zu ihrem eigenen medizinischen Anspruch.
Nicht zu unterschätzen sind die Belastungen durch die Behandlungstätigkeit selbst. Krankenhaus-Ärzte sind überdurchschnittlich oft mit Leid und Tod konfrontiert, denn in Kliniken werden vor allem die “schweren Fälle” behandelt. Dass trotzt aller Bemühungen der Heilerfolg ausbleibt, setzt vielen Ärzten zu. Nicht immer gelingt die erforderliche Abgrenzung. Die hohe Verantwortung für menschliches Leben und die Angst, Fehler zu machen, sind ein Belastungsfaktor an sich.
Warum geht es frei praktizierenden Ärzten oft besser?
Im Unterschied zu Klinikärzten sind frei praktizierende Ärzte weit weniger burnout-gefährdet. Hier entsteht zwar auch oft hohe Arbeitsbelastung. Aber viele Stressfaktoren aus dem Klinikbetrieb fallen weg. Es gibt keine Hierarchien, der Arzt ist sein eigener Chef und kann seine Tätigkeit wesentlich freier bestimmen und gestalten. Viele Behandlungsfälle sind Routine und es geht in der Regel nicht um Leben und Tod. Und für ernste Erkrankungen, die die eigenen Möglichkeiten übersteigen, bleibt immer noch die Überweisung ins Krankenhaus. Das wirkt zusätzlich entlastend.
Welche Maßnahmen gegen Burnout sind angezeigt?
Ein einfaches Rezept, wie Klinikärzte Burnout wirksam begegnen können, gibt es nicht. Die Möglichkeiten, selbst die Arbeitsabläufe und -anforderungen belastungsärmer zu gestalten, sind eng begrenzt. Hier sind vor allem die Kliniken in der Verantwortung, für burnout-vermeidende Arbeitsbedingungen zu sorgen. Angesichts betriebswirtschaftlicher Zwänge ein schwieriger Spagat. In der Untersuchung der sächsischen Landesärztekammer konnte immerhin festgestellt werden, dass sich die durchschnittliche Arbeitszeit gegenüber der letzten Untersuchung 2007 um fünf Stunden pro Woche reduziert hat.
Ansonsten bleibt gestressten Klinikärzten nur, an sich selbst zu arbeiten, damit es nicht zum Äußersten kommt und sich im Falle einer persönlichen Krise schnell professionelle Hilfe zu suchen. Gespräche in kleinen Gruppen, Kurse zum Stressmanagement oder Übungen zur Achtsamkeit können helfen, sind aber keine Erfolgsgarantie. Es braucht vor allem Geduld, um Burnout zu überwinden. Das gelingt meist nur mit einer Auszeit. Abgrenzung und “sich vom Beruf nicht auffressen lassen” sind wichtige Herausforderungen. Nur mit einer guten Work-Life-Balance bleibt das Burnout-Risiko gering