
Sollen gesetzliche Krankenkassen homöopathische Behandlungen erstatten? Diese Frage erhitzt aktuell die Gemüter. Viele Ärzte und Wissenschaftler hätten sich gewünscht, dass Deutschland dem französischen Vorbild folgt. Denn im Nachbarland werden homöopathische Leistungen ab 2021 nicht mehr von den Krankenkassen übernommen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) möchte hingegen die Homöopathie als Kassenleistung erhalten.
Gesundheistminister Spahn hält an Homöopathie als Kassenleistung fest
Gesundheitsminister Spahn hat sich dagegen entschieden, Kassenleistungen für Homöopathie abzuschaffen. Als Grund nennt er den eher geringen Anteil, den die Ausgaben für Homöopathie an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Kassen ausmachen. Rund 40 Milliarden Euro geben die Kassen im Jahr für Arzneimittel aus. Etwa 20 Millionen davon entfallen auf homöopathische Mittel.
Was ist Homöopathie?
Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann hat die Homöopathie im 19. Jahrhundert begründet. Dabei geht der Begriff Homöopathie auf die altgriechischen Wörter homóios (= gleichartig) und páthos (= Leid) zurück und erklärt damit auch das Wirkprinzip: “Heile Ähnliches mit Ähnlichem”. Stoffe, die Krankheiten auslösen, sollen in verdünnter Form die Symptome lindern, indem sie die Selbstheilungskräfte aktivieren.
Die Grundstoffe für homöopathische Mittel stammen von Pflanzen, welche mineralischem oder tierischem Ursprungs sind. Seltener kommen auch Krankheitserreger zum Einsatz. Damit sie den homöopathischen Prinzipien entsprechen, wird aus diesen Stoffen zunächst eine Urtinktur hergestellt, die dann in weiteren Prozessen verdünnt werden. In der Alternativmedizin nennt man diesen Prozess Potenzierung. Je stärker ein Mittel verdünnt wird, umso wirkungsvoller sollen die homöopathischen Mittel sein.
Die Einnahme der homöopathischen Mittel erfolgt meist in Form von Globuli. Das sind Kügelchen aus Zucker oder Süßstoff, die mit den Tinkturen beträufelt wurden. Es gibt aber auch homöopathische Tabletten oder Tropfen.
Wann wird Homöopathie eingesetzt?
Homöopathie wird bei so gut wie allen Beschwerden eingesetzt. Globuli sollen zum Beispiel Heuschnupfen lindern oder aber bei Blasenentzündungen, Übelkeit und Magen-Darmproblemen helfen. Außerdem können homöopathische Mittel Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen und Depression mildern.
Schulmediziner und auch viele Alternativmediziner raten allerdings dringend davon ab, bei schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten auf Homöopathie als alleine Behandlungsform zu setzen. In diesen Fällen könne sie die Schulmedizin lediglich ergänzen.
Wie wirkt Homöopathie?
Anhänger der Homöopathie sind von der Wirkung überzeugt und wollen die positiven Effekte mit verschiedenen Untersuchungen nachweisen. Demgegenüber stehen allerdings zahlreiche medizinische Studien, die zu negativen Ergebnissen kommen.
Meta-Analysen zeigen, dass es bislang keine glaubwürdigen wissenschaftlichen Belege für eine Wirkung homöopathischer Mittel gibt. Positive Effekte führen die Studien auf andere Gründe zurück, etwa auf den Placebo-Effekt. Der Glaube an die Wirkung sowie die persönliche Betreuung durch den Homöopathen führt demnach zur Besserung.
Zu diesem Ergebnis gelangte auch eine großangelegte Studie der französischen Gesundheitsbehörde HAS. Das führte zur Abschaffung der homöopathischen Kassenleistungen in Frankreich ab 2021 und heizte auch die Diskussion in Deutschland erneut an.
Wann übernehmen Krankenkassen die Kosten für Homöopathie?
Aufgrund der aktuellen Studienlage fehlt Homöopathie-Kritikern zufolge die Grundlage für eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Dennoch übernehmen derzeit 84 von 110 gesetzlichen Krankenkassen homöopathische Behandlungen als sogenannte Satzleistungen, also als freiwillige Zusatzleistung. Erstattet wird Homöopathie, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt mit Diplom des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) oder mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie erfolgt.
Für die Krankenkassen ist die Übernahme homöopathischer Leistungen in erster Linie eine Werbemaßnahme. Homöopathie-Anhäger sind oft jung und gut ausgebildet. Die großen Kassen haben meist ältere Versicherungsnehmer, die relativ geringe Beiträge zahlen. Durch die Erstattung homöopathischer Mittel hoffen die Kassen, junge und gut verdienende Kunden zu halten, die sonst zu einer privaten Krankenversicherung wechseln würden.
Die Ausgaben für homöopathische Mittel gehen in Deutschland allerdings zurück. Im Jahr 2016 machten Apotheken mit dem Verkauf von Homöopathika noch 405 Millionen Euro Umsatz, im Jahr 2018 waren es 380 Millionen Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen der Aussage von Gesundheitsminister Spahn zufolge pro Jahr 20 Millionen Euro für homöopathische Arzneimittel.