Nach dem erfolgreichen Studienabschluss und dem Erwerb der Approbation hat der medizinische Nachwuchs die Qual der Wahl der medizinischen Fachrichtung. Der folgende Beitrag formuliert eine Entscheidungshilfe für die Wahl der passenden Facharztrichtung.
Top-5 Facharztwahl: Welche Fachrichtung begeistert die meisten Ärzte/-innen?
Für Mediziner/-innen hat der deutsche Markt 34 Fachrichtungen zur Auswahl. Das Angebot ist groß und die Wahl des medizinischen Fachgebiets daher nicht leicht zu treffen. Insbesondere dann nicht, wenn man sich bereits während des Humanmedizinstudiums schwergetan hat, sich für nur ein Fachgebiet begeistern zu können bzw. kaum eine Vorstellung hatte, als was man später einmal ärztlich tätig sein möchte.
Auch wenn es die Möglichkeit gibt, die Fachrichtung während der Weiterbildungszeit zu wechseln, sollte die Entscheidung nicht unterschätzt werden und sorgsam getroffen werden. Folgende Fachrichtungen zählen zu den Top-5 und können ggf. das Interesse wecken.
Platz 1: Innere Medizin
Die Fachrichtung der Inneren Medizin wählen über 16 Prozent der angehenden Ärzte/-innen. Die Weiterbildungszeit dauert fünf Jahre bzw. sechs Jahre, wenn man einen Schwerpunkt wie Kardiologie oder Rheumatologie wählt.
Platz 2: Kinder- und Jugendmedizin
Für das Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin entscheiden sich fast zehn Prozent. Die Weiterbildungszeit dauert fünf Jahre.
Platz 3: Allgemeinmedizin
Ungefähr neun Prozent der Studierenden möchten als Allgemeinmediziner/-in arbeiten und als „Hausarzt/-ärztin“ in einer niedergelassenen Praxis erste/-r Ansprechpartner/-in für Patienten/-innen sein. Die Weiterbildungszeit dauert fünf Jahre und kann flexibel aufgeteilt werden – zwei Jahre der Weiterbildungszeit müssen in einer Hausarztpraxis absolviert werden.
Platz 4: Anästhesiologie
8,5 Prozent der Studierenden entscheiden sich für die Fachrichtung Anästhesiologie. Die Weiterbildungszeit erstreckt sich über fünf Jahre und beinhaltet abwechslungsreiche Aufgabenfelder, die von der Narkotisierung von Patienten/-innen über Schmerzmedizin bis zur Intensiv- und Notfallmedizin reichen.
Platz 5: Chirurgie
Als Chirurg/in ist man der Star unter den Ärzten/-innen. 8,3 Prozent der Studierenden entscheiden sich für eine chirurgische Karriere. Die Weitbildungszeit dauert sechs Jahre, nach einer zweijährigen Basisweiterbildung hat man die Möglichkeit, sich in verschiedenen Bereichen zu spezialisieren. Aufgrund der Vielfältigkeit ist die Chirurgie eine sehr angesehene Fachrichtung.
Im Anschluss an die Top-5 folgen die Fachrichtungen Orthopädie und Unfallchirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Radiologie.
Sieben Fragen für die passende Facharztwahl
Um auf die Frage nach der passenden und „richtigen“ Facharztrichtung eine adäquate Antwort geben zu können, wird empfohlen, sich zunächst mit folgenden sieben Fragen auseinander zu setzen.
1. Arbeiten Sie gerne direkt am Menschen?
Sofern diese Frage bejaht wird, können patientennahe Fachdisziplinen, können zum Beispiel die Innere Medizin und die Kinder- und Jugendmedizin als Fachgebiet berücksichtigt werden.
2. Schätzen Sie das direkte Gespräch und das Einfühlen in die Gedankenwelt des Gegenübers?
Wird diese Frage bejaht, können eine Weiterbildung in der Psychiatrie/Psychotherapie oder in der Psychosomatischen Medizin/Psychotherapie eine passende Wahl darstellen.
3. Fällt die Bewältigung von negativen Krankheitsverläufen schwer?
Sofern diese Frage bejaht wird, stellen Disziplinen wie die Onkologie keine gute Wahl dar und sollten vermieden werden.
4. Verfügen Sie über eine gute Feinmotorik?
Bei zutreffender guter Feinmotorik sind chirurgische Fächer eine optimale Fachrichtung.
5. Sind Sie körperlich belastbar?
Körperliche Belastbarkeit ist vor allem in der Orthopädie und Unfallchirurgie, wenn während operativer Eingriffe zum Teil große Krafteinwirkung erforderlich wird, von Vorteil. Sofern dies zutrifft, stellen diese Fachrichtungen eine gute Wahl dar.
6. Sind Karrierechancen sehr wichtig für Sie?
Die Möglichkeit hierarchischer Aufstiege ist abhängig von der jeweiligen Fachrichtung. Chefarztpositionen in der Orthopädie und Unfallchirurgie sind aufgrund der Beliebtheit eher rar, während ein Karriereaufstieg in der Psychiatrie und Psychotherapie realistischer erscheint.
7. Legen Sie Wert auf eine gute Work-Life-Balance?
Geregelte Arbeitszeiten sind im Klinikalltag eher selten, aber im Rahmen einer ärztlichen Tätigkeit in der Allgemeinmedizin durchaus realistisch. Sofern eine gute Work-Life-Balance angestrebt wird, kann die Allgemeinmedizin eine gute Facharztwahl darstellen.
Erste Einblicke zur Einordnung
Das Beantworten der oben genannten Fragen kann hilfreich sein, um einen ersten Einblick für sich selbst zu erhalten, in welche Richtung – unter Berücksichtigung der Aspekte wie Patientennähe, Feinmotorik, psychische und körperliche Belastbarkeit, Karrierechancen oder Work-Life-Balance – sich der zukünftige berufliche Werdegang entwickeln soll. Hierdurch lässt sich auch die Auswahl der Fächer eingrenzen.
Famulaturen und das Wahltertial im Praktischen Jahr nutzen
Der Marburger Bund spricht die Empfehlung aus, die Gelegenheit zu nutzen, im Rahmen von Famulaturen und dem Wahltertial im Praktischen Jahr (PJ) erste Einblicke in unterschiedliche Fachgebiete zu bekommen, um die eigenen Interessen zu erkunden und zu finden. Eine Weiterbildungsbroschüre bietet eine erste Übersicht zu den einzelnen Facharztprofilen und liefert Informationen über die jeweiligen Weiterbildungen.