Das Jobportal Stepstone hat über 600.000 Gehaltsangaben von seiner Website und der Seite „Gehalt.de“ analysiert und in seinem „Gehaltsreport 2022“ veröffentlicht. Wie auch in vergangenen Jahren gehörten Ärzte/-innen dabei zu den Top-Verdienern. Wo die Gehälter in Deutschland besonders hoch sind und wie die Ärzteschaft dabei im Vergleich zu anderen Berufsgruppen dasteht, beschriebt dieser Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Gehaltsdurchschnitt in Deutschland
Der gesamtdeutsche Median für alle analysierten Einkommen lag bei 44.074 Euro, der Bruttodurchschnitt bei 51.009 Euro. In diesen Angaben sind alle Bonuszahlungen, Provisionen, Prämien etc. enthalten. Wer dabei in großen Unternehmen angestellt ist, kann sein Gehalt um mehr als die Hälfte steigern, verliert jedoch oft die Flexibilität und das familiärere Arbeitsumfeld in Kleinunternehmen.
Akademiker/innen liegen dabei mit einem Durchschnittseinkommen von knapp 60.000 Euro brutto deutlich über dem von Nicht-Akademikern/-innen mit rund 40.000 Euro. Auch die Berufserfahrung spielt eine entscheidende Rolle. Während Berufseinsteiger mit einem Jahresbruttoeinkommen von etwa 33.800 Euro rechnen können, steigt dieses nach wenigen Jahren auf über 40.000 Euro an und kommt schließlich nach 11 bis 25 Jahren bei 52.000 Euro an.
Dem Report zufolge zeigt sich in Deutschland immer noch ein deutlicher – wenn auch unbereinigter – „Gender Pay Gap“ mit einem Durchschnittseinkommen von 47.320 Euro bei den Männern und 40.533 Euro bei den Frauen.
Geographisches Einkommensgefälle
Wie auch in der Vergangenheit spielt die geographische Lage eine wichtige Rolle bei den Einkommen. Den Süd-Westen des Landes führt Hessen mit einem Durchschnittseinkommen von 47.840 Euro an, das niedrigste Gehalt wird in Mecklenburg-Vorpommern mit 34.320 Euro pro Jahr gezahlt und zeigt damit, dass immer noch ein deutliches Gehaltsdefizit von 22 Prozent zwischen den alten und neuen Bundesländern besteht. Vergleicht man das Gehalt zwischen Land und Stadt, verschärft sich der Unterschied noch einmal.
Übersicht über das Ärzteeinkommen
Laut dem Gehaltsreport sind Ärzte/-innen die Top-Verdiener unter den Akademikern/-innen. Das Bruttomediangehalt von 78.317 Euro liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 44.074 Euro. Einige Gehälter liegen jedoch noch einmal deutlich darüber, was sich im Bruttodurchschnittsgehalt von 92.597 Euro zeigt. Beispiele hierfür sind Positionen mit Personalverantwortung, diese werden mit durchschnittlich 128.834 Euro deutlich besser bezahlt als Stellen ohne Personalverantwortung, die mit 72.800 Euro vergütet werden.
Wie auch in anderen Berufen steigt das Gehalt kontinuierlich mit zunehmender Berufserfahrung an. Während Berufseinsteiger/innen mit 46.800 Euro im Jahr starten, liegen sie nach der Assistenzarztzeit, also nach etwa sechs bis zehn Jahren schon durchschnittlich bei 88.148 Euro. Wer noch länger im Beruf ist, kann ein Gehalt von um die 109.816 Euro erwarten.
„Gender Pay Gap“ und regionale Unterschiede
Auffällig ist in der Medizin trotz weit verbreiteter Tarifverträge ein immer noch großer „Gender Pay Gap“ von knapp 25 Prozent: Während Ärztinnen im Durchschnitt 69.959 Euro verdienen, liegen ihre männlichen Kollegen mit 93.600 Euro deutlich darüber.
Regionale Unterschiede spielen hingegen eine geringere Rolle als in der Gesamtwirtschaft. Zwar zahlt man auch hier die höchsten Gehälter im Süden des Landes, jedoch sind auch andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein unter den gut bezahlten Regionen. Sachsen bleibt beispielsweise nur knapp zehn Prozent hinter der bestbezahlten Region Bayern zurück. Das Schlusslicht bildet Sachsen-Anhalt mit noch einmal etwa zehn Prozent weniger. Durch den Ärztemangel vor allem in ländlichen Regionen könnte das regionale Gefälle in der Zukunft jedoch noch einmal abnehmen und so mehr Anreize schaffen, sich in ländlichen Regionen niederzulassen.
