Zu den Erwartungen an eine Arztpraxis gehören nicht nur die fachliche Kompetenz des Mediziners. Patienten möchten sich in der Praxis auch willkommen und mit ihren Problemen verstanden fühlen. Die Gestaltung der Räumlichkeiten, reibungslos funktionierende Abläufe und eine offene, verständliche Kommunikation tragen dazu bei, ein Vertrauensverhältnis zum Patienten aufzubauen. Patienten, die ihrem Arzt vertrauen, sind als Werbeträger für die Praxis nicht zu unterschätzen. Der folgende Leitfaden zeigt, wie niedergelassene Mediziner die Erwartungen an eine Arztpraxis erfüllen können.
Gute Erreichbarkeit und patientenfreundliche Öffnungszeiten
Damit Patienten überhaupt zur Praxis finden, muss diese gut erreichbar und auch für Menschen mit körperlichen Behinderungen zugänglich sein. Parkplätze befinden sich idealerweise in direkter Nähe. Wichtig ist auch eine gute telefonische Erreichbarkeit. Außerhalb der Praxiszeiten sollte ein Anrufbeantworter laufen, mit einem Ansagetext, der auf Öffnungszeiten, Notdienste und Urlaubsvertretungen verweist. Ein weiterer Vorteil ist das Angebot arbeitnehmerfreundlicher Sprechzeiten am frühen Morgen oder am späten Nachmittag.
Angenehmes Ambiente, vertrauensbildende Atmosphäre und gute Lektüre
Der erste Eindruck zählt: Dieses Sprichwort gilt überall im Geschäftsleben, auch in einer Arztpraxis. Machen der Empfang und das Wartezimmer einen einladenden Eindruck und werden Patienten mit einem Lächeln begrüßt, fühlen sie sich direkt willkommen.
Eine Praxisgestaltung in dezenten, hellen Farben wirkt freundlicher als steril weiße Wände. Bequeme Sitzmöglichkeiten erleichtern den Patienten die Wartezeit. Aktuelle Zeitschriften aus verschiedenen Themenbereichen bieten spannende Lektüre. Eine Kinderecke mit Spielzeug und Bilderbüchern vertreibt kleinen Praxisbesuchern die Langeweile. Plakate und Info-Broschüren sollten sorgfältig ausgewählt werden, um die Patienten nicht mit Informationen zu überfluten.
Reibungslose Abläufe und offene Kommunikation
Zu den wichtigsten Erwartungen an eine Arztpraxis gehört eine gute Organisation der Abläufe. Das zeigt eine Online-Befragung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). 59 Prozent der insgesamt 950 Befragten nannten die Praxisorganisation als relevantes Kriterium. Für einen möglichst reibungslosen Arbeitsablauf sollte jedem Mitarbeiter ein konkreter Aufgabenbereich zugeordnet werden. Termine sollten so vergeben werden, dass die Wartezeiten eine halbe Stunde nicht überschreiten. Kommt einmal ein Notfall dazwischen, sollte dies den wartenden Patienten schnell und direkt kommuniziert werden. Damit Patienten sich in der Praxis wohlfühlen, ist auch eine freundliche und offene Kommunikation mit dem Praxispersonal von Bedeutung. Patienten schätzen es zum Beispiel, mit Namen angesprochen zu werden.
Hygiene: Saubere Räumlichkeiten tragen zur Patientenzufriedenheit bei
Einwandfreie Hygiene gehört ebenfalls zu den wichtigsten Erwartungen an eine Arztpraxis. Die DHBW-Studie zeigt, dass 59 Prozent der Befragten großen Wert auf dieses Kriterium legen. Ihnen ist es zum Beispiel wichtig, dass Arzt und Praxispersonal Sicherheitskleidung tragen, dass in der Praxis Desinfektionsspender vorhanden sind und die Räumlichkeiten regelmäßig gereinigt werden.
Digitale Angebote vor allem bei jungen Patienten beliebt
Digitale Angebote wie die Möglichkeit zur Online-Terminbuchung oder Online-Sprechstunden sind vor allem jungen Patienten unter 25 Jahren wichtig. Mit Blick auf die Zukunft sind Arztpraxen gut beraten, entsprechende Angebote einzurichten. Der DHBW-Studie zufolge halten zudem 65 Prozent der Befragten eine elektronische Patientenakte für unbedingt erforderlich.
Datenschutz und Patientensicherheit
Patienten möchten verständlicherweise nicht, dass andere Personen ihre persönliche Krankengeschichte mitbekommen. Empfangs- und Anmeldebereich sind daher so zu gestalten, dass andere Praxisbesucher bei der Begrüßung und Aufnahme nicht mithören oder mitlesen können. Unterlagen, Patientenakten und Rezepte sind stets so aufzubewahren, dass Unbefugte keinen Einblick erhalten. Rufen Patienten in der Praxis an und erbeten telefonische Auskünfte, sollten zur Authentifizierung der vollständige Name und die Versichertennummer abgefragt werden.
