
Mit abgeschlossener Approbation zum Arzt denken nur wenige über eine Karriere im Versicherungswesen nach. Dabei bieten Versicherungen geregelte Arbeitszeiten, vielfältige Aufgaben und schnelle Aufstiegsmöglichkeiten. Für alle Gerichts-, Arbeits- und Sozialmedizin Interessierten, könnte die Arbeit als Facharzt für Versicherungsmedizin eine spannende Alternative zur ärztlichen Tätigkeit in Praxen oder Krankenhäusern darstellen.
Was sind die Aufgaben als Facharzt für Versicherungsmedizin?
Ärzte für Versicherungsmedizin arbeiten meist für Krankenkassen, Invaliditäts-, Unfall- und Lebensversicherungen. Dabei sind sie sowohl für öffentlich-rechtliche als auch für private Versicherungsunternehmen tätig. Die hier tätigen Mediziner werden auch als Gesellschaftsärzte bezeichnet.
Generell sind Versicherungsmediziner meist als Gutachter tätig. Das bedeutet, dass sie als medizinischer Sachverständiger zwischen Versicherungen, ihren Mitgliedern und Kassenärzten vermitteln. Generell fallen Fragen zu Prävention, Risikobeurteilung und Leistungsansprüchen in den Zuständigkeitsbereich der Versicherungsmediziner. Beispielsweise werden Antragsteller auf Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich der Art und Dauer ihrer Erkrankung untersucht.
Ein weiterer Aufgabenbereich ist die Erstellung und Aktualisierung medizinischer Richtlinien, die als Grundlage einer Entscheidung im Schadensfall dienen. Im Gegensatz zur ärztlichen Tätigkeit in der Klinik befassen sich die Versicherungsmediziner weniger mit individuellen Krankheitsverläufen. Stattdessen werden die Statistiken ähnlicher Fälle herangezogen, um eine Langzeitprognose zu erstellen. Auf Grundlage dieser Prognose wird die Versicherungsprämie berechnet. Dabei arbeiten sie eng mit Mathematikern und Juristen zusammen.
Häufig sind Ärzte für Versicherungsmedizin in beratender Tätigkeit aktiv. Sie beraten Versicherungen in medizinischen Fragen, die viel Fachwissen voraussetzen. Dafür dürfen sie auf Informationen der behandelnden Ärzte zugreifen.
In der Forschung sind sie unter anderem an der Analyse von epidemiologischen Trends und der Kosten-Nutzen-Analyse von medizinischen Untersuchungsmethoden beteiligt. Derzeit ist die Versicherungsmedizin nur an der Universität Lübeck vertreten.
Weiterbildungsmöglichkeiten zum Arzt im Versicherungswesen?
Bisher gibt es keine spezielle Facharztausbildung zum Arzt Versicherungsmedizin. Allerdings gilt in diesem Bereich: je mehr ärztliche Berufserfahrung desto besser. Fachkenntnisse im Versicherungswesen sowie juristische, statistische und wirtschaftliche Qualifikationen sind ein weiterer Vorteil.
Die Niederlande, Belgien und Tschechien sind uns im Hinblick auf die Facharztausbildung voraus. Hier kann in vier Jahren eine Ausbildung zum Facharzt für Versicherungsmedizin erfolgen. Dabei gibt es viele Überschneidungen mit den deutschen Facharztausbildungen zum Arbeitsmediziner und Sozialmediziner. Allerdings wird die Ausbildung in den drei Ländern nicht EU-weit anerkannt.
Die postgraduelle Weiterbildung kann auch in einem speziellen Masterstudiengang erfolgen. Derzeit bietet die Universität Tübingen in Kooperation mit dem Universitätsspital Basel und der Medizinischen Universität Wien einen Master of Advanced Studies (MAS) in Versicherungsmedizin an. Allerdings wird auch hier eine mehrjährige Berufserfahrung vorausgesetzt. Gemischte Gruppen aus Ärzten, Gesundheitsökonomen, Case Managern, Juristen und Angestellten von Versicherern und Behörden werden berufsbegleitend auf die speziellen Anforderungen der Versicherungsmedizin vorbereitet. Die komplette Ausbildung ist auf zwei Jahre ausgelegt. Allerdings können in kürzeren Zeiträumen spezielle Diplome und Zertifikate erworben werden.
Die Bundesärztekammer bietet derzeit eine strukturierte curriculäre Fortbildung zum Medizinischen Begutachter an. Voraussetzung hierfür ist ebenfalls eine Facharztausbildung. Die Qualifizierung zum Medizinischen Sachverständigen cpu kann auch schon während der Facharztausbildung erfolgen.
Was verdient ein Versicherungsmediziner?
Genaue Lohnangaben sind nur für die Schweiz ersichtlich. Hier verdient ein Arzt für Versicherungsmedizin durchschnittlich 15.000 Schweizer Franken im Monat. Das entspricht circa 13.000 Euro. Im Vergleich verdient ein Arzt ohne nähere Bezeichnung nur 8.000 Schweizer Franken im Monat, also etwa 7.000 Euro. Die Verdienstmöglichkeiten sind demnach überdurchschnittlich gut. Außerdem werden Jobanwärter mit einer engen, interdisziplinären Zusammenarbeit im Team, schnellen Aufstiegschancen und einer guten Work-Life-Balance geworben.