Ein Lachen vermittelt Glück und Unbeschwertheit. Aber kann es auch Heilen? Ja, sagt Felix Gaudo. Er lehrt in Workshops Mitarbeiter/-innen im Gesundheitswesen, mehr Humor im Arbeitsalltag zuzulassen und zaubert als Klinikclown so manches Lächeln in die Gesichter zahlreicher kleiner und großer Patienten/-innen. Von seiner Arbeit erzählt er im Interview mit praktischArzt.
Herr Gaudo, ist Lachen die beste Medizin?
So weit würde ich nicht gehen. Aber ich denke, Lachen ist eine Medizin mit einer enormen Wirkung. Und wir neigen dazu, dies zu unterschätzen.
Wir alle lachen gerne. Aber gerade in Situationen, in denen wir ein Lachen besonders nötig hätten, vergessen wir das häufig. In Stresssituationen heißt es dann oftmals: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“. Dabei ist es wichtig, dass wir uns vor Augen führen, wie hilfreich es sein kann, eine humorvolle Distanz zu den Stressfaktoren in unserem Alltag zu bekommen.
Ich bin davon überzeugt, dass das Lachen und eine grundsätzliche humorvolle Haltung einem dabei helfen können, schlimme Zeiten durchzustehen.
Welchen Stellenwert hat Humor in ihrem Leben?
Natürlich einen sehr großen. Ich bin ein fröhlicher Mensch und lache auch sehr gerne.
Schon als Kind träumte ich davon, Clown zu werden und ich bin dann später tatsächlich an eine Schauspielschule gegangen, um mir diesen Wunsch zu erfüllen. So lernte ich früh, Humor als ein wichtiges berufliches Handwerkszeug kennen. Wobei das Wirken auf der Bühne eher die Komik ist, denn es geht weniger um eine humorvolle Grundhaltung und eher darum, andere zum Lachen zu bringen.
Humor als Grundhaltung ist weniger eine Frage der Begabung wie viele denken, sondern viel mehr eine Kompetenz, die wir trainieren können. Diese Erkenntnis brachte mich dazu, dass ich Humor in meinen Weiterbildungsangeboten zum Thema gemacht habe.
Sie blicken auf eine lange Erfahrung als Moderator und Comedian zurück. Zusätzlich sind Sie als Klinikclown aktiv und geben Humor-Workshops für Ärzte/-innen und Pflegekräfte. Wie sind Sie dazu gekommen?
Die Arbeit von Klinikclowns habe ich einige Zeit aus der Ferne beobachtet und dann plötzlich persönlich erlebt. Meine jüngste Tochter war mit zwei Jahren eine Zeit lang krank und lag im Krankenhaus. Sie bekam täglich Spritzen und Infusionen. Natürlich konnten wir einem zweijährigen Kind nicht verständlich machen, dass es wichtig ist, dass jeden Tag Menschen in weißen Kitteln kommen und ihr wehtun. Die Folge war, dass sie wütend und traurig wurde und sich immer mehr zurückgezogen hat. Eines Morgens kamen dann zwei Klinikclowns auf die Station und sie vermochten es, meine Tochter aus diesem Zustand zu holen. Das zu erleben, war sehr berührend für mich und führte dazu, dass ich mir sagte: „Das will ich auch tun!“ Seitdem arbeite ich in meiner Freizeit als Klinikclown.
Die Humor-Workshops im Gesundheitswesen kamen über den Kontakt zu meinem Freund Dr. Eckart von Hirschhausen zustande. Wir haben früher zusammen Kabarett gemacht. Im Jahr 2008 gründete er die Stiftung „Humor hilft heilen“ mit dem Ziel, den Humor ins Gesundheitswesen, beziehungsweise Menschlichkeit in die Humanmedizin zu bringen. Für diese Stiftung bin ich als fachlicher Leiter tätig und gebe Workshops für Ärzte/-innen, Pflegekräften und in Pflegeschulen.
Kann man Humor denn erlernen?
Humor lässt sich auf jeden Fall trainieren. Wichtig ist, dass wir den Mut aufbringen, uns in angespannten Situationen auch mal humorvoll zu äußern. Da dies auch falsch verstanden werden kann, trauen sich viele Menschen das nicht zu.
Grundsätzlich geht es um das Training, uns weg vom klassischen Defizitblick auf Positives auszurichten. Wenn man den eigenen Fokus bewusst auf heitere Dinge und humorvolle Erlebnisse richtet, gewöhnt man sich automatisch mit der Zeit eine humorvollere Grundhaltung an.
Wie sieht Ihre Arbeit als Humor-Trainer vor Ort aus? Welche Inhalte vermitteln Sie?
