OPs sind hermetisch abgeriegelte Bereiche…und das ist auch gut so. Oft blicke ich mich um und bin dankbar dafür, dass die Öffentlichkeit nicht an den absurden Szenerien teilhaben kann, die sich bei uns tagtäglich abspielen.
Heute stand ich bei einem Eingriff, der idealerweise nach 60 Minuten hätte vorbei sein sollen…war er aber nicht. 2 Stunden nach Ablauf der angepeilten OP-Zeit waren wir immer noch am Werk, und es war kein Ende in Sicht. Dafür wurde das schwere Geschütz aufgefahren, und wir durchleuchteten und laserten abwechselnd, sodass wir dank der dicken Bleischürzen und Halskrausen nicht nur aussahen wie Michelin-Männchen, sondern wegen der megaschicken Laserschutzbrillen auch noch wie eine Armada fetter Stubenfliegen. Der Patient indes wurde selbstverständlich auch mit einer Brille versorgt, und lag da wie ein sonnenbadender Käfer auf dem Rücken: Mit Laserschutzbrille auf der Nase und Schnorchel im Mund.
Einige Kuriositäten zelebrieren wir ausschließlich zum Zweck des eigenen Wohlbefindens.
Da Narkose machen und Operieren harte und anspruchsvolle Jobs sind, darf man sich zwischendurch auch eine kleine Entspannungspause gönnen. Es gibt Operateure, die das Händeausschütteln auf so passionierte Art und Weise zelebrierten, dass mein erster Gedanke „Epileptischer Anfall?“ war, und der zweite: „Oh Gott, Kauter-Stromschlag!“
So manche Wartezeit muss im OP auch überbrückt werden. Warten auf den Oberarzt, auf den Schnellschnitt, das Transplantat oder das fünfundzwanzigste Ersatzsieb. Kürzlich beobachtete ich, wie ein Operateur im Geiste die letzte Tanzstunde durchging, und in deiner Solodarbietung rund um den OP-Tisch walzte und slow-foxte. Andere wiederum spielen mit der OP-Schwester Vier Gewinnt auf einem der Abdecktücher, trainieren ihre Squats oder hängen sich mit dem OP-Kittel-Band am Tisch ein, und lehnen sich für ein kleines Nickerchen zurück.
Und wenn alles nicht mehr hilft und keiner mehr Lust hat, gibt es noch ein Reservebonbon im Saal: Musik! Es ist ja tatsächlich wissenschaftlich erwiesen, dass Musik entspannt und einen enormen positiven Einfluss auf die Stimmung nehmen kann. Wenn aber 3 Urologen in ausgelassener Stimmung die Köpfe in den Nacken legen und aus voller Kehle „Ich hab einen Ring um meine Eier“ schmettern, schickt man als Sandmann doch das eine oder andere Stoßgebet zum Himmel, dass vor einem nicht der eine Patient aus Tausenden liegt, der eine Awareness erlebt.
Natürlich sind wir jeden Tag, in jeder Stunde, hochkonzentriert bei der Arbeit.
Aber – Gott sei Dank – sind wir ja auch nur Menschen und haben gerne Spaß
an dem was wir so tun.
Also Türe zu und Musik ab!
Herzliche Grüße
Frau Sandmann