Wie gestaltet sich der Arbeitsalltag im Zentrum für Psychiatrie und wo liegen die Besonderheiten in diesem Fachbereich? Darüber spricht Dr. Matthias C. Michel, Geschäftsleiter und Ärztlichen Direktor des Zentrums für Psychiatrie Weinsberg am Klinikum am Weissenhof, im Interview mit praktischArzt.
Warum haben Sie sich für diesen Fachbereich entschieden? Was fasziniert Sie daran?
Die menschliche Psyche hat mich schon immer interessiert. Schon während meines Medizinstudiums hatte ich denk Wunsch, Psychiater zu werden. Ich denke, ich arbeite in dem Fachbereich, in welchem man so viel Zeit hat, wie in sonst keinem anderen medizinischen Fachbereich. Und diese Zeit kann man nutzen, sich intensiv mit den Patienten/-innen auseinanderzusetzen. Man arbeitet mit Menschen zusammen, die häufig mit teils sehr belastenden Lebenssituationen oder Erkrankungen umgehen müssen. Diese Patienten/-innen geben einem viel zurück und sind häufig schon für kleine Fortschritte enorm dankbar.
Wie gestaltet sich der Arbeitsalltag in Ihrem Fachbereich?
Der Arbeitsalltag ist sehr unterschiedlich und davon abhängig, wo man arbeitet. Die Arbeit in der Suchtklinik unterscheidet sich beispielsweise von der in der Akutpsychiatrie oder der Gerontopsychiatrie. Im weitesten Sinne kann man sich den Arbeitsalltag wie in einem somatischen Krankenhaus vorstellen: Es gibt verschiedene Abteilungen und jede hat ihre eigenen Schwerpunkte.
Am Morgen starten wir den Tag in der Regel mit einer Übergabe. Anschließend gehen wir in die Patientenkontakte – zum Beispiel Einzelgespräche. Im weiteren Tagesverlauf findet eine Visite statt und wir sind viel im Austausch bezüglich möglicher Therapieformen. Wir arbeiten generell sehr viel multiprofessionell – also Hand in Hand mit der Pflege, Therapeuten/-innen und anderen Berufsgruppen.
Welche Eigenschaften muss ein/e Nachwuchsmediziner/in mitbringen, um in diesem Fachbereich zu arbeiten?
Natürlich sollte man eine Begeisterung für den Beruf und auch eine Liebe zu den Menschen mitbringen – sprich die Lust, sich mit den Patienten/-innen mit all ihren Facetten und Problemen intensiv auseinanderzusetzen. Darüber hinaus ist Teamfähigkeit und die Lust, auf Augenhöhe mit anderen Berufsgruppen zusammenzuarbeiten bei uns im Hause sehr wichtig.
Warum sollte sich ein/e Nachwuchsmediziner/in für Ihre Klinik entscheiden? Was zeichnet Sie im Vergleich zu anderen aus?
Unsere Klinik bemüht sich sehr um Nachwuchsmediziner/innen und wir haben in der Vergangenheit einiges aufgebaut, was das Arbeiten bei uns spannend macht. Beispielsweise liegt uns eine optimale Work-Life-Balance sehr am Herzen, weshalb wir verschiedenste Arbeitszeitmodelle anbieten. Ich denke, dass eine Arbeit beispielsweise in Teilzeit im Fachbereich der Psychiatrie einfacher umsetzbar ist als in anderen Fachbereichen.
Wir haben für unsere Mitarbeitenden auf dem Klinikgelände eine eigene Kita geschaffen, die lange Öffnungszeiten hat und gerade junge Eltern damit entlastet. Außerdem gibt es Wohnmöglichkeiten auf dem Klinikgelände, sogenannte „Anker-Wohnungen“. Diese sind möbliert und speziell für Kollegen/-innen gedacht, die neu zu uns kommen und dort erstmal wohnen können, bis sie eine eigene Wohnmöglichkeit gefunden haben. Darüber hinaus suchen wir als Arbeitgeber nach freiem Wohnraum, den wir dann an unsere Angestellten vermitteln.
Zuletzt legen wir auch viel Wert auf das betriebliche Gesundheitsmanagement und bieten viele Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung beziehungsweise zum Ausgleich an. Denn das alles dient letztlich dazu, dass unsere Mitarbeitenden selbst gesund bleiben.
Lassen Sie mich außerdem noch kurz das Thema Weiterbildung ansprechen. Wir verfügen über die volle Weiterbildungsermächtigung in unserem Fachgebiet und bieten diesbezüglich einiges an.
Wie gestaltet sich der idealtypische Werdegang in Ihrer Abteilung?
Unsere Klinik bietet den Vorteil, dass man alle Facetten der psychologischen Versorgung kennenlernen kann. Wir hatten schon Mitarbeitende, die über das PJ an unser Haus kamen und dann später ihren Facharzt bei uns gemacht haben. Die sind dann mit der Zeit in Chefarztpositionen reingewachsen. Das zeigt, dass wir viel Wert darauflegen, unseren Mitarbeitenden langfristig Perspektiven aufzuzeigen uns sie an unser Haus zu binden. Die Möglichkeiten zur Entwicklung sind vielfältig.
Welche Ziele haben Sie für Ihre Klinik in den kommenden Monaten und Jahren?
Wir befinden uns bereits in einem Prozess, unsere psychologische Versorgung weiter zu verbessern. Aktuell treiben wir eine Ambulantisierung voran, denn unsere ambulante Versorgung ist konstant weitergewachsen. Darüber hinaus bauen wir multiprofessionelle Teams auf, welche die Patienten/-innen vor Ort besuchen und damit vermeiden, dass diese in die Klinik kommen müssen.
Zur Person:
Dr. Matthias C. Michel ist Geschäftsleiter und Ärztlicher Direktor des Zentrums für Psychiatrie Weinsberg am Klinikum am Weissenhof.