Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz tritt am 1. März 2020 in Kraft. Es soll qualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern in den deutschen Arbeitsmarkt bringen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Denn aktuell sind 1,2 Millionen Arbeitsplätze unbesetzt. Neben Handwerkern und IT-Spezialisten fehlen ebenso Ärzte sowie Pflegekräfte.
Notwendigkeit des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes
Es ist inzwischen keine Seltenheit mehr, dass Unternehmen Stellen mit einem hervorragenden Gehalt und aussichtsreichen Entwicklungsmöglichkeiten anbieten. Dennoch finden sich keine Bewerber, da ein Mangel an Fachkräften besteht.
Diese Problematik ist über mehrere Branchen hinweg zu beobachten und macht auch vor größeren Unternehmen keinen Halt. Dementsprechend fehlt es an Ingenieuren, Handwerkern in der Baubranche, Pflegekräften, IT-Spezialisten, Experten für Luft- und Raumfahrt, Mechatronik, Elektrotechnik, Energietechnik und an Fachkräften in MINT-Berufen wie Mathematik und Naturwissenschaften. Auch Ärzte, Physiotherapeuten und Pflegekräfte werden händeringend gesucht.
Demnach hatten laut dem Krankenhaus Barometer 2019 im Frühjahr 76 % der Krankenhäuser Probleme, offene Arztstellen zu besetzen. Auf den Allgemeinstationen der Kliniken im Pflegedienst hatten im Jahr 2019 vier von fünf Krankenhäuser Probleme, für offene Pflegestellen Bewerber zu finden. Hierbei gilt: Je größer die Klinik, desto unwahrscheinlicher die Stellenbesetzung.
Der Grund des Fachkräftemangels liegt darin, dass es in der deutschen Wirtschaft an Spezialisten fehlt. Der demographische Wandel intensiviert diesen Mangel weiterhin. Vor allem bei medizinischen Berufen ist der Wandel gravierend: die Alterung der Gesellschaft macht im Umkehrschluss mehr medizinisches Personal erforderlich.
Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Relevante Regelungen
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist mit einem Einwanderungsgesetz gleichzusetzen. Als Fachkraft gelten Akademiker, welche einen in Deutschland anerkannten Hochschulabschluss aufweisen. Doch Fachkräfte sind gleichermaßen Beschäftigte mit einer in Deutschland anerkannten, qualifizierten Berufsausbildung.
Bisher fand eine Prüfung bei der Bundesagentur für Arbeit statt, ob es für eine unbesetzte Stelle passende Kandidaten aus Deutschland oder der EU gibt, bevor eine Firma eine ausländische Fachkraft einstellen durfte. Diese Vorrangprüfung fällt mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz weg. Eine Einführung kann je nach Veränderung des Arbeitsmarktes jedoch wieder angestrebt werden.
Darüber hinaus gilt, dass ausländische Fachkräfte ohne Arbeitsvertrag eine Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate bekommen, wenn sie eine qualifizierte Berufsausbildung nachweisen können.
Diese Zeit sollen sie für die Jobsuche nutzen und können bis zu zehn Wochenstunden auf Probe arbeiten. Zudem ist ebenfalls das Absolvieren eines Praktikums möglich. Voraussetzungen sind hierbei jedoch, dass B2-Deutschkenntnisse vorhanden sind, genauso wie genug finanzielle Ressourcen für den Lebensunterhalt.
Ferner ist es mit dem Gesetz nun erlaubt, dass Personen mit einem Abschluss deutscher Auslandsschulen neben einem Studium in Deutschland auch die Option erhalten, sich einen Studien- oder Ausbildungsplatz zu suchen. Erwähnenswert ist überdies, dass die Migration von Fachkräften außerhalb der EU-Staaten nicht mehr lediglich auf definierte “Mangelberufe” begrenzt ist.
Langfristige Integration der ausländischen Fachkräfte
Das Ziel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist es, dass die Fachleute langfristig im deutschen Arbeitsmarkt integriert werden. Demgemäß liegt die Perspektive darin, dass ausländische Fachkräfte zukünftig einen Teil der deutschen Gesellschaft werden sollen.