Inhaltlich beschäftigen wir uns in den Workshops, die ich, zusammen mit ca. 25 Kolleg/innen seit dem Jahr 2014 für die Stiftung „Humor hilft heilen“ anbiete, intensiv mit Kommunikation, positiver Psychologie (Persönlichkeitsentfaltung) und der Gelotologie (Humorforschung).
Methodisch ist es uns wichtig, die Dinge nicht nur kognitiv zu vermitteln. Stattdessen arbeiten wir sehr praktisch, denn die Teilnehmer/innen sollen die Inhalte erleben können. Da kommen dann viele Methoden aus der Theaterpädagogik zum Einsatz, damit das neu gelernte auch nachhaltig im Gedächtnis bleiben kann.
Manche Teilnehmer/innen tun sich anfangs schwer, sich auf einen Humor-Workshop einzulassen. Aber wenn sie dann erstmal mittendrin sind, merken sie schnell, wie gut ihnen das tut und wie wichtig das für ihren Arbeitsalltag ist.
Was könnten Ärzte/-innen und Pflegekräfte in ihrem Arbeitsalltag tun, um mit mehr Humor bei der Sache zu sein?
Das wichtigste vorweg: Spaß und Lachen sollten ernstgenommen werden!
Es ist beispielsweise hilfreich, heitere Erlebnisse, schriftlich festzuhalten. Dadurch schafft man es, immer wieder den Fokus auf die humorvollen Elemente des Berufsalltags zu legen. Das könnte in Form eines Humortagebuchs geschehen, oder man stellt im Dienstzimmer ein Glas auf, in welches die Mitarbeiter/innen Zettel mit besonderen Anekdoten werfen können. Dann kann man diese spaßigen Erinnerungen zu besonderen Anlässen mit dem Team teilen.
Darüber hinaus ist es hilfreich, sich aktiv mit dem Thema „Dankbarkeit“ zu beschäftigen. Im Alltag dankbarer zu sein, steigert den persönlichen Glückslevel. Ebenso effektiv ist es, die eigene Komplimentekultur zu reflektieren und sich zu fragen: „Wie gehe ich mit Wertschätzung um?“
Lassen Sie uns zum Abschluss noch über Ihre Tätigkeit als Klinikclown eingehen. Wo liegen da für Sie die besonderen Herausforderungen?
Der große Unterschied zwischen der Tätigkeit als Klinikclown und als Clown auf der Bühne ist, dass man in der Klinik kein einstudiertes Skript, keine festgelegte Show hat, die man spielt. Vielmehr bestimmen die Patienten/-innen den Verlauf des Programms. Wir trainieren viel Empathie und Einfühlungsvermögen. Denn je nach Befinden des/der Patienten/-in, machen wir, worauf er/sie Lust hat – selbst, wenn das bedeutet, das Zimmer an manchen Tagen direkt wieder zu verlassen.
Man muss sich vergegenwärtigen, dass das Publikum nicht nur durch die eigenen Krankheiten belastet sind, sondern zusätzlich durch den Aufenthalt im Krankenhaus. In einem Krankenhaus geben Patienten/-innen ihre persönliche Freiheit an der Pforte ab und befinden sich in einer fremdgesteuerten Situation. Es ist Anliegen der Klinikclowns, den Patienten/-innen einen Teil dieses verlorenen Gefühls der Selbstwirksamkeit zurückzugeben.
Wenn Menschen davon erfahren, dass ich als Klinikclown arbeite, fragen sie mich häufig: „Wie hältst Du das aus – all das Leid?“ Und darauf kann ich nur antworten, dass es sehr viel einfacher ist, als ich mir das selbst vorher gedacht hatte. Denn wir Clowns sind die einzigen im Krankenhaus, die sich nicht um das Leid der Patienten/-innen kümmern. Wir sind darauf fokussiert, Späße mit den Patienten/-innen zu machen. Für uns zählen nur die gesunden Anteile und das ist es, was geschätzt wird.
Zur Person:
Felix Gaudo ist Redner, Moderator, Trainer, Autor und Clown. Der gelernte Schauspieler steht seit 30 Jahren auf den Bühnen. Seine Bühnenkarriere begann er als Clown, Komiker und Moderator. Inzwischen hält er Vorträge und Seminare. Er arbeitet als Humor-Experte für Unternehmen, in der Pädagogik und zusammen mit der Stiftung „Humor Hilft Heilen“ von Eckart von Hirschhausen im Gesundheitswesen u.a. als Gastdozent an Pflegeschulen. Nebenberuflich ist er als Klinikclown tätig und ist Vorstandsmitglied beim CLOWN DOKTOREN e.V. 2011 wurde er mit dem Trainer-Preis Launeus-Award ausgezeichnet.