„Man kann nicht nicht kommunizieren“, ist ein bekanntes Zitat des Psychotherapeuten ...

Als Arztzeit bezeichnet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Zeit, die Ärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen für die Behandlung von Patienten/-innen zur Verfügung haben. Wie die aktuelle KBV-Arztzahlstatistik für das Jahr 2022 zeigt, ist diese wichtige Ressource weiterhin knapp. Und dass, obwohl die reine Anzahl an der Vertragsärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen zugenommen hat. Verantwortlich ist unter anderem der steigende Anteil an Teilzeitarbeit.
Deutlich mehr Ärzte/-innen sind in Teilzeit tätig
Die KBV-Arztzahlstatistik analysiert, wie viele Ärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Zum Stichtag am 31. Dezember 2022 liegt die Gesamtzahl bei 185.298 Mediziner/innen, darunter 152.697 Ärzte/-innen und 32.601 Psychologische Psychotherapeuten/-innen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Gesamtzahl um 1.962 erhöht, ein Plus von 1,1 Prozent. Verantwortlich für diesen Anstieg sind vor allem die Psychotherapeuten/-innen, deren Zahl im Jahresverlauf um 4,1 Prozent zugenommen hat. Unter den Ärzten/-innen liegt der Anstieg nur bei 0,4 Prozent. Die Zahl der angestellten Ärzte/-innen betrug 46.109.
Mehr Köpfe bedeutet aber noch lange nicht, dass auch tatsächlich mehr Zeit für die Versorgung von Patienten/-innen zur Verfügung steht. In der Praxis nimmt die Arztzeit seit Jahren kontinuierlich ab. Die Ursachen liegen im bürokratischen Aufwand und in der hohen Belastung von Mediziner/innen, aber auch in sich veränderten Arbeitszeitmodellen. Um ihre Work-Life-Balance aufrecht zu erhalten, sind immer mehr Ärzte/-innen in Teilzeit tätig. Unter den niedergelassenen Mediziner/innen herrschen zwar nach wie vor klassische Arbeitszeitmodelle vor und 64 Prozent der Ärzte/-innen sowie 87 Prozent der Psychologischen Psychotherapeuten/-innen arbeiten voll in der eigenen Praxis, allerdings wählt eine wachsende Zahl flexiblere Arbeitsformen oder wechseln in eine angestellte Tätigkeit.
Im Jahr 2022 waren insgesamt 57.793 Ärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen in Teilzeit tätig. Im Vergleich zum Jahr 2012 entspricht das einer Zunahme von 285 Prozent. Der Anteil an Vollzeitbeschäftigten ist im selben Zeitraum um 14 Prozent zurückgegangen.
Frauenanteil steigt
Ein weiteres Ergebnis der KBV-Arztzahlstatistik: Der Frauenanteil in der Medizin steigt. Unter den Niedergelassenen hat er im Jahr 2022 erstmals die 50-Prozent-Marke überschritten. Besonders hoch ist der Frauenanteil unter den Psychologischen Psychotherapeuten/-innen (76,8 Prozent inklusive Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen).
Weitere Fachgebiete mit einem Frauenanteil von über 50 Prozent sind:
- Frauenheilkunde: 71,9 Prozent
- ärztliche Psychotherapie: 66,6 Prozent
- Kinder- und Jugendpsychiatrie: 66,1 Prozent
- Kinder- und Jugendmedizin: 58,9 Prozent
- Haut- und Geschlechtskrankheiten: 56,9 Prozent
Am höchsten ist der Frauenanteil in den jüngeren Altersgruppen. In der Gruppe der unter 39-Jährigen liegt das Verhältnis bei 58 Ärztinnen zu 42 Ärzten, in der Gruppe der über 65-Jährigen kommen dagegen 27,4 Ärztinnen auf 72,6 Ärzte. Weiterhin zeigt die Statistik, dass der Frauenanteil in den neuen Bundesländern deutlich höher ausfällt als in den alten. Im Westen Deutschlands weisen die Stadtstaaten den höchsten Frauenanteil auf.
36,5 Prozent der Hausärzte/-innen stehen kurz vor der Rente
Betrachtet man das Durchschnittsalter der niedergelassenen Ärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen, steht zu befürchten, dass die verfügbaren ärztlichen Ressourcen in Zukunft noch weiter zurückgehen werden. Lag das Durchschnittsalter vor zehn Jahren noch bei 53,3 Jahren, beträgt es laut Arztzahlstatistik 2022 bereits 54,1 Jahre. In der hausärztlichen Versorgung liegt der Anteil der über 60-Jährigen 36,5 Prozent. Zahlreiche Mediziner/innen stehen also kurz vor dem Rentenalter. Entsprechend besteht ein hoher Bedarf an Nachbesetzungen für die freiwerdenden Arztsitze.
Angesichts dieser Entwicklung appelliert die KBV an die Politik, die Rahmenbedingungen für eine niedergelassene Tätigkeit attraktiver zu gestalten. Pro Jahr beschäftigen sich niedergelassene Mediziner/innen mit rund 650 Millionen Behandlungsfällen. Eine enorme Belastung, die auch entsprechend vergütet werden müsse.
In der Sicherstellung der wohnortnahen ambulanten Versorgung sieht die KBV die derzeit größte Herausforderung. Aufgrund der demografischen Entwicklung steige die Nachfrage nach ärztlichen Behandlungen. Zugleich stünden jedoch immer weniger ärztliche Ressourcen zur Verfügung. Die KBV mahnt, dass das deutsche Gesundheitssystem ohne die vertragsärztliche Versorgung in den Praxen nicht funktionieren könne. Neben einer höheren Vergütung für Niedergelassene fordert die KBV daher den Abbau bürokratischer Aufgaben, damit wieder mehr Arztzeit für die Patientenversorgung zur Verfügung steht. Weiterhin müsse die ambulante Weiterbildung konsequent vorangetrieben werden und es sollten Digitalisierungsmaßnahmen ergriffen werden, die den Praxen tatsächlich helfen.