Überall, wo sich Menschen begegnen, kann es dazu kommen, dass es zwischen zwei Menschen funkt. Da ist die Arztpraxis oder die Klinik nicht ausgeschlossen. Doch das Flirten mit Patienten ist eigentlich eine problematische Situation, die Ärzte oder Ärztinnen vermeiden sollten. Wo liegen die Grenzen beim Flirten? Und was passiert, wenn es darüber hinaus geht?
Die gesetzliche Lage zu Flirten mit Patienten
Die gesetzliche Lage ist zumindest hinsichtlich Sex zwischen Arzt/Ärztin und Patienten eindeutig. Denn Sex zwischen PatientIn und MedizinerIn ist nach den Berufsordnungen einiger Landesärztekammern ausdrücklich verboten. Demzufolge dürfen ÄrztInnen mit ihren PatientInnen “keine sexuellen Kontakte aufnehmen oder dulden”.
Keine konkreten Verhaltensregeln im Gesetzbuch
Im Strafgesetzbuch wird des Weiteren auf sexuellen Missbrauch eingegangen. Nach Paragraf 174c, Absatz 1, wird sexueller Missbrauch bei Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs-, oder Betreuungsverhältnisses mit bis zu fünf Jahren im Gefängnis bestraft. Dazu zählt beispielsweise, wenn ÄrztInnen ihre Macht nutzen, um Patienten sexuell gefügig zu machen. Allerdings passieren diese strafrechtlich relevanten Fälle nicht oft.
Aber Verhaltensregeln, wenn sich PatientIn und MedizinerIn tatsächlich ineinander verlieben sollten, sind gesetzlich nicht spezifisch dargelegt. Demzufolge spreche nichts gegen privaten Kontakt nach Praxisschluss oder Schichtende. Sexuelle Kontakte dürften selbstverständlich nicht vorkommen. Hierbei ist von hoher Bedeutung, dass private Treffen getrennt vom Arztbesuch gehalten werden. Müssen zum Beispiel Laborbefunde besprochen werden, muss das im Rahmen eines Termins stattfinden, nicht im Restaurant.
ÄrztInnen müssen jedoch die objektive Einschätzung des Arzt-Patienten-Verhältnisses berücksichtigen. Falls Zweifel aufkommen sollten, dies nicht mehr tun zu können, sollte sich der/die PatientIn nach einem anderen Arzt oder einer anderen Ärztin umschauen.
Flirten ist erlaubt, erschüttert aber Arzt-Patienten-Verhältnis
Flirten mit Patienten ist tendenziell also erlaubt – sobald es nicht darüber hinausgeht. Wie heftig Arzt flirten darf, ist gesetzlich gleichermaßen nicht festgelegt. Nichtsdestotrotz sollten ÄrztInnen mit Vorsicht vorgehen: falls in der Praxis oder der Klinik geflirtet werden sollte, kann es schnell als Übergriff seitens des Patienten empfunden werden.
Außerdem können vermeintlich harmlose Flirts das Arzt-Patienten-Verhältnis zerstören, da ein Machtgefälle entstehen kann. Der oder die Arzt/Ärztin kann dann der oder die Stärkere sein, da diese/r mehr über die Person weiß als umgekehrt.
Heutiges digitales Zeitalter macht Grenzziehung schwierig
Des Weiteren macht die Digitalisierung die Grenzziehung, was bereits als Übergriff gilt und was nicht, schwierig. Schreibt beispielsweise ein Arzt oder eine Ärztin einer oder einem PatientIn auf WhatsApp, herrscht erstmal Ratlosigkeit, inwieweit das erlaubt ist.
Hierbei ist es mitunter abhängig davon, ob sich der/die PatientIn von einem digitalen Flirtversuch belästigt fühlt. Obwohl das sogenannte “Abstinenzgebot” bei MedizinerInnen vorherrscht, bezieht sich dies insbesondere auf psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlungen und auf minderjährige PatientInnen.
Somit ist es schwierig, herauszustellen, was nun verboten ist und was nicht. Dennoch sollte nach genanntem “Abstinenzgebot” ein Arzt oder eine Ärztin die Patientenbeziehung nicht zur Befriedigung eigener Bedürfnisse und Interessen nutzen – dies ist bei einer Kontaktaufnahme über WhatsApp eigentlich gegeben.
Was passiert beim Bruch des Arzt-Patienten-Verhältnisses?
Nur selten existieren Fälle, in welchen sich Ärzte angesichts einer Affäre oder eines Flirts tatsächlich rechtfertigen müssen. Doch ÄrztInnen sollten trotzdem auf der Hut sein: beendet man das Verhältnis, kam es bereits vor, dass PatientInnen eine Strafanzeige erstatteten, um sich zu rächen. Obwohl sich die Vorwürfe nicht bewahrheiten lassen, muss die Staatsanwaltschaft trotzdem Ermittlungen aufnehmen. Wird der/die betroffene Arzt oder Ärztin freigesprochen, drohen neben Rufschädigung öffentliche Bloßstellung.
Bei einer tatsächlichen Grenzüberschreitung des Arztes oder der Ärztin muss ein beschuldigter Arzt erst angehört werden, schlimmstenfalls mit einer Geldstrafe oder Rüge rechnen. Steht allerdings Aussage gegen Aussage und man kann keinen Tatbestand ermitteln, ist eine Rüge oder ein Verfahren unwahrscheinlich.
Im Falle einer gerechtfertigten Strafanzeige, welche sexuelle Übergriffe oder Missbrauch beinhaltet, sind hingegen schwerwiegende Folgen zu erwarten. Dazu gehören der Entzug der Approbation, eine zivilrechtliche Klage auf Schmerzensgeld sowie eine Haftstrafe.
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