Das Einkommen niedergelassener Ärzte/-innen liegt nur knapp über den Einkünften ihrer angestellten Kollegen/-innen. Das zeigt eine Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Der Report beleuchtet die Einnahmen der niedergelassenen Ärzteschaft für das Jahr 2020 und beziffert deren durchschnittliches Nettoeinkommen auf rund 86.000 Euro im Jahr.
Arztpraxen: Reinerlös von etwa 172.000 Euro
Fast 102.000 Arztpraxen gibt es in Deutschland. Rund 180.600 Ärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen beteiligen sich an der vertragsärztlichen Versorgung und bearbeiten etwa 553 Millionen Behandlungsfälle im Jahr. Im Allgemeinen gelten niedergelassene Ärzte/-innen als gutverdienend. Das große wirtschaftliche Risiko, das sie mit dem Betrieb ihrer Praxis tragen, wird in der öffentlichen Diskussion kaum berücksichtigt.
Betrachtet man rein die Gesamteinnahmen aus der Praxistätigkeit, scheint sich das Bild von gut situierten Medizinern/-innen zunächst zu bestätigen. Laut Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) erwirtschafteten die an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Arztpraxen im Jahr 2022 Einnahmen von durchschnittlich 335.000 Euro.
Um den Erlös zu ermitteln, sind von dieser Summe die Praxiskosten abzuziehen. Im Durchschnitt betragen diese 162.000 Euro jährlich, wovon rund 90.000 Euro auf Personalgehälter entfallen. Damit bleibt pro Praxis ein Überschuss von 172.000 Euro bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 45 Wochenstunden.
Abgaben in Höhe von 87.000 Euro
Bei diesen 172.000 Euro handelt es sich aber noch keinesfalls um den Gewinn, der in der Tasche der Praxisinhaber/innen fließt. Der Reinerlös ist vielmehr als Bruttoeinkommen der niedergelassenen Ärzte/-innen zu sehen. Abzuziehen sind davon noch die Einkommenssteuer, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung für die Niedergelassenen selbst wie für ihre Angehörigen und Beiträge zu Versorgungseinrichtungen. Weiterhin müssen niedergelassene Ärzte/-innen aus ihren Einkünften das wirtschaftliche Risiko absichern, das mit dem Praxisbetrieb einhergeht. Lohnerhöhungen für das Personal sowie notwendige Investitionen in medizinische Gerätschaften und die Instandhaltung der Praxis schmälern den Gewinn eventuell. Zudem haben Arztpraxen auch die aktuell stark steigenden Betriebs- und Energiekosten zu tragen.
Im Schnitt bleiben Praxisinhaber/innen rund 23,5 bis 24,5 Prozent ihres Umsatzes als Nettoeinkommen erhalten. im Jahr 2022 betrug die Höhe der Abgaben laut Zi durchschnittlich 87.000 Euro.
Niedergelassene Ärzte/-innen: Durchschnittliches Einkommen von 86.000 Euro Netto
Nach allen Abzügen können Praxisinhabern/-innen im Schnitt über ein Netto-Jahreseinkommen von 86.000 Euro verfügen. Daraus ergibt sich ein Stundenlohn von knapp 40 Euro.
Ein Großteil der Praxiseinnahmen entfällt auf Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Pro Praxis liegt der Anteil der Einnahmen aus der GKV bei durchschnittlich 78 Prozent. Die Einnahmen aus der Versorgung privat versicherter Patienten/-innen machen mit 22 Prozent zwar einen weit geringeren Anteil aus, sind für den Praxisbetrieb allerdings wichtig. Die Bedeutung der privaten Einkünfte zeigt sich, wenn man sie aus den Praxiseinkünften herausrechnet: Wäre eine Praxis allein auf die Einnahmen aus der GKV angewiesen, würde sich der durchschnittliche Jahresüberschuss auf 137.000 Euro reduzieren. Das verfügbare Jahreseinkommen würde damit auf 61.000 Euro sinken. Das entspräche einem Netto-Stundenlohn von lediglich 24 Euro.
Einschnitte durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz
Müssten Arztpraxen auf die Einnahmen aus der Versorgung privat versicherter Patienten/-innen verzichten, sei es laut Zi finanziell attraktiver, eine vergleichbar qualifizierte Tätigkeit in einem Krankenhaus anzunehmen. Im Vergleich mit dem Einkommen erfahrener Oberärzte/-ärztinnen erwirtschaften niedergelassene Mediziner/innen nur einen geringen Überschuss von wenigen hundert Euro im Jahr. Dem steht die Mehrarbeit durch die organisatorische, rechtliche und wirtschaftliche Verantwortung für den Praxisbetrieb gegenüber.
Niedergelassene Ärzte/-innen müssen bedingt durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zudem weitere Einschnitte in Kauf nehmen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes entfällt die finanzielle Förderung für die Behandlung von Neupatienten in den Praxen. Stattdessen sollen weitere Behandlungen gefördert werden, die durch eine schnelle Vermittlung durch Hausärzte/-innen oder durch den Terminstellenservice der Kassenärztlichen Vereinigung zustande kommen. Durch diese Änderungen sollen die gesetzlichen Kassen rund 400 Millionen Euro einsparen. Das Zi sieht das Gesetz jedoch kritisch. Für ein leistungsfähiges Gesundheitssystem sei es vielmehr notwendig, die selbstständige Tätigkeit in den Praxen zu fördern.