Vergleich zu anderen Berufsgruppen
Auch wenn Ärzte/-innen zu den Top-Verdienern in Deutschland gehören, gibt es immer mehr Menschen, die aufgrund der hohen Arbeitsbelastung oder aus Interesse dem Beruf den Rücken kehren und in anderen Branchen arbeiten. Eine Option stellt dabei das Consulting dar. Das Bruttomediangehalt liegt dabei mit 56.379 Euro jedoch fast 30 Prozent unter dem ärztlichen Mediangehalt. Noch deutlicher wird der Unterschied nach über zehn Jahren Arbeitserfahrung, wo im Consulting mit einem Gehalt von um die 68.640 Euro zu rechnen ist.
Eine traditionell gut bezahlte Gruppe von Akademikern/-innen sind Ingenieure/-innen. Tarifverträge sind in dieser Berufsgruppe deutlich weniger verbreitet als bei Ärzten/-innen, sodass sie einen guten Vergleich im freien Arbeitsmarkt bieten. Das Bruttomediangehalt für Ingenieure/-innen liegt bei 59.280 Euro pro Jahr, der Bruttodurchschnitt mit 64.328 Euro etwas darüber. Auch in diesem Bereich zahlt sich Personalverantwortung aus: 94.444 Euro kann man hier durchschnittlich erzielen, ohne diese sind es nur 57.297 Euro. Auffällig ist auch im Ingenieurwesen ein recht hoher „Gender Pay Gap“ von 19 Prozent.
Gesundheit, Pflege und soziale Dienste
Im Bereich „Gesundheit, Pflege und soziale Dienste“ zahlt man allgemein eher geringe Gehälter, was unter anderem daran liegt, dass viele Berufe in diesem Bereich klassische Ausbildungsberufe sind. Diese werden traditionellerweise durch die kürzere Ausbildungszeit niedriger bezahlt. Der Durchschnitt in diesem Bereich liegt bei 36.656 Euro, mit Studienabschluss liegen die Gehälter bei 54.080 Euro, was durch Personalverantwortung auf rund 64.275 Euro gesteigert werden kann. Zu den Spitzenverdienern/-innen im Bereich „Gesundheit, Pflege und soziale Dienste“ gehören Pharmareferenten/-innen mit 67.699 Euro, Einrichtungsleiter/innen mit 65.000 Euro und Pflegedienstleiter/innen mit 49.920 Euro. Gesundheits- und Krankenpfleger/innen liegen mit 41.080 Euro im Mittelfeld, Physiotherapeuten/-innen mit 32.842 Euro weiter unten auf der Gehaltsskala.
Das Nordost/Südwest-Gefälle und die Unternehmensgröße können hier Unterschiede von je etwa um 30 Prozent ausmachen.
Zukünftige Entwicklung und die Corona-Pandemie
Laut der Gehaltsanalyse sind die Löhne in den zehn Jahren vor der Corona-Pandemie (also in den Jahren 2010 bis 2019) in Deutschland um etwa 2,4 Prozent pro Jahr gestiegen. Diese Entwicklung könnte sich durch die stete Nachfrage nach Fachkräften und den demographischen Wandel weiter fortsetzen, wenn keine unvorhergesehenen Krisen die Situation verschlechtern.
Im Jahr 2022 wurde der Mindestlohn um knapp 9 Prozent angehoben, was weite Folgen auf das Lohnniveau in Deutschland hat, sodass die Analysten/-innen von einer Lohnsteigerung zwischen 3 und 4,7 Prozent ausgehen.
Das Gesundheitssystem ist deutlich regulierter als der freie Arbeitsmarkt. Ein steigender Mangel an ärztlichem Personal sowie Pflegekräften könnte dazu führen, dass vor allem in ländlichen Regionen vermehrt finanzielle Anreize gesetzt werden, um Fachpersonal in diese Regionen zu ziehen und so den steigenden Bedarf zu decken. Die Auswirkungen auf das Lohnniveau bleiben abzuwarten.