Offizielle Regelungen dazu, in welchem Alter man am besten Chefärztin oder Chefarzt werden sollte, gibt es schon aus Gründen der Diskriminierung nicht. Die Frage, wie man Chefarzt wird, lässt sich somit nicht allein durch den Faktor „Alter“ beantworten. Ein Chefarzt verfügt über Facharzttitel, mehrjährige Berufserfahrung, hat Managementfähigkeiten und in der Regel eine Promotion. Das Eintrittsalter als Chefarzt in einem Krankenhaus liegt durchschnittlich zwischen 35 und 49 Jahren. In gewisser Weise spielt das Alter zwar eine Rolle, aber welche Aspekte viel wichtiger sind und ob es den richtigen Zeitpunkt gibt, Chefarzt zu werden, erläutern wir im folgenden Artikel.
Natürliche Altersgrenzen?
Realistische Altersgrenzen bei Chefärzten lassen sich pragmatisch errechnen: Wer mit 18 bis 19 Jahren Abitur macht und danach direkt ein Medizinstudium mit einer Regelstudienzeit von zwölf Semestern beginnt, beendet dies frühestens mit Mitte Zwanzig. Mindestens weitere fünf bis sechs Jahre Facharztausbildung, je nach gewähltem Fachbereich, folgen. Mögliche Zusatzweiterbildungen, z.B. Intensivmedizin oder Klinische Akut- und Notfallmedizin, mit einer Dauer von je 24 Monaten kommen hinzu. Wer dann noch weitere Stationen und Aufstiegsmöglichkeiten nutzt und notwendige Erfahrung als Oberarzt sammelt, kann rein rechnerisch einen Chefarztposten nicht vor einem Alter von Mitte/Ende Dreißig bekleiden.
Daneben darf nicht vergessen werden, dass die Fähigkeiten und Kompetenzen eines Chefarztes mindestens gleich gut oder besser sein sollten als die der künftig nachgeordneten Ärztinnen und Ärzte. Die Erlangung und Verbesserung der eigenen Skills durch praktische Erfahrung und Fortbildungen machen eine spätere Chefarztstelle realistischer. Nach oben wiederum gibt es dann keine Altersgrenze – weder für den Beginn noch das Ende einer Chefarztkarriere. Selbst jenseits der Siebzig können Chefärzte trotz Überschreitung des Renteneintrittsalters tätig sein
Kompetenzen und Fähigkeiten entscheidender als Alter
Ältere Ärztinnen und Ärzte können in der Regel durch große Erfahrung in ihrem Fach überzeugen. Möglicherweise sind sie im Alter auch gelassener und haben eine angebrachte Frustrationstoleranz entwickelt. Wer sich dazu eine hohe Motivation und Lernfähigkeit erhalten hat und diese mit dem Willen verbindet, seine Kenntnisse stets weiterzuentwickeln, verbessert die Chancen auf einen Posten als Chefärztin oder Chefarzt. Eine große Bedeutung besitzt dabei die Fachrichtung und der Anteil der praktischen Arbeit in diesem Fachbereich. Häufig übernehmen Chefärzte die eher schwierigen Fälle. Für deren Behandlung sind viele Jahre Berufserfahrung äußerst vorteilhaft. Doch auch für ältere Kandidaten ist es daher unabdingbar, handfest zu präsentieren, warum sie die richtige Wahl für den Posten als Chefarzt sind.
In Fachgebieten wie der Chirurgie kann die Behandlungsqualität unter veralteten Methoden oder Arbeitsgeräten leiden. Auf Seiten des Arbeitgebers stellt sich zudem die Frage nach Faktoren wie Kondition und Konzentration älterer Bewerber. Befürchtungen, ein Chefarzt im höheren Alter könne oder wolle die laufend anstehenden Veränderungen nicht mitgehen, muss man ebenso entkräften können wie die Gefahr, die Bindung zur jüngeren Generation zu verlieren, die geführt werden muss.
Ältere Ärzte sind also nicht grundlegend im Vorteil. Hinzu kommt die Bedeutung der Führungskompetenz. Es ist zwar anzunehmen, dass es einer Führungskraft ab einem gewissen Alter leichter fällt, auch ältere Mitarbeiter zu führen. Jedoch ist am Kern der Kompetenz nicht zu rütteln: Für eine Führungsposition ist Führungserfahrung essenziell. Gute Führung ist in Teilen Einstellungssache, muss aber wie medizinischen Fertigkeiten erlernt und verbessert werden. Das kontinuierliche Anwenden des richtigen Handwerkzeugs in Form von Führungsprinzipien schärft die eigene Führungsfähigkeit und sollte schon während des Oberarzt-Daseins geschliffen werden. Somit ergeben sich Chancen für Bewerber jeglichen Alters.
Karriere planen und Chancen nutzen
Den Traum von der Stelle als Chefarzt kann und sollte jeder unabhängig seines Alters verfolgen. Leistung, Erfahrung und Fähigkeiten sind wichtiger. Fähige und unfähige Kandidaten gibt es in jedem Alter. Ein dynamischer junger Oberarzt wird nicht automatisch der nächste Chefarzt. Unabhängig von Alter, Fachgebiet und Karriereplänen sollte sich ein Arzt rechtzeitig ins Gespräch bringen, um den begehrten Chefarztposten zu ergattern, denn auf wenige Stelle bewerben sich viele Kandidaten. Ein Chefarzt-Anwärter sollte in jedem Fall frühzeitig die Karriere planen und die richtigen Schritte einleiten, um einen auf die Stellenausschreibung zugeschnittenen Lebenslauf vorweisen zu können, wenn es darauf ankommt.
Ausschlaggebend sind einschlägige Fähigkeiten und Berufserfahrung, Engagement, sinnvolles Networking und vor allem das Erarbeiten und Nutzen von Chancen. Dabei gilt es, vakante Chefarztstellen zu finden, die Bewerbung zu optimieren und bestens vorbereitet in die Vorstellungsgespräche zu gehen. Entscheidend ist, auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen und loszulegen – je früher desto besser. Der richtige Zeitpunkt ist jetzt!