Damit gekoppelt ist die Absicht, dass die Zugezogenen ebenfalls sichere Zukunftschancen haben. Infolgedessen sollen Fachleute mit deutschem Hochschulabschluss oder einer deutschen Berufsausbildung nach zwei Jahren Arbeit eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Fachkräfte mit ausländischem Abschluss bekommen die Erlaubnis nach vier Jahren.
Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Chancen und Risiken
Im Hinblick auf das bald in Kraft tretende Gesetz gibt es sowohl positive als auch negative Kritik.
Bürokratieaufwand und beschleunigte Verfahren
Die deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßte in einer Stellungnahme aus dem Mai 2019 die transparenten Optionen für die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten. Die aus dem Gesetz resultierende schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen sowie die Option, nicht ausreichend ausgebildete ausländische Kandidaten nachzuqualifizieren, sieht die DKG ebenfalls als positiv an.
Des Weiteren bewertet die DKG die schnelleren Verfahren zur Anerkennung beruflicher Abschlüsse gut. Dies führe zu weniger Bürokratieaufwand bei den Krankenhäusern, welcher ohne das neue Gesetz bis dahingehend immens war.
Kliniken können demnach ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren beantragen, dies sei wertvoll. Gerade für Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens sei das von hoher Wichtigkeit, um schnellstmöglich Ärzte und Pfleger aus dem Ausland beschäftigen zu können.
Gleichbehandlung höher und niedrig qualifizierter Fachkräfte
Dennoch könnte es bei der Antragstellung bereits zu Schwierigkeiten kommen, da vielfältige Details zu einer Verzögerung des Verfahrens führen können. Dementsprechend kann es vorkommen, dass bei Gleichwertigkeitsprüfungen von Fachkräften aus Drittstaaten viele Unterlagen benötigt werden. Das kann dazu führen, dass Anträge nicht nach zwei Monaten fertiggestellt sind, sondern länger brauchen.
Außerdem erfolgt mittels des neuen Gesetzes eine Gleichsetzung der akademischen Einwanderer mit denen, welche eine qualifizierte Berufsausbildung haben. Während die Anerkennung eines Studiums aus dem Ausland jedoch schnell ersichtlich wird, ist die berufliche Anerkennung sowie der Nachweis der Gleichwertigkeit aus dem dualen System etwas komplexer.
Denn in diesem Zusammenhang kann es sich um einen lang dauernden Prozess handeln, welcher nicht gerade kostengünstig ist. Für Auslandskandidaten ist der spezifische Verlauf weiterhin häufig nicht entschlüsselbar.
Kliniken müssen für ausländische Bewerber geeignet sein
Bevor eine Klinik sich für die Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte entscheidet, muss man zuerst klären, ob das Krankenhaus hierfür geeignet ist. Nicht jede Klinik kann beispielsweise den Prozess vom Anwerben der ausländischen Pflegekräfte oder Ärzte bis zur Beschäftigung alleine bewältigen. In diesem Fall empfiehlt es sich, externe Unterstützung zu holen.
Ferner müssen die Krankenhäuser Integrationsmaßnahmen einkalkulieren, welche mit Einbinden von Pflegekräften oder Ärzten aus dem Ausland einhergehen. Dies ist insbesondere in dem Sinne relevant, um mangelnde Deutschkenntnisse und kulturelle Barrieren abzubauen. Fortbildungsangebote für ausländische Mediziner könnten erste Abhilfe schaffen.
Fazit
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll dazu führen, dass Deutschland nachhaltig ausländische Fachleute in den Arbeitsmarkt ein- und weiterbildet. Aus diesem Grund soll eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren stattfinden.
Um den Zuzug nach Deutschland attraktiv und schneller zu gestalten, weist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zusätzliche Maßnahmen wie das Wegfallen der Vorrangprüfung auf. Obwohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft das kommende Gesetz im Großen und Ganzen positiv bewertet, gibt es Bedenken, ob die Verfahren wirklich weniger Bürokratieaufwand und Zeit nach sich ziehen.
Darüber hinaus müssen Krankenhäuser berücksichtigen, Integrationsmaßnahmen anzubieten, wenn sie ausländische Pfleger oder Ärzte rekrutieren möchten. Ob das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wirklich langfristig dem Fachkräftemangel entgegenwirken kann, wird die Zukunft zeigen.