
Spenderblut und Blutbestandteile sind für akut erkrankte Menschen oft lebensnotwendig. Deswegen verliert das Mobilisieren der Bevölkerung zur Blutspende nie an Aktualität. Jedoch nicht alle Bevölkerungsgruppen sind auch heute noch gleichermaßen zur Blutspende zugelassen. Für homo- und bisexuelle sowie transgeschlechtliche Menschen gelten nach wie vor Einschränkungen. Die dafür maßgebliche “Richtlinie Hämotherapie” aus dem Jahr 2017 ist aktuell in der Diskussion, nicht zuletzt auch wegen der zurückgehenden Spendenbereitschaft infolge der Corona-Krise.
Problematisches Ausschließen von Risikogruppen
Über das Blut uns sexuellen Kontakt übertragbare Krankheiten wie HIV und Hepatitis gaben den Ausschlag dafür, Homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen zunächst generell vom Blutspenden auszuschließen. Das früher bestehende lebenslange und generelle Verbot des Blutspendens für homosexuelle Männer wurde bereits im Jahr 2015 vom Europäischen Gerichtshof für unzulässig erklärt, denn es ist diskriminierend und verletzt die Menschenrechte. Die Politik war nun aufgefordert, ihre Blutspende-Leitlinien entsprechend abzuändern.
Überarbeitung der “Richtlinie Hämotherapie”
Verantwortlich für die Regelung der Blutspende ist die so genannte “Richtlinie Hämotherapie”. Sie ist Teil des Transfusionsgesetzes. Es sollte bis zum Jahr 2017 dauern, bis diese “Richtlinie Hämotherapie” entsprechend abgeändert wurden. Ab sofort war es damit homosexuellen Männern unter der Bedingung, zwölf Monate kein “sexuelles Risikoverhalten” praktiziert zu haben, möglich, Blut zu spenden. Ergänzt werden soll das Blutspenden durch neue Technik zum Nachweis von HIV und durch Befragung des Spenders. Gerade in den ersten Wochen nach einer Infektion besteht ein geringes Restrisiko, da Nachweismethoden die Infizierung nicht oder nicht zweifelsfrei erfassen können. Eine diskriminierende Rückstellung bedeutet aber auch diese Regelung. Denn in der Praxis verbirgt sich hinter dieser Formulierung, über zwölf Monate hinweg enthaltsam zu leben. Zudem gilt die Rückstellung nicht für lesbische Frauen.
Aktuelle Diskussion zur Änderung des Transfusionsgesetzes
Die “Richtlinie Hämotherapie” soll daher auf Weisung des Richtliniengebers aber auch in regelmäßigen Abständen überprüft werden, ob die Gründe für solch eine Gruppenrückstellungen noch aktuell und vertretbar sind. Gefordert wird hier ein Ende der Diskriminierung zugunsten einer sachlichen Auseinandersetzung mit der individuellen Person, ihren Lebensumständen und ihrem Verhalten. Sowohl Koalitionsparteien als auch Parteien der Opposition unterstützen eine solche Überprüfung und setzen sich mit diesem Thema im Rahmen einer parlamentarischen Abstimmung auseinander. Viele Regierungs- und Oppositionsparteien vertreten die Ansicht, dass das medizinisch nicht notwendige Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer gelockert werden muss. Angesichts des sich ausbreitenden neuartigen Coronavirus und der Tatsache, dass jedes Jahr mehrere tausend Blutspender aus Alters- oder Krankheitsgründen ausfallen, sind Spender so wichtig wie nie zuvor, um Engpässe zu vermeiden. Auch mit Hinblick auf Spender seltener Blutgruppen ist es nicht sinnvoll, Menschen pauschal vom Blutspenden auszuschließen oder lebensferne Regelungen daran zu binden.