Als Arztzeit bezeichnet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Zeit, die ...

… So titelte vor einiger Zeit die Süddeutsche Zeitung einen Artikel zur Qualität der medizinischen Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades.
Doch ist die Kritik gerechtfertigt? Ist die wissenschaftliche Qualität der Arbeit, die den Arzt zum Dr.med. macht eher peinlich?
Diese Frage, lässt sich wohl pauschal nicht beantworten. Denn leider ist die Qualität der verschiedenen medizinischen Doktorarbeiten in Deutschland sehr inhomogen: Während einige Medizinstudenten quasi direkt nach dem Physikum jede freie Minute inklusive diverser Wochenenden und Nächte in einem medizinischen Labor damit verbringen, Zellkulturen anzuzüchten und dabei erst einmal völlig neue, bisher nicht benutzte Untersuchungsmethoden zu etablieren, liegt der Umfang der wissenschaftlichen Arbeit anderer Nachwuchsärzte darin, wenige Parameter einer Population mit viel zu geringem Stichprobenumfang aus einem Archiv zu kramen und vom Statistiker vor Ort mit fraglicher Validität auswerten zu lassen.
Zwischen diesen beiden extremen liegen Welten und der zeitliche und wissenschaftliche Aufwand variiert gewaltig. Diese Ungerechtigkeit wird noch dadurch verschärft, dass diejenigen, die sich die Nächte im Labor um die Ohren schlagen oft erst nach monatelanger Arbeit zu der Erkenntnis kommen, dass die neu eingesetzte Untersuchungsmethode leider ihren Zweck nicht erfüllt und dass sie von vorn anfangen müssen. Ihr Kommilitone mit der statistischen Arbeit hat in der Zwischenzeit schon die halbe Diss fertig geschrieben. Und unterm Strich, wenn es gut läuft, bekommen beide am Ende das gleiche für ihre Arbeit: den Titel Dr.med.!
Es mag also sein, dass es ihn gibt, den Dr.med. Dünnbrettbohrer, aber sicher genauso häufig gibt es den durch jahrelange unbezahlte anspruchsvolle Forschungsarbeit wohl verdienten Dr.med.!
Seit vielen Jahren beschweren sich Medizinstudenten über die Unausgewogenheit bei den an sie gestellten Ansprüchen im Zusammenhang mit ihrer Dissertation. Oft wurden Änderungsvorschläge diskutiert, bisher nichts der Gleichen umgesetzt. Zum Beispiel wurde oft das österreichische Modell als sinnvolle Alternative diskutiert. Hier beendet jeder Medizinstudent sein Studium mit einer im Umfang homogenen, kleinen wissenschaftlichen Arbeit in der Art einer Diplomarbeit und darf sich dann nach erfolgreichem Abschluss des Studiums Herr oder Frau Doktor der Medizin nennen. Wer darüber hinaus noch seine Fähigkeiten und sein Interesse auf dem Gebiet der medizinischen Forschung unter Beweis stellen möchte, kann dies in einer der unzähligen Forschungsgruppen tun und dafür den international anerkannten PhD (Philosophical Doctor) erhalten. Ein für viele gerechteres System, das auch die Leistung, die für den Dr.med. zu erbringen wäre klar definiert und vereinheitlicht und so auch Kritik und Lästereien bzgl. der Qualität der dem Titel zugrunde liegenden wissenschaftlichen Arbeit vorbeugen würde.
Was denkt Ihr über die medizinische Doktorarbeit in Deutschland? Wieviel Arbeiten habt Ihr schon erfolglos abgebrochen? Braucht man den Titel Dr.med. überhaupt? Erachtet Ihr das derzeitige System als ungerecht oder findet Ihr die Kritik überflüssig? Wir freuen uns auf Eure Kommentare!
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