Ärzte müssen oft mit Ekel gegenüber Patienten umgehen. Wenn man als Mediziner etwas sieht, riecht oder fühlt und sich der Magen im Zuge dessen herumdreht, kann man allerdings nicht einfach dem Patienten aus dem Weg gehen. Doch darf man sich überhaupt vor Patienten ekeln? Und wie kann man in solch unangenehmen Situationen gleichmütig weiterarbeiten?
Vor Ekel muss man sich nicht schämen
Ekel empfinden ist menschlich und gänzlich normal. Aus der Evolutions-Perspektive ist Ekel eine Krankheits- und Kontaminations-Vermeidungsstrategie. Dementsprechend ist niemand dagegen immun. Dies sollte man sich, insbesondere als Arzt, immer wieder vor Augen halten.
Denn gerade Mediziner müssen sich mit ekligen Situationen Tag für Tag auseinandersetzen, die andere Menschen möglicherweise gar nicht verkraften würden. Forschung über Ekel und der Umgang damit ist bis jetzt relativ rar. Der Grund kann darin liegen, dass es sich leider noch immer um ein Tabu-Thema handelt, obwohl es jeder Mensch bereits empfunden hat.
Zudem wird darüber in Praxen oder Krankenhäusern selten offen kommuniziert, da die Scham zu groß ist. Doch letztendlich sollte man sich vor allem als Mediziner nicht davor schämen, sich bei übermäßigen Ekelgefühlen Hilfe zu holen.
Wovor ekeln Ärzte sich?
Was einen spezifisch abstößt, ist nicht zwingend von Person zu Person unterschiedlich. Ein Experiment ergab, dass Menschen sehr konstant Ekel empfinden und die Reaktion sich nur geringfügig unterscheiden. Dadurch bilden sie ein Persönlichkeitsmerkmal.
Bei frischgebackenen Medizinern sind überwiegend Gerüche für Ekelgefühle verantwortlich. Darauf folgen die anderen Sinne: das Sehen und Anfassen eitriger Wunden sowie das Hören von Erbrechen ist für jeden gleich unappetitlich. Nur das Schmecken ist für Ärzte nicht relevant.
Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass eine den Körper verlassene Substanz besonders eklig ist und wenn sie von einer fremden Person stammt. Welche spezifischen Auslöser Ekel hat, variiert je nach Arzt – doch Frauen haben sensiblere Reaktionen auf eklige Situationen als Männer.
Wie können Mediziner mit Ekel bei Patienten umgehen?
Die Gewöhnung an Ekelgefühle muss nicht zwingend mit der Berufserfahrung einhergehen. Außerdem ist die Verdrängung des Gefühls keine Lösung und kann es sogar auf Dauer noch schlimmer machen. Im Folgenden sind deswegen Tipps aufgeführt, wie man als Arzt Ekel leichter ertragen kann.
Präventiv: Gute körperliche und seelische Verfassung
Ist man mit sich selbst im Reinen und fühlt sich gut, kann man auch besser mit ekligen Momenten umgehen und diese verarbeiten. Genügend zu schlafen und Zeit für Pausen sind aus diesem Grund bedeutend.
Nach der Arbeit sollten Ärzte des Weiteren darauf achten, ihre Gedanken nicht mehr zu unangenehmen Tätigkeiten schweifen zu lassen. Sport oder Bewegung an der frischen Luft können helfen, abzuschalten.
Auf die Situation vorbereiten
Ist man sich bewusst, dass es bei einer bestimmten Untersuchung eklig werden kann, kann man sich versuchen gedanklich darauf vorzubereiten. Vor einer Behandlung eine kurze Pause zu machen und tief Luft zu holen, kann dabei schon helfen.
Dies gilt auch, wenn man unvorbereitet einen Patienten behandeln muss, welcher beispielsweise mangelnde Körperhygiene aufweist. Mit einer kurzen Ausrede kann man ebenfalls für ein paar Minuten in ein Nebenzimmer, um sich vorzubereiten. Eine Aussage wie “Ich muss zuvor nach einem anderen Patienten gucken” reicht hierbei vollkommen aus.
Abstand halten oder Verdecken
Die Nähe zu etwas Ekelerregendem kann die Situation verschärfen. Abstand von etwas zu halten, kann in diesem Zusammenhang bereits Wunder bewirken. Überdies stellt das Verdecken von etwas Ekligem mit Pflegeschaum oder Tüchern Distanz her.
Verdeckt man etwas jedoch kontinuierlich, kann es vorkommen, dass man sich nicht daran gewöhnt. Daraus kann resultieren, dass man ähnliche Momente zukünftig stets als ekelhaft erlebt.
Handschuhe tragen
Trägt man als Arzt Handschuhe bei einer Untersuchung oder Behandlung, signalisiert das den Patienten ebenso, dass sich der Kontakt auf das Medizinische beschränkt. Das führt also gleichermaßen zu einer Reduktion des Schamgefühls bei den Patienten.
Parallel muss man sich nicht mit ekligen Substanzen konfrontieren oder Hemmungen haben, etwas anzufassen oder zu tun. Das Tragen eines Arztkittels kann ferner denselben Effekt haben.
Mit Humor reagieren
Wie bereits erwähnt, können manche Augenblicke des Ekels nicht nur für einen Mediziner unangenehm sein, sondern auch für Patienten beschämend sein. Krampfhaftes Unterdrücken der Ekelgefühle oder Hektik auszustrahlen ist demzufolge eher hinderlich.
Reagiert man hingegen gelassen oder macht sogar einen Witz, kann es beide Seiten erleichtern. Hierbei sollte man jedoch aufpassen, den Patienten nicht zu beleidigen oder seine Würde anzugreifen. Häufig sind allerdings auch die Patienten das Problem und nicht der Arzt – mehr dazu in dem Artikel “Schwierige” Patienten – Tipps zum Umgang für Ärzte.