Die Europawahlen stehen kurz bevor. Grund genug für uns zu schauen, in wie weit Europa auf die deutsche Gesundheitspolitik Einfluss nehmen möchte und welche Forderungen seitens großer Verbände an die Politik gestellt werden.
Bereits im März hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Position zur Europawahl veröffentlicht , in der sie eine „flexible Arbeitszeitorganisation“ für Krankenhäuser, mit einer „Änderung des Arbeitsgesetzes“ von der Politik fordert. Im Endeffekt heisst das nichts anderes, als dass europäische Regelungen wie die maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden, außer Kraft gesetzt werden. (siehe hierzu auch unseren Blogartikel zur Opt-Out Regelung)
Der Marburger reagierte prompt und kritisierte die DKG scharf.
„Es könne nicht sein, dass auf Kosten der Ärzte Arbeitsschutzstandards abgebaut werden und die Uhr in eine Zeit zurückgedreht wird, wo Bereitschaftsdienste nur teilweise als Arbeitszeit angerechnet wurden.“ Die deutschen Krankenhäuser hätten es selbst in der Hand für gute und moderne Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Auch wenn bei Regelungen von Arbeitsschutzstandards eine gewisse Reglementierung auf europäischer Ebene sinnvoll ist und auf keinen Fall aufgeweicht werden darf, fordert die Bundesärztekammer in vielen andere Bereichen mehr „Mut zur Subsidarität“.
Die europäische Union soll, wo es notwendig ist, gemeinsame Rahmenbedingungen schaffen und ansonsten ihr „unzulässigen Harmonisierungsstreben“ zurückstellen. Unter anderem fordert die BÄK:
– Die Organisation des Gesundheitssystems bleibt Sache der Mitgliedsländer. Die gemeinsame Gesundheitspolitik sollte sich auf Maßnahmen der Mobilität von Patienten und Ärzten, Innovations- und Forschungsförderung und Wissenstransfer zwischen en Ländern konzentrieren.
– Keine EU-Norm zur Patientenbehandlung
– Bürokratieabbau und transparentere und verständlichere Gestaltung von politischen
– Prozessen und Entscheidung der EU zum Thema Gesundheit
Patientendaten müssen geschützt werden. Hierzu bedarf es besserer europäischer Datenschutzbestimmungen.
An diesen kurzen Beispielen zeigt sich, wie unterschiedlich die Forderungen je nach Organisation und Fragestellung an die europäische Gesundheitspolitik sind. Geht es um Arbeitsbedingungen, wird seitens der Ärzteschaft der Ruf nach europäischem Recht laut. Anderseits ist das Einmischen in die Gesundheitspolitik der Länder unerwünscht. Die Krankenhäuser wünschen sich flexiblere Arbeitszeitmodelle (,die mit aktuellem EU Recht nicht zu vereinbaren sind), würden sich aber einer Einmischung der EU auf nationaler Ebene bei zusätzlicher finanzieller Förderungen sicherlich nicht verwehren.
Für was für eine Gesundheitspolitik stehen die großen Parteien? In den Wahlprogrammen zur Europawahl 2014 nimmt die Gesundheitspolitik nur eine kleine Rolle ein, zu prominent sind Themen wie Umweltpolitik, Finanzen und internationale Politik.
Wir haben genauer hingeschaut und es zeigt sich, dass zum Thema Gesundheit unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden:
CDU:
Die CDU möchte beim Thema Gesundheitspolitik die nationalen Zuständigkeiten stärken und gleichzeitig mehr europäische Zusammenarbeit. Das nationale Gesundheitssystem soll eigenverantwortlich gestaltet werden. Auf europäischer Ebene soll sichergestellt werden, dass ein hohes Gesundheitsniveau sichergestellt ist. Besondere Bedeutung soll der EU nur dann zukommen, wenn grenzüberschreitende Fragen geklärt werden müssen, z.B. zur Patientenmobilität über Grenzen hinweg und rasches Handeln bei grenzüberschreitenden Gefahren (z.B. Seuchen)
SPD
Die SPD widmet dem Thema Gesundheit in ihrem Wahlprogramm kein eigenes Kapitel. Die EU müsse gewährleisten, dass „nationale, regionale und lokale Besonderheiten“ beim Thema Gesundheit gewährleistet sind.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen plädieren für eine bessere Gesundheitsvorsorge in jedem einzelnen EU-Mitgliedsland. Es müsse gewährleistet werden, dass besonders Menschen mit geringerem Einkommen der Zugang zur medizinischen Versorgung nicht verwehrt wird. Auch wenn grenzüberschreitende Versorgungswege gefördert werden sollen, darf es nicht dazu kommen, dass nationale Angebote zurückgefahren werden, weil es grenzüberschreitend entsprechende Angebote gibt. Gerade der Skandal um Brustimplantate habe gezeigt, dass der Schutz für Patienten beim Medizinprodukten auf europäischer Ebene massiv gestärkt werden muss.
Die Linke
Beim Thema Gesundheit fordert die Linke eine Besserung der Gesundheitsvorsorge für alle Menschen sowie eine Abschaffung der „2 Klassen Medizin“, also der Privaten Krankenversicherung. Außerdem sollen weitere Privatisierungen in der Gesundheitsbranche verhindert werden.
Wie üblich bleiben die Parteien bei Ihren Aussagen sehr vage. Da die Gesundheitspolitik noch immer größtenteils auf Länderebene geregelt wird, wird ihr derzeit bei der Europawahl auch keine besonders große Rolle beigemessen.
Alle Wahlprogramme kann man unter diesem Link nachlesen.