Auch innerhalb der Behandlungs- und Untersuchungsräume ist auf Datenschutz und Patientensicherheit zu achten. So sollte nur Praxispersonal anwesend sein, die unmittelbar an der Untersuchung und Behandlung beteiligt ist. Um die Privatsphäre zu wahren, sind Gespräche über Befunde und Diagnosen im Beisein anderer Patienten zu vermeiden.
Wahrung der Intimsphäre
Ärzte und Praxispersonal haben zwar täglich mit Erkrankungen wie Fußpilz, Ekzemen oder Blutungen zu tun, vielen Patienten sind ihre Symptome aber peinlich. Eine gute Arztpraxis achtet daher die Intimsphäre ihrer Patienten. Dazu gehört zum Beispiel ein abgetrennter und sichtgeschützter Bereich zum Entkleiden und Anziehen im Untersuchungszimmer. Patienten sollten sich nicht schon freimachen müssen, bevor der Arzt den Behandlungsraum überhaupt betreten hat. Wer minutenlang halb bekleidet auf den Arzt warten muss, fühlt sich meist unwohl. Nach der Untersuchung sollten sich die Patienten direkt wieder anziehen können.
Kompetenz und Fortbildung
Der DHBW-Studie zufolge erwarten 74 Prozent der Befragten von ihrer Arztpraxis freundliches, kompetentes und gut ausgebildetes Personal. Qualifikationen und Weiterbildungen lassen sich zum Beispiel mit dem Aushang entsprechender Zertifikate und Zeugnisse nachweisen. Vertrauensbildend wirkt es auch, wenn die Praxis an Programmen zum Qualitätsmanagement teilnimmt und dies über entsprechende Aushänge mitteilt. Wurde die Arztpraxis geprüft oder zertifiziert, sollte dies für die Patienten ebenfalls ersichtlich sein.
Ärzte sollten ihr Wissen zudem auf dem neuesten Stand halten. Können sie die Fragen ihrer Patienten kompetent und dem aktuellen Forschungsstand entsprechend beantworten, trägt das zum Aufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses bei.
Verständliche Aufklärung und umfassende Beratung
Patienten möchten sich von ihrem Arzt ernst genommen fühlen. Es lohnt sich daher, zu Beginn der Untersuchung einige Minuten in ein vertrauensbildendes Gespräch zu investieren. Patienten erwarten von ihren Ärzten weiterhin eine klare Diagnose und möchten verstehen, warum eine Behandlungsmethode und die verschriebenen Medikamente ausgewählt wurden. Ärzte sollten so weit wie möglich auf schwer verständliche medizinische Ausdrücke verzichten. Erklärungen in Alltagssprache, die der Patient nachvollziehen kann, erhöhen die Chance, dass er den Empfehlungen des Arztes Folge leistet.
Wichtig ist darüber hinaus eine umfassende Aufklärung und Beratung zu Wirkung, möglichen Nebenwirkungen und Risiken der gewählten Therapien und Medikamente. Viele Patienten trauen sich nicht nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstehen. Ein Arzt sollte den Patienten daher die Informationen an die Hand geben, die sie für eine erfolgreiche Therapie benötigen.
Patient in Entscheidungen einbeziehen
Viele Patienten vertrauen ihrem Mediziner heute nicht mehr blind. Dank Internet sind sie gut informiert und haben sich eventuell schon vor dem Besuch in der Praxis über ihre Symptome schlau gemacht. Vom Arzt möchten sie als mündiger Gesprächspartner wahrgenommen werden. Fühlen Patienten sich nicht ernst genommen, kann dies dazu führen, dass sie eine Therapie ablehnen und beim nächsten Mal einen anderen Arzt aufsuchen. Für Ärzte lohnt es sich daher, mit dem Patienten zusammenzuarbeiten und sein Wissen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Kooperation mit anderen Praxen und Fachärzten
Ein wichtiger Faktor für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses ist es, wenn ein Arzt seine Grenzen erkennt und den Patienten bei Bedarf an einen versierten Fachkollegen verweist. Auch für eventuelle Urlaubsvertretungen ist es von Vorteil, mit anderen Praxen und Fachärzten zu kooperieren. Im Falle einer Überweisung oder einer Einweisung ins Krankenhaus sind alle wichtigen Informationen und Dokumente weiterzuleiten. Untersuchungsbefunde von Kollegen sollten gemeinsam besprochen und dem Patienten erklärt werden.
Alternative Behandlungsansätze
Einer Allensbacher Trendanalyse zufolge bevorzugen 79 Prozent der Patientinnen und 69 Prozent der Patienten in bestimmten Fällen Naturheilverfahren gegenüber schulmedizinischen Methoden. Sofern sich der Arzt mit alternativen Behandlungsansätzen identifizieren kann, ist zum Beispiel eine Weiterbildung im Bereich der Naturheilkunde denkbar. Eine solche bietet etwa der Zentralverband für Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin (ZAEN) an.
Patientenfragebogen: Werden die Erwartungen an die Arztpraxis erfüllt?
Ob die Erwartungen an die Arztpraxis erfüllt werden, können Ärzte über eine Patientenbefragung erheben. Ein solcher Fragebogen liefert wertvolles Feedback zur Zufriedenheit der Praxisbesucher und zeigt, wo eventuell noch Verbesserungsbedarf besteht.
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