
Den Kliniken fehlt es an Fachkräften. Wer junge Ärzte direkt nach dem Studium rekrutieren und möglichst langfristig binden möchte, muss attraktive Arbeitsbedingungen bieten. Der Hartmannbund hat rund 1.400 Assistenzärtinnen und -ärzte nach ihren Wünschen und Anforderungen gefragt. Der sogenannten “Generation Z” sind demnach sechs Faktoren besonders wichtig.
Junge Ärzte möchten ihr Arbeitsumfeld selbst gestalten können
Was wünschen sich junge Ärztinnen und Ärzte von ihrem Arbeitgeber? Welche Arbeitsbedingungen möchten sie vorfinden und wie stark stimmen ihre Vorstellungen mit der Realität überein? Diesen Fragen ist die Umfrage “Assistenzärzte im Hartmannbund 2018/2019” mit 1.437 Teilnehmern nachgegangen. Die Ergebnisse zeigen: Rund ein Viertel der Assistenzärzte sind mit ihren aktuellen Arbeitsbedingungen unzufrieden. Gut 36 Prozent beurteilen ihre Arbeitsbedingungen als “befriedigend”.
Die Mehrheit möchte sich gerne aktiv ins Klinikgeschehen einbringen und den Arbeitsalltag mitgestalten. Nur 5 Prozent der jungen Ärztinnen und Ärzte haben nach eigenen Angaben allerdings die Gelegenheit dazu. Die Hälfte sagt aus, dass ihre Ideen “gelegentlich” Berücksichtigung finden, rund ein Drittel berichtet davon, sich gar nicht einbringen zu können.
Wie können Kliniken reagieren? Von Vorteil wäre es, Assistenzärzte in Entscheidungs- und Veränderungsprozesse einzubeziehen. Die Arbeit in hierarchieübergreifenden Teams schult das Verständnis und führt zu einem besseren Miteinander.
Assistenzärzte wollen schnell und einfach kommunizieren
Assistenzärzte aus der Generation Z sind mit dem Internet und digitalen Medien aufgewachsen. In ihrem Alltag kommunizieren sie ganz selbstverständlich über Nachrichtendienste, nutzen soziale Medien wie Instagram und YouTube.
Im Klinikalltag fehlen allerdings oft digitale Möglichkeiten zur schnellen und einfachen Kommunikation. Mit dem persönlichen Austausch im Team sind die meisten jungen Ärzte zufrieden, bemängeln allerdings, dass ihnen die Zeit dafür fehlt. Durch den geschickten Einsatz digitaler Medien ließe sich die Kommunikation vereinfachen, Absprachen im Team können schneller getroffen werden.
Kliniken könnten die Social Media-Affinität ihrer Nachwuchskräfte ansprechen, indem sie zum Beispiel verstärkt auf Digital Storytelling setzen und soziale Medien bereits während der Rekrutierungsphase nutzen.
Junge Ärzte wollen verstärkt digitale Möglichkeiten nutzen
Digitale Möglichkeiten können auch dabei helfen, Prozesse in den Kliniken effizienter zu gestalten. Online-Patientenakten und Online-Sprechstunden haben sich längst noch nicht überall durchgesetzt. Viele Prozesse sind zwar digitalisiert, die Mehrheit der Nachwuchskräfte (62 Prozent) hält die Umsetzung jedoch für ineffizient. Wenn Dokumentationen zunächst handschriftlich angefertigt und dann in den Computer eingegeben werden oder Patientenakten mühsam eingescannt werden müssen, nimmt das wertvolle Arbeitszeit in Anspruch. Weniger als zwei Prozent der Befragten berichten, dass an ihrem Arbeitsplatz alle Prozesse komplett und effizient digitalisiert wurden.
Kliniken können davon profitieren, die technik- und medienaffine Generation Z stärker in den Digitalisierungsprozess einzubeziehen. Das geschieht derzeit nur an rund 23 Prozent aller Arbeitsplätze, die eine Digitalisierungsstrategie implementiert haben.
Persönliche Zufriedenheit wichtiger als Geld und berufliche Position
Möglichst viel Geld verdienen? Einen Chefarztposten erreichen? Wie die Umfrage des Hartmannbunds zeigt, ist das vielen jungen Assistenzärzten gar nicht so wichtig. Nur vier Prozent geben an, Chefarzt werden zu wollen. Wesentlich bedeutsamer ist für die Nachwuchskräfte die persönliche Zufriedenheit. Die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit steht bei jungen Ärztinnen und Ärzten ganz oben auf der Prioritätenliste.
Doch bei welcher Arbeitszeit stimmt eigentlich die Work-Life-Balance? Die Mehrheit der Befragten, rund 28 Prozent, gibt an, zwischen 39 und 42 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen. Für weitere fast 28 Prozent liegt die ideale Arbeitszeit zwischen 36 und 38 Stunden pro Woche. Knapp 23 Prozent wünschen sich, 31 bis 35 Stunden arbeiten zu können, elf Prozent geben ihre ideale Arbeitszeit mit 20 bis 30 Stunden an. Nur neun Prozent hätten ihrer Ansicht nach auch bei 42 bis 46 Wochenarbeitsstunden eine ausgewogene Work-Life-Balance.
Assistenzärzte wünschen sich eine gute Begleitung in der Weiterbildung
Medizinische Nachwuchskräfte legen Wert auf eine gute Einarbeitung und eine kompetente fachliche Begleitung während der Weiterbildung zum Facharzt. In der Praxis ist allerdings rund die Hälfte der befragten Assistenzärzte mit der Einarbeitung unzufrieden. Kliniken können junge Ärzte auf sich aufmerksam machen, indem sie offensiv mit ihren Einarbeitungsstrategien und Weiterbildungsmöglichkeiten werben.
Kliniken punkten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen
Einen Vorteil im Kampf um kompetenten Nachwuchs verschaffen sich Kliniken auch, wenn sie jungen Ärzten flexible Arbeitsmodelle anbieten. Teilzeitmodelle ermöglichen zum Beispiel eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gut 40 Prozent der Assistenzärzte befürchten allerdings berufliche Nachteile und Hindernisse, wenn sie von einer Vollzeit- in eine Teilzeitstelle wechseln. Können Kliniken ihrem Nachwuchs diese Sorgen nehmen, tragen sie zur persönlichen Zufriedenheit ihrer jungen Mitarbeiter bei.