Wenn ein/e Patient/in einen Arzttermin versäumt bzw. diesen nicht frühzeitig absagt, ...

Es liegt durch die im Lebensalltag omnipräsente Digitalisierung im Trend, „Dr. Google“ zu befragen. Doch das gilt längst nicht mehr nur für Krankheitssymptome, sondern auch die Wahl des Arztes bzw. der Ärztin. Wer zu einem/-r unbekannten Arzt/Ärztin gehen möchte, schaut sich heute Bewertungen auf Google an: Je weniger Sterne dort ein/e Arzt/Ärztin erhält, desto schneller wird die Kompetenz in Frage gestellt. Unbestritten ist, dass solche Bewertungen mittlerweile eine Entscheidungshilfe für Patienten/-innen sind, womit sich für niedergelassene Ärzte/-innen eine strategische Herausforderung gibt. Es kann ihnen nicht egal sein, was Patienten/-innen im Internet über den Besuch in der Praxis berichten.
Google-Bewertungen: Das zeigen Auswertungen
Eine aktuelle Untersuchung des Meyer-Hentschel-Instituts von mehr als 1.000 Arztbewertungen zeigt, dass die Mehrheit aller Patienten/-innen zufrieden mit ihrer Praxis ist. Interessant sind ferner die Gründe für Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit einer Praxis, die wir weiter unten betrachten wollen.
Generell haben Bewertungen bei der mit großem Abstand führenden Suchmaschine aber eine besondere Bedeutung: Sie erscheinen in erster Position und die Anzahl der Sterne vermittelt sofort ein bewertendes Bild. Die verfassten Rezensionen sind frei und in kein Korsett gefasst. Somit können Patienten/-innen ihre positiven und auch negativen Erfahrungen frei äußern, was im Fall der Wahrheit einen hohen Erkenntnisgewinn haben kann. Nicht unerwähnt bleiben darf aber, dass Bewertungen immer stark subjektiv geprägt sind. Vergessen werden darf zudem nicht, dass viele Patienten/-innen mit einer ganz bestimmten Erwartungshaltung eine Praxis besuchen. Enttäuschungen können insofern mental vorprogrammiert sein.
Auswertungen: Was Patienten/-innen wirklich wollen
Oder anders gefragt: Was macht Patienten/-innen zufrieden? Mit der Freundlichkeit und Einfühlsamkeit des/-r Arztes/Ärztin stehen emotionale Bewertungskriterien mit mehr als 50 Prozent klar auf Platz eins. Fast genauso wichtig ist Patienten/-innen ein freundliches und hilfsbereites Praxisteam. Die Arztkompetenz belegt Platz drei der Gründe für die Zufriedenheit mit einer Praxis. Grundlegend setzen Patienten/-innen Fachkompetenz voraus, sodass besonders die wahrgenommene Kompetenz oft zu einer positiven Bewertung führt. Die Zeit, die sich der Arzt/die Ärztin genommen hat, liegt mit knapp 22 Prozent abgeschlagen auf Platz vier.
Diese Faktoren sorgen für Unzufriedenheit
Vor allem eine schlechte Praxisorganisation führt oft zu schlechten Bewertungen. Lange Wartezeiten und eine schlechte telefonische Erreichbarkeit werden von unzufriedenen Patienten/-innen sehr häufig beklagt. Fast jede/r zehnte unzufriedene Patient/in kritisiert trotz Termin eine zu lange bzw. nicht mehr akzeptable Wartezeit. Unfreundlichkeit des Praxisteams wird in knapp 18 Prozent aller negativen Bewertungen moniert.
Mutmaßliche Fehldiagnosen oder eine Verschlimmerung der Beschwerden werden ebenfalls oft in Verbindung mit negativen Erfahrungen genannt. Etwa zehn Prozent der Bewertungen zweifeln die Arzt-Kompetenz an, wobei nicht selten ein Vergleich mit anderen Mitgliedern/-innen einer Gemeinschaftspraxis vorgenommen wird.
Facharztpraxen werden online häufiger schlecht bewertet
Interessant bei der Auswertung der Daten ist, dass Facharztpraxen generell schlechter als Hausarztpraxen abschneiden. Fachärzte/-innen ernten in 39 Prozent der Fälle Kritik, Hausärzte/-innen nur in 27 Prozent der Fälle. Das kann an der besonders hohen Erwartungshaltung liegen, da Patienten/-innen in der Regel ja zur näheren Abklärung an eine/n Facharzt/-ärztin überwiesen werden.
Ein genauerer Blick auf die Daten geigt, dass ein freundliches Praxisteam sowie eine schlechte Organisation häufige Gründe für die Unzufriedenheit mit einer Facharztpraxis sind. Fast jede/r zehnte Patient/in beschwert sich darüber, mit einem akuten Gesundheitsproblem abgewiesen worden zu sein. Fast sechs Prozent der Bewertungen beinhalten Kritik an Selbstzahler-Leistungen (IGEL), da vorher nicht genug über anfallende Kosten aufgeklärt wurde.
Nicht nur Suchmaschinen, sondern auch Bewertungsportale spielen eine Rolle
Auch wenn das gegoogelte Ergebnis die erste Anlaufstelle mit Bewertungen ist, sollten Ärzte/-innen ihren Blick nicht nur darauflegen. In den letzten Jahren haben auch viele Bewertungsportale regen Zulauf verzeichnet.
Ärzte/-innen können mit solchen Portalen ihre digitale Reichweite enorm erhöhen und im besten Fall ihr Image aufbessern. Im Gegensatz zu Google-Bewertungen gibt es hier klar definierte Kriterien (z.B. Wartezeit, Terminvergabe), sodass sich potenzielle Patienten/-innen ein sehr differenziertes Bild verschaffen können. Nicht selten klicken Patienten/-innen nach einem ersten Eindruck auf eines der genannten Portale, um die Erfahrungen anderer Patienten/-innen differenziert zu vertiefen. In diesem Sinne sind Bewertungen immer auch als Erfahrungsaustausch im digitalen Raum zu sehen.
Fazit: Monitoring und Image als zukünftige Herausforderungen für Ärzte/-innen
Ob Bewertungen auf Google oder auf einem der zahlreichen Portale für Ärzte/-innen: Es handelt sich um eine reichweitenstarke digitale Visitenkarte für eine Arztpraxis, deren strategische Bedeutung immer wichtiger wird. Schlechte Bewertungen können schnell zu einem negativen Image werden, sodass die Auslastung der Praxis im Extremfall darunter leiden könnte. In jedem Fall sollte kein/e niedergelassene/r Arzt/Ärztin mehr blind auf diesem Auge sein und professionelles Monitoring betreiben: Durch Feedback auf Kritik lässt sich eine konstruktive Atmosphäre schaffen, die im Idealfall zu Verbesserungen führt. Wer aber alles unkommentiert im digitalen Raum stehen lässt, wirft kein gutes Licht auf die eigene Praxis.
Ärzte/-innen können aus Bewertungen lernen, wenn sie auf Tatsachen beruhen und sachlich-konstruktiv vorgetragen werden. Meistens sind es schlechte Erfahrungen, die Patienten/-innen zu einer negativen Bewertung verlassen. Wer Patienten/-innen mit hoher Qualität begeistert, wird automatisch alles richtig für eine positive Bewertung tun, die auch im digitalen Zeitalter weiter als persönliche Empfehlung für eine/n Arzt/Ärztin zu lesen ist.